Ein Knistern, das man sofort spürt

Der DJ Oliver Koletzki kommt im Mai nach Tübingen

Oliver Koletzki hat nie daran geglaubt, mit seiner Musik Geld verdienen zu können. Heute führt der 41-jährige gebürtige Braunschweiger mit „Stil vor Talent“ ein erfolgreiches Berliner Elektrolabel und bereist als House-DJ die ganze Welt. Am 25. Mai kommt zum ersten Mal in seiner Karriere nach Tübingen in den Club 27. Wir fragten ihn vorab über das Leben als DJ und die Entwicklung seiner Musik.

14.04.2016

Von Lorenzo Zimmer

DJ Oliver Koletzki am 25. Mai bei „Berlin meets Tübingen“ im Club 27. Bild: Andrej Dallmann / Agenturbild

DJ Oliver Koletzki am 25. Mai bei „Berlin meets Tübingen“ im Club 27. Bild: Andrej Dallmann / Agenturbild

TAGBLATT: Oliver, dein Label heißt „Stil vor Talent“. Ist das für dich eine Lebenseinstellung – dein persönliches Motto?

Oliver Koletzki: Ja, das ist schon ein bisschen so, sonst würde meine Firma ja nicht so heißen. Damit will ich aber Talent an sich gar nicht diskreditieren. Es wurde mir nur in musikalischer Hinsicht immer abgesprochen und dann hab ich mir eben den Stil auf die Fahne geschrieben (lacht).

Eine kurze Zeit hast du ja sogar Musik studiert – wie kam es dazu?

Als ich jung war, wollte ich Überlebenskünstler sein. Ich habe abends in Bars aufgelegt und mich den ganzen Tag mit Musik beschäftigt. Ich hatte ein mieses Abi – da blieb mir außer einem Musikstudium nicht viel übrig, was mich interessiert hätte. Und dann saß ich da – mit lauter Wunderkindern, die ihr absolutes Gehör trainierten, und habe mich zu Tode gelangweilt.

Heute hast du Aufritte auf der ganzen Welt. Was unterscheidet den in einer kleineren Stadt wie Tübingen von einem Booking im Berliner Club Watergate?

Das Publikum in einer kleineren Stadt ist viel dankbarer. Berlin ist, was elektronische Musik angeht, sehr übersättigt. Jedes Wochenende reisen Riesen-DJs aus New York und der ganzen Welt an. In kleineren Städten freuen sich die Leute total, dass du da bist, und sind ganz aufgeregt. Das ergibt so ein Knistern, das du sofort spürst, wenn du auf die Bühne kommst. Und genau dieses Knistern ist eine gute Grundlage für eine ganz besondere Partystimmung.

Diese ganz besondere Stimmung merkt man dir und deinem Publikum bei deinem Auftritt mit dem Sinfonieorchester des Hessischen Rundfunks an. Warum war das für dich ein Lebenstraum?

Einer, den ich nie zu träumen gewagt habe. Weil ich eingefleischter Musiker bin und Musik schon immer zu mir gehört. Ich habe lange Klavier gespielt, in den Bands war ich dann immer der Keyboarder. Die Leute in so einem Orchester beherrschen ihre Instrumente perfekt, das sind Profis.

Wie kam es zu der Zusammenarbeit und wie war sie für dich?

Ich habe sie nicht gefragt (lacht). Allein die Anfrage des Dirigenten hat mich unheimlich gefreut und geehrt. Wir wollten ganz bewusst die Schnittstellen von Klassik und Elektro erkunden und freilegen. Wir hatten ein halbes Jahr Vorlauf, haben zu meinen ganzen Tracks Orchesternoten geschrieben. Das war eine Heidenarbeit, die sich absolut gelohnt hat.

Wie sieht dein Alltag als DJ aus? Und wie dein Privatleben?

Ich stehe morgens auf und fahre mit dem Fahrrad durch Berlin in mein Tonstudio. Da mache ich dann Musik bis in den Abend hinein. Nebenbei halte ich per Skype Kontakt zu meiner Firma oder schaue im Labelbüro vorbei. Wir bilden auch aus, da ist es wichtig, dass alles ordentlich läuft. Und abends koche ich dann was Leckeres mit meiner Freundin und entspanne auf dem Sofa...

... und ihr werft den Plattenspieler an und hört laut Musik?

Ohgott, nein, bitte nicht. Wir hören viel Radio zu Hause. Ich habe dort nicht mal Plattenteller. Abends höre ich privat auf gar keinen Fall Techno. Vielleicht mal vor dem Gig zum Warmwerden. Aber ich bin ja schon die ganze Woche über im Tonstudio damit befasst.

Was für Musik feiert ihr denn privat?

Wir sind heimliche Fans der 80er. Aber wir hören ja nicht nur zusammen Musik. Wir schauen auch gerne mal eine Serie auf Netflix.

Und die Wochenenden?

Am Donnerstag fliege ich weg und komme am Sonntag, manchmal sogar erst am Montag zurück. Und dazwischen eben Auftritte in drei bis vier Städten oder Ländern.

Klingt anstrengend. Freundin, Label, die eigene Musik, die Auftritte – wie geht das alles?

Mit einem guten Zeitmanagment. Irgendwie kriege ich das ganz gut hin. Ich mache seit ich 13 bin jeden Tag Musik – als ich eine Lehre zum Bankkaufmann gemacht habe, ging das eben erst ab 18 Uhr. Der Unterschied heute ist, dass die Leute mir Geld dafür geben. Living the dream!

Du bist Bankkaufmann?

Ja. Da war mein Vater sehr stolz auf mich. Zum ersten Mal.

Gibt es einen Künstler, mit dem du gerne mal arbeiten würdest?

Ein paar Wünsche habe ich mir ja schon erfüllt wie Axel Bosse oder Leslie Clio. Aber als Songschreiber interessieren mich grundsätzlich natürlich gute Vokalisten. Da wären die Sänger von Radiohead und Depeche Mode oder Björk natürlich schon ein Traum für mich.

Kannst du deinen Musikstil beschreiben?

Ich habe musikalisch schon den ein oder anderen Haken geschlagen. Früher habe ich in Rockbands gespielt, dann eine Weile Hiphop gemacht. Als ich mit der elektronischen Musik angefangen habe, war ich sehr technoid unterwegs. Dann kam eine eher poppige Phase mit sehr melodiösen Arrangements...

... und heute?

Heute bin ich der ganzen Melodien und Vocals wieder ein bisschen überdrüssig. Ich bin zum energetischen Techno zurückgekehrt.

Und darauf können sich deine Fans auch in Tübingen freuen?

Ja, genau. Ich verfolge die Partyseite schon auf Facebook. Die Veranstalter sind sehr aktiv und posten viel. Die Gäste können sich auf einen hochmotivierten und gut ausgeschlafenen Oliver freuen, der ihnen mit Spaß und Elan die Tracks um die Ohren haut.

Zur Person Oliver Koletzki und zu seiner Musik

Oliver Koletzki ist 1974 in Braunschweig geboren. Seine ersten musikalischen Auftritte hatte er im Alter von 18 Jahren in der Hiphop-Szene seiner Heimatstadt. Nach seinem Abitur machte er eine Banklehre und zog anschließend nach Berlin. Dort begann er, Musik zu studieren und wandte sich zunehmend der elektronischen Musik zu. Seinen Durchbruch feierte Koletzki 2005 mit seinem Stück „Der Mückenschwarm“, das auf dem Label „Cocoon“ der Techno-Koryphäe Sven Väth erschien. Koletzkis Stil ist der House-Musik zuzuordnen, die eine Spielart von Elekro ist. Sie hat oft melodiöse Einflüsse, reicht heute häufig sogar bis in die Popmusik hinein. Mit energetischen Techno meint Koletzki eher basslastige, treibende Musik ohne Vocals oder poppige Melodien.