Horb · Auf eine Stadionwurst mit…

Der Elfmeterkiller

Ergenzingens Torwarttrainer Michael Schäfer, der früher die Strafstoßschützen zur Verzweiflung brachte – und beinahe Oliver Kahn Konkurrenz beim Karlsruher SC machte.

19.10.2019

Von Florian Dürr

Aus dem Spiel heraus war Michel Schäfer beinahe einfacher zu überwinden, als vom Punkt: Der Torhüter, der lange in Gärtringen und Ergenzingen aktiv war, hielt 13 Elfmeter in Folge. Eine Wahnsinns-Serie. Unser Bild zeigt Schäfer im September 2015 im Bezirkspokal für den TuS. Bild: Ulmer

Aus dem Spiel heraus war Michel Schäfer beinahe einfacher zu überwinden, als vom Punkt: Der Torhüter, der lange in Gärtringen und Ergenzingen aktiv war, hielt 13 Elfmeter in Folge. Eine Wahnsinns-Serie. Unser Bild zeigt Schäfer im September 2015 im Bezirkspokal für den TuS. Bild: Ulmer

Er probierte es zum dritten Mal vom Elfmeterpunkt: Der ehemalige Zweitligaprofi des 1. FC Nürnberg Markus Fuchs schnappte sich den Ball, um den Strafstoß für seinen damaligen Verein SV Zimmern zu verwandeln. Die ersten beiden Elfmeter konnte er nicht im Tor unterbringen, dieses Mal musste es einfach klappen. Doch der Stürmer täuschte sich. Es war kaum zu glauben, aber wahr: Wieder landete der Ball in den Händen von Gärtringens Keeper Michael Schäfer. Der Mann zwischen den Pfosten hatte es tatsächlich geschafft: Er hielt drei Elfmeter in einem Spiel, das am Ende 0:0 endete. Ab da nannten ihn alle nur noch: „Elfmeterkiller“.

Die Saison 2003/04 gehörte Michael Schäfer: unglaubliche 13-Mal hintereinander hielt er Elfmeter aus dem Spiel heraus. Es war die Spezialdisziplin des Torhüters. Und das, obwohl Elfmeterhalten zu einer der undankbarsten Aufgaben eines Keepers zählen – weil sie eben meist machtlos sind und am Ende frustriert den Ball aus dem eigenen Netz fischen müssen. Nur durch ganz viel Glück landet das runde Leder mal in ihren Händen. Nicht aber bei Michael Schäfer. „Ich würde es nicht Glück nennen, sondern Instinkt“, sagt er selbst.

Schäfers Geheimrezept bei Elfmetern: „Ich blieb immer lange stehen und habe erst im letzten Moment reagiert, wenn der Spieler nicht mehr nach oben schaute“, verrät er und ergänzt: „Wenn ich das richtige Eck hatte, habe ich ihn auch gehalten.“

Der Keeper hatte mit 1,80 Meter Körpergröße zwar nicht das Maß eines klassischen Torwarts, doch er machte das mit seiner Reaktionsschnelligkeit und seinen spielerischen Fähigkeiten wieder wett. Besonders zu seiner Zeit bei den A-Junioren des TuS Ergenzingen zog Schäfer mit seinen Leistungen die Blicke der Scouts auf sich. Zweimal wurde er beim Pfingstturnier zum besten Torhüter gewählt – und hatte prompt einen Profivertrag des Karlsruher SC auf dem Tisch liegen.

Doch Schäfer lehnte ab. Denn im Karlsruher Tor stand zu diesem Zeitpunkt ein gewisser
Oliver Kahn. „Hinter ihm hätte ich keine Chance gehabt“, sagt Schäfer.

Verbandsliga war die höchste Spielklasse, in die es Schäfer schaffte. Mit Ergenzingen gelang ihm 1996 der Aufstieg aus der Landesliga, doch nach nur einer Saison stiegen Schäfer und Co. wieder ab – und der Torhüter kehrte zu seinem Heimatverein Gärtringen zurück. Heute ist er wieder zurück beim TuS, wo er seit 15 Jahren als Torwarttrainer agiert: Erst in der Jugend und seit 2013 bei den Aktiven.

Im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE blickt Schäfer noch einmal auf seine aktive Zeit zurück und erinnert sich an einen Tiefpunkt, an dem die Zeit für ihn stillstand.

Wie verfolgen Sie heute Ihre
ehemaligen Vereine?

Meinen Heimatverein FC Gärtringen über die Presse und das Internet. Beim TuS Ergenzingen spielt ja mein Sohn Nikolas Schäfer in der A-Jugend. Er ist leider kein Torhüter geworden, sondern Rechtsverteidiger. Aber ich hoffe, dass er Ergenzingen irgendwann in die Landesliga führt. Manchmal schaue ich auch bei den Aktiven zu oder beim Pfingstturnier.

Was war Ihr größter sportlicher
Erfolg?

Ich wurde in der A-Jugend beim Pfingstturnier zweimal von allen Trainern zum besten Torhüter gewählt. Danach habe ich auch vom Karlsruher SC einen Profivertrag angeboten bekommen, aber da stand damals Oliver Kahn zwischen den Pfosten. Hinter ihm hätte ich keine Chance gehabt. Und 1988 haben wir das Pfingstturnier gewonnen. Nicht zu vergessen ist auch der Aufstieg in die Verbandsliga mit Ergenzingen 1996.

Wie sind Sie mit dem Sport heute verbunden?

Ich jogge viel, bin Torwarttrainer bei Ergenzingen und laufe viel mit dem Hund. Den Rest verfolgt man im Internet.

Was sind Ihre schönsten sportlichen Erinnerungen an die gute, alte Zeit?

Mit der Mannschaft nach einem Sieg einen Kasten Bier in der Kabine trinken. Das gibt es heute ja leider nicht mehr – die Jungen hauen immer gleich ab. Aber ich rate meinem Sohn immer: „Genieße die Kameradschaft mit deinen Kumpels im Heimatverein. Denn das ist das, was hängen bleibt.“ Er soll es nicht so wie ich machen und immer noch eine Liga höher wechseln – das bringt im Amateurbereich nichts. Entweder du bist Profi oder Amateurspieler. Deshalb sollte man eher im Heimatverein spielen und dort seine Klasse zeigen.

Was ist die schlimmste sportliche Erinnerung?

Der Abstieg in die Landesliga mit Ergenzingen 1997. Da haben wir gegen Ravensburg in letzter Sekunde das Gegentor bekommen und sind deshalb abgestiegen. Nach einer Flanke hat der Stürmer den Ball volley genommen, sich selbst angeschossen, und der Ball trudelte wie abgefälscht ins Tor. Das war wie ein Albtraum, da ist die Zeit still gestanden.

Wer war Ihr härtester Gegner?

Das war eindeutig Marcus Schneck vom ASV Horb und dem ASV Bildechingen. Ich war wahrscheinlich sein Lieblingsgegner, weil er gegen mich immer getroffen hat.

Treiben Sie heute noch Sport?

Ich jogge, fahre Fahrrad – was AH-Spieler eben so treiben (lacht).

Was tun Sie sonst in Ihrem Leben?

Durch mein eigenes Geschäft arbeite ich viel. Ich genieße aber auch die Zeit mit der Familie.

Wo gibt es die beste Stadionwurst?

In Ergenzingen. Aber nur, wenn Eddy Kühnert die grillt. Er macht das immer bei den Jugendspielen und ist der Grillgott. Er macht es mit so viel Liebe und ist immer gut aufgelegt. Das schmeckt man auch später bei der Wurst.

Verfolgen Sie Sport lieber live im Fernsehen oder vor Ort auf dem Sportplatz?

Lieber im Stadion, aber es fehlt die Zeit. Ich bin Bayern München-Fan, und da ist es uns schon mehrmals passiert, dass wir
drei Stunden nicht aus dem Parkhaus rauskamen und dann erst um 4 oder 5 Uhr morgens zu
Hause waren.

Zum Artikel

Erstellt:
19.10.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 52sec
zuletzt aktualisiert: 19.10.2019, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!