Die Konstellation alter Mann und kleines Mädchen ist im Kino so selten wie anrührend.

Der Hals der Giraffe

Die Konstellation alter Mann und kleines Mädchen ist im Kino so selten wie anrührend.

24.11.2015

Von Dorothee Hermann

Der Hals der Giraffe

Mathilde ist erst neun, aber ihr entgeht so leicht nichts. In ihrem Geheimversteck liegt ein Bündel alter Briefe ihrer Großmutter. Die ist eine Art Unperson in der Restfamilie von Mathilde (zugleich niedlich und aufgeweckt: Louisa Pili) und ihrer Mutter Hélène (Sandrine Bonnaire). Doch nun, findet Mathilde, ist sie alt genug, um sich auf die Suche nach der Großmutter zu machen.

Der geliebte Großvater soll ihr helfen. Dazu muss sie ihn erst einmal aus dem Pflegeheim herausbekommen, in dem er seit einiger Zeit lebt. Ihre Mutter soll vorerst nichts erfahren. Deshalb haut Mathilde mitten in der Nacht einfach ab. Den Weg zum Pflegeheim hatte sie sich zuvor haarklein eingeprägt. So hat sie anscheinend kein bisschen Angst, als sie ihn diesmal ganz allein im Dunkeln gehen muss. Bald führt die Suche nach der Großmutter den alten Mann und das Mädchen in einem kuriosen Roadmovie quer durch Frankreich.

Zum Glück verfügt der passionierte heimliche Raucher trotz seines Herzleidens noch über beträchtliche Reserven in jeder Hinsicht. Einen besonderen Reiz bekommt der Film unter anderem dadurch, dass häufig aus der Perspektive Mathildes erzählt wird. Auf diese Weise wie zum ersten Mal gesehen wirken die Dinge wie die Menschen zugleich kurioser und veränderbarer.

Es ist Mathildes Stimme aus dem Off, die die Zuschauer in den Film hineingeleitet wie in eine Kindergeschichte. Am Ende stellt sich sogar die gestresste Mutter der Vergangenheit. Die makellosen Aufnahmen haben die Intimität von Videobildern.