Horb und seine Blessuren

„Denk ich an Horb in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht…“ Es ist natürlich vermessen, den gut

26.11.2015

„Denk ich an Horb in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht…“ Es ist natürlich vermessen, den guten Heinrich Heine für Horbs Blessuren zu benutzen. Der jüdische Schriftsteller schrieb diese Zeilen 1844 in Paris. Er musste Deutschland verlassen, seine Verse waren hier verboten. Außerdem litt er an Liebeskummer und an Syphilis. Ich wage dennoch den Vergleich: Denn denke ich an Horb, dann blutet mir hin und wieder einfach das Herz.

Nehmen wir das Einkaufszentrum. Von den hochfliegenden Plänen für eine Shopping-Mall ist nicht viel übrig geblieben. Inzwischen sind die Befürworter einfach nur froh, dass überhaupt etwas kommt. Nehmen wir die Hochbrücke. Seit wann wird darüber bereits diskutiert? Sie wissen es nicht? Tja, vielleicht waren Sie noch gar nicht geboren. Denn erste Pläne wurden bereits in den 70er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschmiedet. Wann die Brücke gebaut wird, das vermag keiner zu sagen. Viele Ältere munkeln, dass sie das gar nicht mehr erleben werden.

Oder nehmen wir die jüngste Gemeinderatssitzung am Dienstagabend. Es ging um den Posten des City-Managers Bernd Mathieu. Der Job wurde vor mehr als eineinhalb Jahren neu geschaffen, um Horb als Einkaufsstadt attraktiver zu machen. Horb war damit sogar seiner ewigen Konkurrentin Freudenstadt einen Schritt voraus. Denn im Westkreis wurde erst kürzlich so ein Posten kreiert. Aber nun herrschte mal wieder Unzufriedenheit in Horb. Kaum sollte die Stelle entfristet und um 13 000 Euro teurer werden, entbrannte eine Grundsatzdebatte. Was hätte der arme Bernd Mathieu in diesen eineinhalb Jahren nicht alles schon leisten sollen. Ach, noch immer so viele Leerstände in Horb. Mathieu lässt sich zu wenig in der Stadt blicken. Auch so mancher Händler ließ kritische Worte durchsickern: Er könnte mehr machen, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Doch was dieses mehr genau sein sollte, sagte niemand.

Brav saß Bernd Mathieu während der eineinhalbstündigen Diskussion im Gemeinderat auf seinem Stuhl. Er machte keinen Mucks. Das Vater-Glück stand ihm aber ins Gesicht geschrieben. Am liebsten hätte man dem Gremium entgegengerufen: „Hallo, hier sitzt nicht Supermann! Aus Einkaufswüsten kann man nicht binnen Jahresfrist blühende Landschaften machen.“ Doch scheinbar blieb der Ruf nicht ungehört: Immer mehr Lob bekam Mathieu aus den Reihen des Gremiums. Die Verlängerung seines Vertrags war am Ende einstimmig – wenn Enthaltungen zu einstimmigen Ergebnissen zählen.

Nun darf der City-Manager richtig zeigen, was in ihm steckt. „Horb braucht Sie“, sagte Stadträtin Silke Wüstholz zu Bernd Mathieu. Um ihn auch gleich vorzuwarnen: „Jetzt müssen Sie aber mehr Gas geben. Die Schonfrist ist vorbei.“ Dagmar stepper

Siehe auch den Bericht „Er darf bleiben“ auf dieser Seite.