Wielandshöhe

„Das war nur der Anfang“

Nach drei Tagen Besetzung haben die Aktivisten das Haus auf dem Österberg verlassen – allerdings unter Vorbehalt.

31.10.2016

Von Philipp Koebnik

Mehrere Dutzend Aktivisten hatten am Donnerstagabend die „Wielandshöhe“ besetzt. Gestern Abend haben sie das Haus verlassen. „Die vorstehende Oberin Heidrun Kopp und Bruder Michael Köhler haben den Besetzern und Vertretern der Stadtverwaltung gegenüber ihr persönliches Interesse ausgedrückt, das Haus einem sozialverträglichen Zweck zuzuführen“, schreiben die Besetzer in einer gestern verbreiteten Pressemitteilung. Eine am Samstag erzielte vorläufige Einigung sieht vor, dass „das Haus nun nicht zum Höchstpreis am Markt verkauft wird, sondern soziale Initiativen berücksichtigt werden“, wie es darin weiter heißt. „Deshalb bewerten wir die Besetzung als großen Erfolg.“ Auch Baubürgermeister Cord Soehlke sprach von einem „guten Ergebnis“.

Die Eigentümerin des Hauses, die Diakonie-Schwesternschaft Herrenberg-Korntal, hatte im Juni Verhandlungen mit der Stadt und verschiedenen Initiativen abgebrochen. Sie sah sich seinerzeit personell nicht in der Lage, mit mehreren Parteien zu verhandeln. Auch die Kosten einer Sanierung, die einer Vermietung hätte vorausgehen müssen, überstiegen die finanziellen Möglichkeiten der Einrichtung, sagte Oberin Heidrun Kopp auf TAGBLATT-Anfrage.

Das ganze Wochenende über ging es belebt zu in dem seit April leer stehenden Haus in der Stauffenbergstraße 10. Am Samstag verteilten die Besetzer Flugblätter in der Nachbarschaft, die über die Aktion informierten: „In Tübingen stehen trotz Wohnungsnot und teuren Mieten über 150 Häuser leer. Die Wielandshöhe jetzt nicht mehr!“

Interessierte Besucherinnen und Besucher ließen sich von den Aktivisten durchs Haus führen. Es gab offene Plena, außerdem einen „Immobiliendialog für alle“, auf dem Vertreter von Tübinger Wohnprojekt-Initiativen („Phase 3“, „Haus Kaleidoskop“, „Münze 13“) und des Tübinger Arbeitslosentreffs über die Probleme auf dem hiesigen Wohnungsmarkt und die Vorzüge selbstverwalteter Strukturen diskutierten. Am Samstagabend gaben mehrere Gruppen Konzerte im großen Saal.

Die Aktivisten machten gegenüber dem TAGBLATT deutlich, dass es ihnen um mehr gehe als um ein einzelnes Haus. Sie wollten mit der Aktion auf die aus ihrer Sicht skandalös hohe Leerstandsquote in Tübingen – die zweithöchste im Land – und den Mangel an bezahlbarem Wohnraum hinweisen. Eine gemeinsame Erklärung der Aktivisten und der Schwesternschaft steht noch aus. Wohl auch deshalb heißt es am Ende der Pressemitteilung: „Das war nur der Anfang – nicht das Ende.“