Leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit des Individuums und für das Leben.

Der Geschmack der Kirsche

Leidenschaftliches Plädoyer für die Freiheit des Individuums und für das Leben.

24.11.2015

Von Basil Wegener

Der Geschmack der Kirsche

Ein Mann sitzt am Steuer eines Jeeps. Mal zeigt der iranische Film ihn von der Seite, mal von vorne, mal guckt man wie er durch die Windschutzscheibe. Um ihn ist alles beige: staubige Straßen, steinige Hügel. Der Mann (Homayon Ershadi) sieht aus wie Bruno Ganz. Dürre überall.

Die ganzen dummen Verwicklungen, die man Leben nennt und von denen Filme oft nur einen faden Eindruck geben, wurden durch die flirrende Landschaft ausgetrocknet.

Der Mann sucht einen, der gegen Geld eines Morgens zu einem Loch in der Ödnis kommt. Da möchte der Mann drinliegen, voll mit Schlaftabletten. Warum, erfährt man nicht.

Wenn der Mann tot ist, soll der Helfer ihn begraben. Alles ganz einfach. Staubige Straßen. Andere Männer. Einfache Sätze aus genau zu beobachtenden Gesichtern. Ab und zu ein kahles Hochhaus im Hintergrund. "Wissen Sie, das Wort Selbstmord wurde nicht nur für Wörterbücher gemacht", sagt er. Die meisten lehnen ab.

Schließlich findet der Hoffnungslose noch jemanden, und dann wird es noch ein wenig spannend. Außerdem gibt es einen Türkenwitz, und man lernt, daß iranische Türkenwitze netter sind als deutsche. Der untertitelte Film zieht die Zuschauer schlicht, schnell und vollständig in sich hinein.

Ein bißchen auch in eine andere Welt. Was für eine Bedeutung haben vorkommende Wörter wie Begrabensein, Erde, Baum, Soldat, Gott dort, in der Steppe um Teheran? Zuletzt kriegt man noch ein paar große Wahrheiten untergejubelt. Macht nichts. Sagten sich 1997 auch die Cannes-Juroren. Und gaben die Goldene Palme.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 47sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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