Mit der Drohne über die Alb

Der Belsener Benedikt Schweizer dreht Image-Filme für die Schwäbische Alb

Benedikt Schweizer ist stets auf der Suche nach besonderen Motiven: Mit Film- und Fotoapparat möchte der 20-jährige Belsener das einfangen, was nicht jedem sofort ins Auge sticht. In den Filmen, die er jetzt über die Schwäbische Alb im Wechsel der Jahreszeiten gedreht hat, ist dem Studenten genau das gelungen.

31.03.2016

Von Amancay Kappeller

Mit der Drohne über dem Roßberg. Bild: Schweizer

Mit der Drohne über dem Roßberg. Bild: Schweizer

Belsen. Frühling, Herbst und Winter am Fuße der Schwäbischen Alb – diese drei Videos hat Benedikt Schweizer bereits im Kasten. Gedreht wurden sie unter anderem mit einer Drohne. Was noch fehlt, das ist der Sommer. „Der letzte war zu verregnet“, sagt der 20-Jährige, der 2013 am Evangelischen Firstwald-Gymnasium in Mössingen Abitur gemacht hat. Erst wenn der Wettergott mitspielt, gesellt sich der letzte ausstehende Kurzfilm in den nächsten Monaten zum Jahreszeiten-Zyklus dazu. Beim Projekt „Abenteuer Schwäbische Alb“ hat Schweizer mit der Stadt Mössingen und dem Tourimus-Beauftragten Uwe Walz kooperiert. In Kontakt stand der 20-Jährige auch mit dem Tourismusverband Schwäbische Alb in Bad Urach.

Auf die Idee für das Projekt kam Schweizer durch einen Freund – und die Filme „Abenteuer Schwarzwald“. „Die ziehen das groß auf“, erzählt Schweizer, der in Tübingen Politik, Wirtschaft, Theologie und Englisch auf Lehramt studiert. „Hier auf der Alb steckt auch viel Potential drin“, ist der 20-Jährige überzeugt. Mit seinen Filmen, die hauptsächlich über Facebook verbreitet werden, möchte Schweizer vor allem jüngere Leute erreichen, die eben verstärkt in den sozialen Netzwerken unterwegs sind.

Der Herbst-Film war bisher mit über 28 000 Klicks am erfolgreichsten; zusätzlich wurde er mehr als 120 Mal geteilt – auch von der offiziellen „Baden-Württemberg“-Tourismusseite. Die Stadt Mössingen zeigt „Abenteuer Alb“ Gästen bei Stadtbesuchen, und auch auf dem Stand der CMT in Stuttgart war der Film zu sehen.

Kein Wunder, dass so viele Leute Interesse gezeigt haben an dem Herbst-Video: Der Kurzfilm besticht durch stimmungsvolle, dichte Bilder und ungewöhnliche Perspektiven. Feucht schillerndes Gras, bunt gefärbte Baumkronen im Nebel, vom Baum herabsegelnde Blätter, fallende Äpfel, ein Spinnennetz mit Tautropfen, das aussieht wie eine filigrane Perlenkette, von einer Hochspannungsleitung „tropfende“ Vögel: Nahaufnahmen wechseln mit Panoramaeinstellungen, rasant gedrehte Szenen mit solchen in Zeitlupe. Und immer wieder auch Lokalkolorit in Form von Bildern, die eindeutig im Steinlachtal zu verorten sind: Die Belsener Kapelle vor herbstlich verfärbter Kulisse, Schafe vor dem Bergrutsch, die Oberdorfschule mit blühenden Streuobstbäumen, der Roßbergturm im Nebel.

„Flugaufnahmen waren schon immer mein Traum“, erklärt der Belsener. Seit ein paar Jahren sind Drohnen auch für Amateure einfacher zu bedienen. „Jetzt oder nie“, sagte sich Schweizer damals also. In Hollywood fliege man aber natürlich mit anderen Kalibern als im Steinlachtal, erklärt der 20-Jährige lachend. Beim Regierungspräsidium hat Schweizer sich eine Aufstiegsgenehmigung für Drohnen geholt. Die braucht man fürs gewerbliche Fliegen. Außerdem hat er eine Modellflugversicherung abgeschlossen. „Die herausfordernden Drehorte sind meistens die besten“, findet Benedikt Schweizer. Mehrmals sei er zum Roßberg gefahren, weil er ein ganz bestimmtes Bild im Kopf gehabt habe – dann aber kamen ihm Nebel oder Wolken in die Quere.

„Ich glaube der Albtrauf bietet viele wunderschöne Ecken, die zur richtigen Zeit und mit dem richtigen Wetter so richtig magisch werden können“, sagt der 20-Jährige. Daher habe er oft mit verschiedenen Wetterapps, Sonnenstandsrechnern und Sonnenaufgangstabellen gearbeitet. Von Anfang an sei das Ziel gewesen, sowohl bekannte als auch unbekannte Orte auftauchen zu lassen: „Damit man vielleicht Lust bekommt, eine Location aufzusuchen, die man dann über eine Karte im Netz finden kann.“

Pro dreiminütigem Film kamen zwischen 100 und 130 Minuten Drehmaterial zusammen. Ein Drehbuch habe er nie geschrieben, berichtet Schweizer – lediglich eine Liste mit Orten erstellt, die in der jeweiligen Jahreszeit interessant sein könnten. Während des Filmens suchte er dann nach „logischen Verknüpfungen“, um eine Art „Story“ entstehen zu lassen. Die Musik in den Videos kommt von einem Musikportal und wurde eigens für dieses Projekt lizensiert. Im Herbst-Film sollte beispielsweise ganz bewusst ein Musikstück zum Einsatz kommen, das zu den anfänglichen Nebelbildern „eher atmosphärische Musik bietet und dann etwas cineastisch ansteigt“.

„Ein Traum wäre, den Komplettfilm mit allen Jahreszeiten im Sommer auch auf die große Leinwand zu bringen“, schwärmt Schweizer. „Vielleicht ergibt sich da ja eine Möglichkeit, das im Vorprogramm des Mössinger Kinos zu zeigen.“

Im Steinlachtal fühlt sich Benedikt Schweizer, der in Belsen aufgewachsen ist, nach wie vor „ganz zu Hause“, auch wenn er während des Semesters mittlerweile in Tübingen wohnt. Mutter Elisabeth engagiert sich im Belsener Kirchengemeinderat, Vater Reinhard betreibt in Mössingen eine Allgemeinarztpraxis. Ehrenamtlich aktiv ist Schweizer in der Jugend-, Konfirmanden- und Band-Arbeit der Belsener Kirchengemeinde. Er sitzt im Kreisvorstand der Jungen Union und engagiert sich zudem bei „TedxTübingen“ – einer Konferenz, die innovativen Ideen eine Plattform geben will. Ach ja: Für‘s TAGBLATT und seine junge Redaktion FLUGPLATZ fotografiert er ebenfalls von Zeit zu Zeit.

Fürs Fotografieren und Filmen interessierte sich der 20-Jährige von klein auf – inspiriert vom Opa. „Besonders der zeitgeschichtliche Aspekt der Fotografie und des Filmens hat mich dabei immer fasziniert“, sagt Schweizer. Vom Konfirmationsgeld kaufte sich der Belsener seiner Zeit eine Kamera, „die ich anschließend immer und überall hin mitgenommen habe“.

Er sei ständig auf der Suche nach neuen Ideen und Konzepten, erläutert Schweizer: „,Abenteuer Alb‘ mit seinem jahreszeitlichen Bezug wird aber vorerst einmalig bleiben.“ Gerne würde der 20-Jährige auch mal eine Dokumenation über Ballonfahrer am Albrand drehen, „natürlich auch mit besonderen Landschaftsaufnahmen“. Abseits der Landschaft stehe zudem auch noch das Pausa-Projekt im Raum. Die Umgebung biete unglaublich viel Potential. Erst vor kurzem habe er sich mit seinem Cousin getroffen, der als Lichtdesigner arbeitet: „Wir haben festgestellt, wie gut sich der Bergrutsch nicht nur als geologische Attraktion, sondern auch als Projektionsfläche für Mapping-Installationen eignen könnte.“ Ausgehen werden dem Belsener die kreativen Ideen also höchstwahrscheinlich nicht.

Info Die Filme kann man sich auf Schweizers Homepage ansehen: www.benediktschweizer.de

Frühling am Albtrauf: Schafe vor Bergrutsch-Kulisse bei Mössingen.Bild: Schweizer

Frühling am Albtrauf: Schafe vor Bergrutsch-Kulisse bei Mössingen.Bild: Schweizer

Benedikt Schweizer in den Belsener Streuobstwiesen Privatbild

Benedikt Schweizer in den Belsener Streuobstwiesen Privatbild

Hautnah dran an den Stars

Besonders angetan haben es dem 20-Jährigen neben dem Filmen die Sport- und Konzertfotografie. 2013 kam Schweizer unter die Top 20 beim Peter-Christian-Schlüschen-Preis für Sportfotografie. In der 11. Klasse nahm Firstwald-Lehrer Dieter König, der damals Manager des Handball-Bundesligisten TV Neuhausen war, Schweizer mit an den Spielfeldrand. „Ich war von den Emotionen, von der Schnelligkeit und von dieser Spannung sofort fasziniert“, erinnert sich Schweizer. 2014 wurde der Belsener dann von der Sportfoto-Agentur „Sport-Moments“ aus Essen übernommen, für die er alle großen Sportevents in Baden-Württemberg abdeckt – vom Skispringen über die Tennis-Weltelite bis hin zur Fußball-Bundesliga. Ob Jogi Löw, Rafael Nadal oder Severin Freund: Benedikt Schweizer hat schon viele „Promis“ getroffen und abgelichtet. Beim VfB Stuttgart fotografiert der 20-Jährige die Bundesligaspiele. Seine Fotos werden deutschlandweit verbreitet. Im vergangenen Oktober wurde eines von Schweizers Skisprungbildern mit dem Förderpreis der PCS-Stiftung ausgezeichnet.

„An der Konzertfotografie reizt mich besonders das Spiel mit Licht und Farbe“, erklärt der 20-Jährige, der selber leidenschaftlich gern Musik macht. Tim Bendzko hat er schon abgelichtet, ebenso wie die Fantastischen Vier, Kraftklub oder Joris.