Nicht ganz aus dem Nichts

Der Oscar-Favorit heißt „The Shape of Water“

Der deutsche Regisseur Fatih Akin ist nun doch nicht für die Oscars nominiert worden.

24.01.2018

Von MAGDI ABOUL-KHEIR

13 Oscar-Nominierungen gab es gestern für „Shape of Water“, auch für die Darstellerinnen Sally Hawkins und Octavia Spencer. Foto: Fox

13 Oscar-Nominierungen gab es gestern für „Shape of Water“, auch für die Darstellerinnen Sally Hawkins und Octavia Spencer. Foto: Fox

Los Angeles. Nach den zahlreichen Auszeichnungen in den vergangenen Wochen war es doch eine Überraschung: Fatih Akin ist für seinen Thriller „Aus dem Nichts“ gestern nicht für den Oscar nominiert worden. Branchenkenner hatten ihm zuletzt gute Chancen eingeräumt, als vierter Deutscher nach Volker Schöndorff, Caroline Link und Florian Henckel von Donnersmarck den Preis für den besten nicht-englischsprachigen Film zu gewinnen.

Der 44-jährige Hamburger hat für seinen Thriller über Gewalt, Gerechtigkeit und Rache in den vergangenen Wochen den Golden Globe und weitere Preise gewonnen. Hauptdarstellerin Diane Kruger war bereits auf den Filmfestspielen in Cannes ausgezeichnet worden.

Doch die Oscar-Academy mit ihren mehr als 7000 Mitgliedern tickt anders und ist immer für besondere Entscheidungen gut. Zuweilen haben ihre Voten gesellschaftliche oder politische Hintergründe. Man erinnere sich nur an vergangenes Jahr, als Maren Ade mit „Toni Erdmann“ doch nicht den fast schon sicher geglaubten Oscar bekam – der ging an den iranischen Film „The Salesman“. Dessen Regisseur Asghar Farhadi durfte damals wegen des Muslim-Banns von US-Präsident Trump nicht anreisen, und so konnte man die Preisvergabe auch als symbolischen Akt deuten (wobei man festhalten sollte, dass Farhadi auch ein würdiger Preisträger war).

Es ist durchaus denkbar, dass Fatih Akins von der NSU-Mordserie angeregte Drama in seiner Radikalität den Academy-Mitgliedern unsympathisch ist – immerhin endet der Film mit einem Akt der Selbstjustiz. Und es ist auch auffallend, dass die amerikanischen Kritiker „Aus dem Nichts“ nicht gerade einhellig loben. Von den 76 auf der Plattform rottentomatoes.com aufgeführten US-Kritiken ist ein Drittel negativ, und in vielen dieser Besprechungen schwingt ein Unbehagen mit.

In aller Fairness muss auch betont werden, dass die fünf nominierten Filme in der Kategorie des besten nicht-englischsprachigen Films exzellent sind. Sie sind aus Chile, Libanon, Schweden, Russland und Ungarn.

Wer wird aber nun der ganz große Abräumer bei der Oscar-Gala am 4. März sein? Die meisten Nominierungen heimste gestern Guillermo del Toros „The Shape of Water“ ein, nämlich gleich 13. Der fantastisch angehauchte Film erzählt von einer stummen Putzfrau, die in den Jahren des Kalten Kriegs in einem wissenschaftlichen Geheimlabor ein im Wasser lebendes Fabelwesen entdeckt und sich verliebt.

Gut im Oscar-Rennen dürften auch Christopher Nolans Kriegsfilm „Dunkirk“ (acht Nominierungen) und Martin McDonaghs garstige Dramödie „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“ (sieben) liegen.

Die weiteren Streifen, die in der Kategorie „Bester Film“ nominiert sind: das in der Modebranche der 50er Jahre spielende Liebes-Melodrama „Phantom Thread“ (sechs), der britische Streifen „Darkest Hour“ über Winston Churchill in den Kriegsjahren, die Adoleszenz-Tragikomodie „Lady Bird“ (fünf), die Liebesgeschichte „Call Me By My Name“ (vier), der antirassistische Horrorfilm „Get Out“ (vier) sowie „The Post“ (zwei) über die Arbeit investigativer Journalisten.

Favorit Gary Oldman

Als bester Hauptdarsteller wird wahrscheinlich Gary Oldman ausgezeichnet, der in „Darkest Hour“ virtuos einen zerrissenen Winston Churchill verkörpert. Oscar-Ehren für den 59-jährigen sind ohnehin überfällig. Nominiert sind auch Timothee Chalamet („Call Me By My Name“), Daniel Day-Lewis („Phantom Thread“), Daniel Kaluuya („Get Out“) und Denzel Washington („Roman J. Israel, Esq.“).

In der Hauptdarstellerinnen-Kategorie liegen Frances McDormand („Three Billboards?.?.?.“) und Saoirse Ronan („Lady Bird“) vorn. Mit im Rennen sind Sally Hawkins („The Shape of Water“), Margot Robbie („I, Tonya“) und Meryl Streep („The Post“).

Bemerkenswert ist die Nominierung des 88-jährigen Christopher Plummer in der Nebendarsteller-Kategorie. Regisseur Rodley Scott hatte den durch den Missbrauchs-Skandal in Ungnade gefallenen Kevin Spacey aus seinem Film „All the Money in the World“ herausgeschnitten und mit Plummer in Windeseile alle Szenen nachgedreht. Eine Nominierung fast aus dem Nichts.

Doch nicht für den Oscar nominiert: Fatih Akin. Foto: dpa

Doch nicht für den Oscar nominiert: Fatih Akin. Foto: dpa

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Erstellt:
24.01.2018, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 51sec
zuletzt aktualisiert: 24.01.2018, 06:00 Uhr

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