Londoner Arzt Mark Bonar gesteht, 150 Spitzensportler gedopt zu haben

Der geheimnisvolle Doktor

Ein Investigativ-Team der Sunday Times und ein von der ARD-Redaktion eingesetzter Lockvogel haben offenbar die Methoden des Arztes Mark Bonar aufgedeckt. Die Doping-Fahnder sind geschockt.

04.04.2016

Von SID

Auch Radprofis, die an der Tour de France teilnahmen, gehörten offenbar zu Dr. Bonars Klienten. Foto: dpa

Auch Radprofis, die an der Tour de France teilnahmen, gehörten offenbar zu Dr. Bonars Klienten. Foto: dpa

Köln. Großbritannien wird laut eines Medienberichts von einem flächendeckenden Dopingskandal, der offenbar zahlreiche Sportarten umfasst, erschüttert. Das berichten die ARD/WDR-Dopingredaktion und die Londoner Sunday Times. Im Mittelpunkt des Skandals soll der Londoner Arzt Dr. Mark Bonar stehen. Insgesamt sollen 150 Sportstars involviert sein, darunter auch Fußballprofis des FC Arsenal, von Meister FC Chelsea und von Tabellenführer Leicester City. Namen der angeblich betroffenen Sportler werden nicht genannt.

Die drei Premier-League-Klubs widersprachen gestern in ihren Stellungnahmen vehement den Darstellungen, die Dopingvorwürfe, so heißt es, seien "falsch". Arsenal teilte mit, dass der Klub "extrem enttäuscht" über die Veröffentlichung der Vorwürfe, die "jeglicher Grundlage entbehren", sei. Chelsea wies darauf hin, dass der Klub "niemals die Dienste von Dr. Bonar in Anspruch genommen hat" und keine Kenntnis habe, dass ein Profi der Blues von diesem betreut oder behandelt wurde. Leicester wies die Anschuldigungen ebenfalls zurück und erklärte, dass es "keinerlei Beweise für die Vorwürfe gebe".

Ein Investigativ-Team der Sunday Times und ein von der ARD/WDR-Dopingredaktion eingesetzter Lockvogel sollen die Doping-Methoden Bonars aufgedeckt haben. Demnach soll Bonar in London "seit Jahren englische Top-Athleten mit allem, was schneller und stärker macht und verboten ist", so die ARD, versorgt haben. Dies zeigten die Filmemacher Hajo Seppelt und Felix Becker in ihrem Beitrag, der in der Sportschau im Ersten und im WDR-Fernsehen zu sehen war.

Nach Angaben der ARD erläuterte Bonar, Facharzt für Gynäkologie, dem angeblich an Doping interessierten Lockvogel seine weitreichende Arbeit im englischen Spitzensport. Mittlerweile habe er 150 Klienten, so Bonar. Es seien Fußballer aus der Premier League, Kricket-Profis, Tour-de-France-Teilnehmer, Boxer, Kampfsportler und Tennis-Profis. Bonar: "Natürlich sind einige der Behandlungen, die ich mache, im Profisport verboten. Aber ich habe das schon mit vielen Sportlern gemacht. Jahrelang. So ziemlich aus jedem Sport. Die konsultieren mich diskret. Schließlich steht ihr Ruf auf dem Spiel und meiner auch."

Bonar nahm auch zu seiner Vorgehensweise in der Premier League Stellung. "Ich habe mit Fußballern aus der Premier League, auch mit Spielern aus dem Ausland Kontakt. Auch mit einem ganz Großen, dem habe ich Epo, Testosteron und Wachstumshormone gegeben", äußerte der Mediziner: "Fußballer werden ja sowieso kaum getestet. Und ältere Spieler über 30 müssen was machen, die können mit den jungen Spielern um die 18 sonst doch gar nicht mithalten."

Angeblich soll es seit geraumer Zeit sogar Hinweise eines Whistleblowers, einem des Dopings überführten Spitzensportler, an die englische Anti-Doping-Agentur UKAD gegeben haben. Er soll Beweise für das Handeln des Arztes vorgelegt haben. "Dr. Bonar ist für mich die britische Version von Lance Armstrongs Dopingarzt Doktor Ferrari", sagte der gesperrte Sportler: "Es war Bonar, der mich zu Testosteron und anderen Substanzen brachte. Er fragte mich: Hast du schon mal Epo probiert? Oder Wachstumshormone?" Die UKAD beschied dem Informanten jedoch, dass man keine Grundlage sehe, gegen Bonar zu ermitteln oder ein Verfahren einzuleiten.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur Wada reagierte derweil schockiert auf die jüngsten Enthüllungen um Bonar. "Es scheint dem Mann ja gar nichts auszumachen, der sieht das offenbar ganz entspannt, harte und gefährliche Substanzen an einen Patienten zu verschreiben, ohne irgendwelche Skrupel", sagte der designierte Wada-Generalsekretär Olivier Niggli im Gespräch mit der ARD/WDR-Dopingredaktion.

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Erstellt:
04.04.2016, 06:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 04.04.2016, 06:00 Uhr

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