Bürgermeisterwahl

Der Mann mit der 17-Finger-Hand

Ralph Zimmermann ist gestern zum neuen Beigeordneten im Horber Rathaus gewählt worden – und zwar im ersten Anlauf.

26.04.2017

Von Gerd Braun und Dagmar Stepper

Das Finger-Bild: Dass Horb als die Hand im gesamten funktioniere, so Ralph Zimmermann, hänge von allen Fingern ab – gemeint waren die Kernstadt und 17 Stadtteile. Bilder: Kuball

Das Finger-Bild: Dass Horb als die Hand im gesamten funktioniere, so Ralph Zimmermann, hänge von allen Fingern ab – gemeint waren die Kernstadt und 17 Stadtteile. Bilder: Kuball

Die Höhe der Stapel an Wahlzetteln zeichnete recht schnell ein recht deutliches Bild – und als die Stimmen für den 55-jährigen Philipp Rochold und den 37-jährigen Matthias Kreutzer ausgezählt waren, stand‘s fest: Ministerialrat Ralph Zimmermann, der 48-jährige Durmersheimer, würde die Wahl im ersten Durchgang gewinnen. Auf Rochold entfielen lediglich vier Stimmen, auf den SPD-Youngster Kreutzer neun. So stand bei 31 abgegebenen durchweg gültigen Stimmen zeitig die absolute Mehrheit von 18 Unterstützern fest, die in dem gelernten Ingenieur den idealen Mann an der Seite von Horbs Oberbürgermeister Peter Rosenberger sahen.

Vermutlich war diese Entscheidung zum großen Teil bereits vor dem gestrigen Abend, dem Abend der Kandidatenvorstellung mit anschließender Wahl durch den Horber Gemeinderat, getroffen worden; die Vorstellung der Kandidaten war dennoch ein interessantes Prozedere, in dem sich herausstellte, dass alle drei Bewerber, die die Vorauswahl-Kommission ins Rennen geschickt hatte, durchaus das Format gehabt hätten, Bürgermeister von Horb zu werden. Es wurde Zimmermann. „Ich bin richtig platt“, war dessen erste erleichterte Aussage nach der Verkündung des Wahlergebnisses kurz nach 20 Uhr.

Jeweils 15 Minuten lang durften sich die Bewerber vor der geheimen Wahl nochmals offiziell den 30 anwesenden Räten – entschuldigt waren Dr. Carmina Brenner und Joachim Milles – sowie den rund 100 anwesenden Zuhörern vorstellen.

Mit den Worten „ich fühle mich bei Ihnen schon richtig heimisch“ stieg Ralph Zimmermann in seinen Vortrag ein, aus dem er vor allem mit einem bildlichen Vergleich im Gedächtnis blieb. Er hob die Hand, schaute seinen potenziellen Wählern ins Gesicht und sagte: „Horb ist wie eine Hand“. Allerdings, fügte er hinzu, habe diese Hand viel mehr, nämlich genau 17 Finger – für jeden Stadtteil einen. Und: Die Funktionsweise einer Hand hänge von allen Fingern ab.

Ob es letztlich genau dieses Bild war, das die Horber Gemeinderäte nebst Oberbürgermeister Peter Rosenberger vollends von Ralph Zimmermann überzeugte – man weiß es nicht. Es war wohl doch eher das „Gesamtpaket“, das der 48-Jährige, den eigenem Bekunden nach vor allem der direkte Kontakt zu den Menschen zu seiner Bewerbung motivierte, ablieferte.

Von der FD/FW-Fraktion ins Rennen geschickt, stellte sich der leidenschaftliche Wanderer, dessen Frau Susanne ebenfalls im Publikum saß, als versierter Mann zahlreicher für eine Stadt wie Horb relevanter Themen vor. Unter anderem hob er das Thema Schnelles Internet und die Digitalisierung generell als einen Schwerpunkt hervor. Lob sprach er Horb für die bereits geleistete Arbeit konkret in den Punkten Klimaneutrale Kommune und Masterplan 2015 aus.

So ganz konkret mochte der dreifache Familienvater aber für sein künftiges Tun in Horb dann aber doch nicht werden – zuvor sei vertiefendes Aktenstudium erforderlich. Als Datum für den Amtsantritt von Ralph Zimmermann betrachtete OB Rosenberger den 1. Juli als realistisch, vielleicht auch erst den 1. August. Zimmermann selbst meinte im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE, es gelte, für seine Arbeit im baden-württembergischen Wirtschaftsministerium einen „sinnvollen Abschluss“ zu finden; zahlreiche Vorhaben, die über seine Dienstzeit dort hinaus laufen würden, gelte es in entsprechende Bahnen zu lenken.

Rücktritt von der Kandidatur

Doch noch vor seinem Amtsantritt werde er beginnen, sich mit seiner Arbeit in Horb auseinander zu setzen. Außerdem werde er von seiner Kandidatur bei der Bundestagswahl 2017 zurücktreten – „das geht natürlich nicht“.

Unter den Vertretern der Fraktionen herrschte nach der Wahl keine durchgängige Einigkeit in der Einschätzung. Während SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Mattes in das Wahlergebnis eine Art Burgfrieden zwischen den Freien Wählern und der CDU hinein interpretierte, sprach Michael Keßler (CDU) vom Sieg des besten dreier guter Kandidaten und einer Wahl, die die CDU ohne vertiefende Emotion gemacht habe, da sie ja keinen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt hatte. FD/FW-Fraktionschef Dr. Alfred Seifriz war auf jeden Fall zufrieden. Gleich wie Keßler sah er in Zimmermann den Kadidaten mit der besten Vorstellung und folgerichtig als den besten Mann für den Horber Bürgermeisterposten.

OB Rosenberger gab sich diplomatisch: „Ich hätte mit jedem der drei Kandidaten gut leben können.“ Dass Ralph Zimmermann ein FDP-Parteibuch hat, könne Vorteile haben: „Die FD/FW-Fraktion ist sehr stark. Der Gemeinderat könnte so in ruhigeres Fahrwasser kommen“, sagte er gestern. Doch Rosenberger ist auch davon überzeugt, dass Zimmermann keine FDP-Politik betreiben wird, sondern Politik für Horb.

Enttäuschung bei den Verlierern

Bleiben die zwei Verlierer des Abends. Nach Verkündigung des Wahlergebnisses sah man Matthias Kreutzer und Philipp Rochold die Enttäuschung deutlich an. Doch die beiden waren nach OB Rosenberger dann die ersten Gratulanten, die Zimmermann die Hand schüttelten und dem neuen Horber Bürgermeister alles Gute wünschten. „Natürlich warten auf ihn und Herrn Rosenberger jetzt große Herausforderungen. Es wird auch nicht leicht, die Verwaltung auf
den Wechsel vorzubereiten“, sagt Kreutzer auf unsere Nachfrage. Er gibt seine Enttäuschung zu: „Aber sonst hätte ich es auch nicht richtig gewollt. Aber das bläst mich nicht um. Ich mache weiter“, äußerte sich abschließend.

„Was soll ich sagen? Die Mehrheit hat entschieden“, äußerte sich Rochold nach dem Wahlergebnis. Er hätte sich einen Neuanfang in Horb gewünscht. Jetzt wird er wohl aber wieder auf seinen Posten als Chemnitzer Sozialdezernent konzentrieren.

Der erste Moment: Während seine Partnerin am Mineralwasser nippt, musste Matthias Kreutzer (links) das Wahlergebnis erst einmal kurz verdauen. Der ebenfalls geschlagene Philipp Rochold (Mitte) schien da schon einen Schritt weiter zu sein und gratulierte Zimmermann wenig später.

Der erste Moment: Während seine Partnerin am Mineralwasser nippt, musste Matthias Kreutzer (links) das Wahlergebnis erst einmal kurz verdauen. Der ebenfalls geschlagene Philipp Rochold (Mitte) schien da schon einen Schritt weiter zu sein und gratulierte Zimmermann wenig später.

Glückwunsch mit Blumen: Nach Ralph Zimmermann reichte OB Peter Rosenberger dessen Gattin Susanne die Hand, übergab ihr einen Strauß und wünschte ihr, dass sie ihrem Mann den nötigen Rückhalt geben möge.

Glückwunsch mit Blumen: Nach Ralph Zimmermann reichte OB Peter Rosenberger dessen Gattin Susanne die Hand, übergab ihr einen Strauß und wünschte ihr, dass sie ihrem Mann den nötigen Rückhalt geben möge.