Klarheit im Kloster: Müller-Angstenberger bleibt Trainer

Der TV Rottenburg geht mit Trainer Hans Peter Müller-Angstenberger in die neue Saison

Vergangenes Jahr sagte Hans Peter Müller-Angstenberger nach dem entscheidenden Sieg in den Abstiegsspielen gegen Solingen, dass er am liebsten eine Woche ins Kloster gehen würde. „Wenn jetzt Karwoche wäre und ich Osterferien hätte, würde ich das sofort machen.“

19.04.2018

Von Vincent Meissner

Verspürt eine neue Motivation: Hans Peter Müller-Angstenberger geht in sein 17. Jahr als Trainer des TV Rottenburg. Archivbild: Ulmer

Verspürt eine neue Motivation: Hans Peter Müller-Angstenberger geht in sein 17. Jahr als Trainer des TV Rottenburg. Archivbild: Ulmer

Dieses Jahr passte das Saisonende für den Deutsch- und Religionslehrer am Rottenburger Eugen-Bolz-Gymnasium besser. Der 45-Jährige ging eine Woche ins Benediktiner-Kloster nach Beuron – ohne Handy und Internet. „Das war der richtige Impuls, das hat mir innere Ruhe gebracht“, sagt er. Weil die Vorsaison seine schwerste bislang beim TVR war, mit nur einem Sieg bei 19 Niederlagen, brauchte er mit seiner Entscheidung diesmal länger. „Ich bin auch in den Krisenmodus geraten“, sagt Müller-Angstenberger rückblickend.

Die Trainerfrage: Am Dienstag waren TVR-Manager Philipp Vollmer und Trainer Müller-Angstenberger gemeinsam unterwegs zu Sponsoren-Gesprächen in der Schweiz. Auf der Fahrt hatten die beiden viel Zeit, sich zu unterhalten. „Und da gab’s dann das finale Ja“, berichtet Vollmer. Schon im März gab’s von Vereinsseite aus das Signal, dass der Klub gerne mit Müller-Angstenberger weitermachen will. Doch der erbat sich nach der durchwachsenen Saison mit nur einem Sieg Bedenkzeit. Nun sagt er: „Ich verspüre neue Motivation.“ Warum, das erklärt er im Audio-Interview auf www.tagblatt.de/sport. Das Charakter-Gesicht der Rottenburger Volleyballer geht also in sein 17. Jahr als Cheftrainer des TVR – und bleibt damit dienstältester Trainer in der Liga.

Audio

Der Etat: „Stand heute, wird es einen geringeren Etat geben“, sagt Manager Vollmer, schiebt jedoch hinterher: „Wir haben aber noch Zeit.“ Vorige Saison hatten die Rottenburger ein geschätztes Budget von 600 000 Euro. Einmal-Zahler aus der Vorsaison fallen weg. Diese waren eingesprungen, nachdem der umstrittene Kopp-Verlag als größter Sponsor ausgestiegen ist – beispielsweise steuerte die Stadt Rottenburg 35 000 Euro bei. Auch das Empfinger Unternehmen Ceratizit beendet sein langjähriges Sponsoring, weil sich die Firma anderweitig engagieren will. Wie viel dadurch wegfällt, sagt Vollmer nicht. Allerdings gehört Ceratizit zur zweithöchsten Sponsoren-Kategorie und damit zu den 16 größten Geldgebern des TVR. Insgesamt läuft es bei der Verlängerung mit den bestehenden Sponsoren jedoch gut.

Anfang April mussten die Vereine ihren Lizenzantrag für die kommende Runde bei der Liga einreichen. Zum 15. April folgten dann die wirtschaftlichen Unterlagen. Die Prüfung durch den Lizenzierungs-Ausschuss dauert bis Anfang, Mitte Mai. Dann ist klar, wer kommende Saison in der Bundesliga mitspielen darf und gegebenenfalls unter welchen Auflagen. Um den an die Liga gesandten Etatentwurf zu halten, fehlt Vollmer noch eine fünfstellige Summe. Die Neuakquise von Sponsoren ist nach wie vor schwierig. „Das ist das Thema für die kommenden Wochen“, sagt Vollmer. „Da gibt’s noch was zu tun. Wir sind gerade auf allen Ebene aktiv“, sagt Vollmer. Diese Woche unter anderem auch in der Schweiz.

Der Kader: Klar ist bisher, dass Diagonalangreifer Ferenc Németh keinen neuen Vertrag bekommt (wir berichteten). Kapitän Idner Martins (Außen), Tim Grozer (Außen) und Johannes Mönnich (Diagonal) haben noch laufende Kontrakte. Bei den restlichen Spielern aus der Vorsaison will Vollmer bis Ende des Monats Klarheit haben. „Ich gehe nicht davon aus, dass es zehn neue Spieler gibt“, sagt Vollmer, „aber auch nicht nur drei Neue.“

Vollmer sieht auch die Spieler in der Verantwortung für die verkorkste Vorsaison: „Wer sich da nicht berufen fühlt, kann gehen“, sagt er. Trainer Müller-Angstenberger drückt es so aus: „Es gilt jetzt nur: Wer ist fähig, in die Zukunft zu blicken – ohne in der Vergangenheit festzuhängen. Wer das kann, ist richtig bei uns.“

Über einzelne Spieler will Vollmer nicht sprechen. Allerdings dürfte Libero Dirk Mehlberg, solange es die Zeit bei ihm beruflich zulässt, als Libero auf jeden Fall dabeibleiben. Bei Außenspieler und Eigengewächs Phillip Trenkler sieht es aufgrund seiner Rückenprobleme eher kritisch aus. Ein Kandidat für eine Verlängerung ist für Vollmer auch Außenangreifer Timon Schippmann, den der TVR erst Mitte Dezember nachverpflichtet hatte und der wegen einer Fußverletzung kaum spielte.

In Gesprächen ist Vollmer auch mit zwei, drei potenziellen Neuen. „Da sind wir teilweise so weit, dass wir die Rahmenbedingungen verhandeln“, sagt Vollmer. Vor allem auf der Diagonalposition schaut sich der TVR gerade – auch im Ausland – um. Vom VCO Berlin, der kommendes Jahr wieder in der 1. Liga mitspielt, wird diese Saison jedoch niemand kommen, weil die Spieler noch ein Jahr beim Junioren-Nationalteam bleiben.

Die Fehler: Ungewöhnlich deutlich sprechen sowohl Vollmer als auch Müller-Angstenberger von (eigenen) Fehlern in der Vorsaison. „Wir haben relativ spät, erst so im Januar, gemerkt, wie weit wir in der Negativspirale sind“, sagt Vollmer. „Und wir haben den Turnaround nicht geschafft. Da ist es Team und Führung nicht gelungen, den richtigen Punkt zu finden.“ Auch Müller-Angstenberger nimmt er nicht aus bei seiner Kritik: „Der Trainer ist auch nicht unschuldig. Auch von ihm erwarte ich, dass er Punkte verändert.“ Müller-Angstenberger selbst sagt: „Jeder hat sich seiner Verantwortung zu stellen.“

Die Perspektive: „Wir wissen, dass die Saison schlecht war“, sagt Vollmer. „Deshalb ist es gut, dass wir das jetzt gemeinsam angehen können.“ Im Zentrum steht für Vollmer und Müller-Angstenberger die Kommunikation: „Wir müssen viel miteinander reden, damit alle wieder auf einen Nenner kommen“, sagt Vollmer. Da soll im Zweifelsfall auch wieder ein externer Moderator dazukommen, was in der Vorsaison nicht der Fall war. Auch mögliche Gründe für die vielen Verletzungen sollen aufgearbeitet werden. Außerdem will der TVR dieses Jahr möglicherweise nicht schon im April in die gemeinsame Vorbereitung starten. Und, sagt Vollmer: „Ich will wieder die positiven Dinge triggern.“ Der TVR geht in seine 12. Erstliga-Saison. „Das ist schon fantastisch und wird getragen von unserem großen Ehrenamtspool.“ Aber: „Die Liga ist sehr gut. Wir müssen aufpassen, dass wir den Anschluss nicht verlieren.“

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Erstellt:
19.04.2018, 10:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 53sec
zuletzt aktualisiert: 19.04.2018, 10:00 Uhr

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