Al Pacino ist Shylock. Oder eigentlich nicht.

Der Kaufmann von Venedig

Al Pacino ist Shylock. Oder eigentlich nicht.

24.11.2015

Von wit

Hollywood und die halbe angelsächsische Kino-Industrie arbeitet sich weiterhin tapfer an der Gesamtausgabe der Shakespeareschen Dramen ab. Erst dann gilt ein Leinwandheld ? Oscar hin oder her ? als wahrhaft künstlerisch nobilitiert, wenn er in den Kosmos des wohl größten Theaterdichters aller Zeiten eindringt. Um den „Kaufmann von Venedig? machten fast alle bisher aber einen großen Bogen. Selbst Orson Welles scheiterte seinerzeit (wieder einmal) über dem Racheakt am Rialto, mit dem ein jüdischer Geldverleiher störrisch ein Pfund Lebendfleisch als kapitale Schuld eintreiben will.

Regisseur Michael Radford fährt für die Operation Shylock nicht nur die opernhaft opulente Prachtkulisse des morbid Trauer tragenden Venedig, sondern auch sonst ein einschüchterndes Staraufgebot auf ? allen voran in der Titelrolle Al Pacino, der diesen Part (wie im vorigen Kinoleben, beim „Paten?) wiederum von Marlon Brando geerbt hat. Schon den Gedanken eines Vergleichs sollte man sich ersparen.

Pacino, ein fast schon tragischer Shakespeare-Verehrer („Looking for Richard?), fremdelt auch mit dieser hassgeliebten Kunstfigur des unnachgiebigen Prinzipienreiters im Ausgegrenztsein. Es bleiben schöne Bilder und die Gewissheit, dass es von Shakespeare noch einiges zu verfilmen gibt.