Kirchenmusik

Deutsch-arabische Begegnung

Der Horber Organist Michael Grüber bildet zusammen mit den syrischen Flüchtlingen Ahmad Almir und Mahran Yakoub ein besonderes Trio.

10.12.2016

Von Fabian Schäfer

Geben ein gutes Gespann ab: Der Horber Organist Michael Grüber und die Syrer Mahran Yakoub und Ahmad Almir (von links).Bild: Schäfer

Geben ein gutes Gespann ab: Der Horber Organist Michael Grüber und die Syrer Mahran Yakoub und Ahmad Almir (von links).Bild: Schäfer

Michael Grüber muss noch heute ein wenig ungläubig lachen, wenn er daran denkt, wie es dazu kam, dass er jetzt regelmäßig mit zwei jungen Syrern Musik macht – vor großem Publikum. „Es ist schon unglaublich, dass man sich hier in Horb trifft“, erzählt der studierte Kirchenmusiker. Mitte 2015 kam der erste Kontakt zustande, damals über den von Grüber initiierten „Chor der Nationen“. Dort lernte der Chorleiter den 22-jährigen Ahmad Almir kennen, einen aus Salamiyya (Syrien) stammenden Musiker. „Viele Geflüchtete leben hier ja eher im Verborgenen. Wir sind über die Musik zusammengekommen“, erzählt Grüber, der dem jungen Syrer sogar ein eigenes Zimmer in Horb besorgt hat, da sich dieser in der Gemeinschaftsunterkunft in Mühlen nicht wirklich wohlfühlte.

Almir studierte Musik in Syrien

In seiner neuen „Heimat“ konnte sich Almir voll und ganz seiner Leidenschaft widmen: der Oud. Seit zwölf Jahren spielt der Syrer die arabische Laute, die auf den ersten Blick wie eine runde Gitarre mit abgeknicktem Griffende aussieht. In Damaskus hat der 22-Jährige Musik studiert, bevor er nach Deutschland floh.

Aus der syrischen Hauptstadt stammt auch Mahran Yakoub. Der 27-Jährige ist seit sechs Jahren Sänger und kam ebenfalls über den „Chor der Nationen“ mit Grüber in Kontakt. „Es ist dann langsam gewachsen. Ich spiele hauptsächlich Bach, die beiden arabische Musik. Das ist eine neue Welt für mich und hochinteressant“, erzählt Grüber, dem die Idee kam, die beiden Musik-Richtungen zusammenzupacken. „Die Orgel mit arabischer Klassik. Das ist eine deutsch-arabische Begegnung“, schwärmt der Kirchenmusiker. Bereits bei einem der ersten Konzerte Ende Juni unter dem Titel „Alle Menschen werden Brüder“ war die Horber Johanneskirche drückend voll. „Da kamen so viele Menschen, es war ein Selbstläufer“, erinnert sich Grüber. Grund dafür sei neben Almirs Instrument vor allem der Gesang von Mahran Yakoub. „Die Art, wie er singt, das ist so abgefahren anders“, erzählt der Organist. Er habe nicht gewusst, dass man in Syrien so anders singe, mit einer solch anderen Technik.

Während der Sänger momentan in Horb einen Deutschkurs besucht, studiert Ahmad Almir bereits an der Pop-Akademie in Mannheim sein Instrument. „Das ist schon eine schöne Story“, berichtet Grüber, „Ahmad hat auf der Flucht nach Deutschland seine Oud verloren, und die Horber Gemeinde hat ihm eine neue finanziert.“

Ein einmaliger Versuch

Neben den „normalen“ Auftritten werden Grüber und Almir bald auch etwas ganz besonderes präsentieren. „Der berühmte Komponist Enjott Schneider aus München komponiert gerade ein Stück für Ahmad und mich für Orgel und Oud mit dem Titel ‚Nathans Traum‘. Wir wollen aber auch zu dritt damit auftreten“, erzählt Grüber, der sein Glück oft immer noch nicht fassen kann. „Ich habe auf der ganzen Welt noch nie von einer ähnlichen Combo gehört, das ist ein einmaliger Versuch“, schwärmt er von „seinem“ Trio. Es sei „zu schön, um wahr zu sein“. Der Organist ist sich sicher: „Das finde ich nie wieder. Allein so einen Sänger, ich wüsste nicht, woher ich nochmal so einen bekommen sollte.“

Auch die beiden Syrer, die sich ebenfalls erst in Horb kennenlernten, sind sehr froh über die Möglichkeit, hier Musik zu machen. „Es ist perfekt gelaufen, ein Traum, passend zu ‚Nathans Traum‘“, sagt Grüber. „Ahmads Traum“, ergänzt Almir, grinst und zupft an seiner Oud.

Grüber will ein Zeichen setzen – in Syrien

Und Grüber hat noch ein ambitioniertes Projekt im Kopf: „Mein persönliches Ziel ist es, ein Orgelkonzert in Damaskus zu geben. Ich würde dann ein Zeichen setzen und nur Bach spielen.“ Erste Kontakte habe er bereits aufgebaut. „Ich hoffe halt, dass ich lebend zurückkomme“, scherzt der Kirchenmusiker. Er könne sich das Ganze als Gedenkkonzert vorstellen. Realisieren will er das Projekt so schnell wie möglich, vielleicht schon im Frühjahr 2017. Seine beiden syrischen Kollegen können ihn aus verständlichen Gründen nicht begleiten. „Ich würde gerne zeigen: ‚Schaut mal, in Horb musizieren wir zusammen und führen keinen Krieg gegeneinander‘“, sagt Grüber.