Benefiz-Aktion: Kontroverse um Kopp

Der umstrittene Rottenburger Kopp-Verlag ist der Hauptsponsor des Lions-Club-Adventskalenders

Finanziell gesehen ist der „Weihnachtskalender“ des Rottenburger Lions Clubs ein toller Erfolg. 2500 Stück hat die Gruppe drucken lassen, 2200 wurden verkauft, für 5 Euro das Stück. Nach Abzug der Unkosten wird eine „schöne vierstellige Summe“ übrig bleiben, sagt Gabi Hailer, die Gründungspräsidentin des Rottenburger Clubs und jetzige Vorsitzende des dazu gehörigen Fördervereins. Sie hat die Kalender-Aktion koordiniert. Der Erlös geht an die Behindertensport-Abteilung des TV Rottenburg.

09.12.2016

Von Michael Hahn

Der Adventskalender des Rottenburger Lions-Clubs. Repro: ST

Der Adventskalender des Rottenburger Lions-Clubs. Repro: ST

Auch für viele Käufer dürfte sich der Kauf des Kalenders lohnen. Rottenburger Geschäftsleute haben mehr als 200 Sachpreise und Gutscheine vergeben. Gesamtwert laut Lions Club: mehr als 13 000 Euro. Die Kalender sind durchnummeriert. Bis zum 24. Dezember werden jeden Tag mehrere Preise verlost. Die Gewinn-Chance beträgt also fast 1:10. Insgesamt 48 Sponsoren haben sich beteiligt; die meisten gaben Preise im Wert von weniger als 200 Euro.

Der mit Abstand größte Sponsor ist der Rottenburger Kopp-Verlag. In 19 (von 24) Kalender-Fensterchen ist der Verlag vertreten, mit Büchergutscheinen. Gesamtwert: 2000 Euro.

Wegen seines rechtslastigen und esoterischen Sortiments ist der Kopp-Verlag allerdings ziemlich umstritten. Aktuelles Beispiel: Im Internet wirbt Kopp gleich auf seiner Startseite für das Buch „Die ‚BRD‘-GmbH“ (mit Anführungszeichen). Kernaussage: „Die ,BRD‘ ist kein Staat und Organe der ,BRD‘ haben keinerlei Legitimation zur Ausübung von Hoheitsgewalt.“ Das sind typische „Reichsbürger“-Aussagen. Berüchtigt sind auch die zahlreichen Bücher des Kopp-Starautors Udo Ulfkotte („Albtraum Zuwanderung“, „Mekka Deutschland“ und andere Titel).

„In Rottenburg gibt es immer Diskussionen, wenn es um den Kopp-Verlag geht“, sagt Stadtwerke-Chef Martin Beer, der als Privatmann bis zum vergangenen Juli als Präsident des Rottenburger Lions Clubs amtierte. „Wir haben in der Vorstandschaft sehr intensiv diskutiert“, ob man Kopp als Sponsoren akzeptieren wolle, sagt Beer, als wir ihn im Urlaub am Handy erreichen.

Die Entscheidung fiel dann knapp, mit 4 zu 3 Stimmen. Beer war dafür. Sein Argument: „Die Bücher sind nicht verboten. Wir sollten keine Vorverurteilung machen.“ Der Kopp-Verlag unterstütze auch viele andere sportliche und kulturelle Aktivitäten in Rottenburg. Und schließlich, sagt Beer, müsse niemand mit seinem Büchergutschein ein Eigenprodukt des Kopp-Verlags kaufen. Sondern: „In dem Shop kann man jedes in Deutschland erhältliche Buch bestellen, von Loriot bis Fidel Castro.“

Auch der jetzige Club-Präsident Matthias Kroll findet es richtig, dass die Lions den Verleger Jochen Kopp als Sponsoren angeworben haben. „Der Mann ist für mich ein normaler Geschäftsmann. Der Verlag hat sich nichts zuschulden kommen lassen. Und das Geld ist für einen guten Zweck.“

Auch Lions-Mitglied Dieter Zeiher (in seinem Optiker-Geschäft kann man die Sachpreise bis zum 31. Januar abholen) verweist auf den Turnverein Rottenburg, der seit Jahren Geld von Kopp akzeptiert. Er persönlich würde mit Kopps Büchern „nicht mal den Ofen anzünden“, sagt Zeiher. „Wir waren uns der Brisanz bewusst“, aber der Club wollte eben möglichst viele Preise einwerben.

Andererseits bringe der Benefiz-Kalender für Kopp „in gewisser Weise eine Werbewirkung“, räumt der Optiker ein. Damit niemand auf den ersten Blick erkennen könne, dass Kopp der größte Sponsor ist, habe man die 2000 Euro auf möglichst viele Fensterchen verteilt.

Die Kalender-Koordinatorin Gabi Hailer, eine Kosmetik-Beraterin aus Sulzau, war von Anfang an gegen eine Kooperation mit Kopp. Als das TAGBLATT anruft, stößt sie erstmal einen tiefen Seufzer aus. „Ich habe es (das Kopp-Sponsoring) für gefährlich gehalten. Das kann für unsere Mitglieder negativ gewertet werden.“ Hailer befürchtet auch „einen Image-Schaden für den Club insgesamt“. Doch sie sei eben überstimmt worden. „So wie Trump in Amerika gewonnen hat, so ist Kopp in unseren Adventskalender hinein gerutscht.“

Jochen Kopp selbst sei übrigens kein Mitglied bei den Lions, die sich auch als privater Freundeskreis verstehen und nur auf persönliche Empfehlung neue Mitglieder aufnehmen. Hailer: „Ich kenne auch niemanden, der dort arbeitet.“

Für sich will Hailer nun Konsequenzen ziehen. Sie hat den anderen Mitgliedern bereits per Mail mitgeteilt, dass sie den Vorsitz des Fördervereins zum 31. Januar (wenn die Kalender-Aktion endet) abgeben will. Das liege nicht nur, aber auch an dem Streit um Kopp. Über die Nachfolge muss eine Mitgliederversammlung am kommenden Montag beraten.

Und wie geht‘s 2017 weiter? Wegen der großen Resonanz werde der Club sicher auch im kommenden Jahr wieder einen Adventskalender machen, sagt Dieter Zeiher. Schon jetzt hätten sich zahlreiche zusätzliche Sponsoren gemeldet, die dann mitmachen wollen. Werden die Lions auch Kopp wieder fragen? Zeiher: „Vermutlich nicht mehr.“

Der Adventskalender des Rottenburger Lions-Clubs. Repro: ST

Der Adventskalender des Rottenburger Lions-Clubs. Repro: ST

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Erstellt:
09.12.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec
zuletzt aktualisiert: 09.12.2016, 01:00 Uhr

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Gommeringer 09.12.201611:19 Uhr

Einigermassen erstaunlich, dass eine Benefiz Aktion und der Verkauf eines Adventskalenders für einen guten Zweck, von diversen Sponsoren getragen, als Aufhänger verwendet wird, gegen einen ortsansässigen Verlag, der Arbeitsplätze bietet und zum Steueraufkommen der Stadt beiträgt, Stimmung zu machen. Ebenso merkwürdig, eine großzügige Spende anzunehmen und im Nachhinein eine fadenscheinige Diskussion darüber zu starten, ob der Verlag auch den Ansprüchen des Lions Clubs genügt. Pauschale Anschuldigungen zu einem Programm, das Amazon, Hugendubel und diverse andere Buchhändler ebenso anbieten, worüber sich auch niemand erregt, in den Raum zu stellen, hat ein ‘ Gschmäckle ‘. Vielleicht gefällt einem die Ausrichtung der Bücher nicht, weil sie nicht den eigenen Vorstellungen und Ansichten entsprechen. Dafür gibt es ja in diesem Land noch eine Meinungs- und Pressefreiheit.

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