Horb · Pädagogik

Der Waldkindergarten kommt

Auf der Horber Schütte soll im September 2020 ein Waldkindergarten eröffnet werden. Allerdings liegt er im Naturschutzgebiet, was der Nabu kritisiert.

21.11.2019

Von Dagmar Stepper

In der Region gibt es einige Waldkindergärten – wie hier der Waldkindergarten Wurzelkinder in Tübingen-Derendingen. Für Horb könnte dieser Wunsch im September 2020 Wirklichkeit werden. Archivbild: Ulrich Metz

In der Region gibt es einige Waldkindergärten – wie hier der Waldkindergarten Wurzelkinder in Tübingen-Derendingen. Für Horb könnte dieser Wunsch im September 2020 Wirklichkeit werden. Archivbild: Ulrich Metz

Kinder im Wald toben lassen, bei Wind und Wetter draußen sein, die Natur früh erleben – ein Waldkindergarten ist für viele Eltern eine gute Alternative zum klassischen Kindergarten. Doch die Horber müssen auf dieses Angebot noch verzichten, wenn sie nicht auf andere Regionen ausweichen wollen.

Der Wunsch nach einem Waldkindergarten besteht hier allerdings seit Jahren – und im kommenden Jahr geht er sehr wahrscheinlich in Erfüllung. Das bestätigt die Stadt auf Anfrage der SÜDWEST PRESSE. „Man kann derzeit davon ausgehen, dass eine Eröffnung im September 2020 als realistisch anzusehen ist“, schreibt Anke Kneer von der Pressestelle der Stadt Horb. 15 Anfragen liegen der der Stadt bereits vor, obwohl sie für einen Waldkindergarten bisher noch gar nicht öffentlich geworben hat.

Das mag mit daran liegen, dass es bei der Suche nach dem richtigen Standort für einen Waldkindergarten zwischen der Stadt und dem Nabu Horb Differenzen gibt. Bereits vor eineinhalb Jahren wurde das Konzept im Horber Gemeinderat vorgestellt, seither aber nicht verwirklicht. Denn die von städtischer Seite ausgesuchte Fläche auf der Schütte liegt im Naturschutzgebiet Osterhalde. Das 88 Hektar große Gebiet zwischen Horb und Ihlingen wurde vor 25 Jahren vom Regierungspräsidium Karlsruhe als Naturschutzgebiet ausgewiesen, hier gelten strenge Vorschriften, um die Natur in ihrer Form zu belassen. „Alle Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturschutzgebiets oder seiner Bestandteile oder zu einer nachhaltigen Störung führen können, sind nach Maßgabe näherer Bestimmungen verboten“, heißt es im Paragraf 23 des Bundesnaturschutzgesetzes.

Darauf beruft sich der Nabu Horb. Denn in Naturschutzgebieten ist es eben verboten, Wege zu verlassen, Blumen zu pflücken oder Zapfen zu sammeln. „Alles, was ein Waldkindergarten eigentlich beinhaltet, kann er im Naturschutzgebiet nicht erfüllen“, sagt Nabu-Vorsitzender Lambert Straub auf unsere Anfrage hin.

Natürlich ist der Nabu nicht gegen einen Waldkindergarten, im Gegenteil. „Wir unterstützen und begrüßen das sehr“, betont Straub. Der Nabu bringt Kindern ja die Natur näher, genauso wie es ein Waldkindergarten macht. Aber den Standort im Naturschutzgebiet hält die Ortsgruppe nicht für geeignet. Und was Lambert Straub nicht verstehen kann: „Wir haben der Stadt zig Vorschläge gemacht, wo man es gut machen könnte.“ Diese seien von der Stadt aber gar nicht näher in Betracht gezogen worden. „Die Stadt hat sich nicht mit uns zusammengesetzt. Das finde ich sehr schade.“

Als alternative Standorte hat der Nabu beispielsweise eine Fläche oberhalb des Rexinger Kindergartens ins Spiel gebracht, der Ihlinger Berg bei der Jakobushütte oder beim Sportplatz auf der Schütte. „Die Stadt fixiert sich aber nur auf eine Fläche“, moniert Straub. In Deutschland gebe es so wenig Naturschutzgebiete, diese sollten daher nicht angetastet werden. „Wenn es Alternativen gibt, sollte man ausweichen“, ist Straub überzeugt. Und in Horb gebe es sie ja.

Doch bei der Stadtverwaltung sieht man das anders. „Aus Sicht der Verwaltung ist die Ablehnung der Ortsgruppe Nabu nicht nachvollziehbar“, schreibt Anke Kneer. Die Planungen sind zudem so gut wie abgeschlossen. „Das inhaltliche Konzept für den Waldkindergarten ist fertig und der Träger für den Betrieb ausgewählt“, teilt sie mit. Aktuell laufen Abstimmungsgespräche mit der oberen Naturschutzbehörde, sprich dem Regierungspräsidium Karlsruhe. Die untere Naturschutzbehörde – das Landratsamt Freudenstadt – hat der Einrichtung eines Waldkindergartens im Naturschutzgebiet bereits zugestimmt.

Für Lambert Straub ist das nicht navollziehbar: „Das ist, als wenn ich ein Spielzimmer einrichten würde und den Kindern dann sage: Hier dürft ihr nichts anfassen.“

Eine andere Art der Pädagogik

Der Waldkindergarten oder Naturkindergarten ist eine Form des Kindergartens, die aus Skandinavien stammt. Ella Flatau aus dem dänischen Sölleröd gründete in den 1950er Jahren den ersten Waldkindergarten nachdem sie zunächst mit ihren eigenen und mit Nachbarskindern häufig in den Wald gegangen war und diese Form der Kinderbetreuung großes Interesse bei anderen Eltern hervorgerufen hatte. Im Waldkindergarten erfahren Kinder im Alter zwischen drei und sechs Jahren (teilweise bereits unter drei Jahren) Erziehung, Bildung und Betreuung. Die meisten Aktivitäten finden außerhalb fester Gebäude statt, meistens im Wald. Die Waldkindergartenbewegung fand in Deutschland erst in den 1990er-Jahren größeren Anklang. Der erste anerkannte Waldkindergarten startete am 3. Mai 1993 in Flensburg. Derzeit werden zahlreiche neue Gruppen gegründet. Heute gibt es weit über 1500 Waldkindergärten in Deutschland. In Horb soll im September 2020 auf der Schütte ein Waldkindergarten eröffnet werden.

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Erstellt:
21.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 14sec
zuletzt aktualisiert: 21.11.2019, 01:00 Uhr

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