Ein Schmaus – aber nur für nicht bloß an Hollywood geschulte Kino-Augen.

Der Sohn

Ein Schmaus – aber nur für nicht bloß an Hollywood geschulte Kino-Augen.

24.11.2015

Von che

Der Sohn

Als Jean-Pierre und Luc Dardenne vor zwei Jahren für „Rosetta„ in Cannes die Goldene Palme bekamen, hielten das einige Kritiker für eine „Kriegserklärung ans Publikum?. Tatsächlich ist der Stil der belgischen Brüder gewöhnungsbedürftig. Eine hyperaktive Handkamera folgt den Protagonisten auf Schritt und Tritt, saugt sich penetrant an ihren Gesichtern, Hinterköpfen und Händen fest. Übersicht verschaffende Totalen, Ruhepunkte fürs Auge, gibt es kaum. In „Le fils?, ihrem neuen Film, ist das nicht anders. Es geht es um einen Schreiner, der seit dem Mord an seinem Sohn nur noch für die Arbeit lebt. In einer Resozialisierungs-Anstalt bringt dieser Olivier kriminellen Jugendlichen goldenes Handwerk bei. Als eines Tages auch der noch blutjunge Mörder seines Kindes in der Werkstatt auftaucht, ändert sich ? eigentlich nichts. Zwar wird Olivier innerlich schon mal von Rachegedanken durchzuckt, äußerlich tut er aber, was er immer tut: dem Buben Anstand lehren. In Hollywood- oder Kirchentags-Manier erzählt, wäre das natürlich ein ganz scheußliches Rührstück geworden. Die Dardennes mit ihrem ungeschlachten, unterkühlten Doku-Stil machen daraus ein Klein-, ach was: ein Großod der Filmkunst.