Freudenstadt · Kreistag

Die Bilanz vor der Coronakrise

Die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH macht weiterhin Verluste in Millionenhöhe. Ohne finanzielle Unterstützung vom Landkreis droht die Insolvenz.

23.09.2020

Von Dunja Bernhard

Das Freudenstädter Krankenhaus bekommt derzeit einen stattlichen Anbau. Die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH macht Jahr für Jahr Miese bei der Bewirtschaftung. Neue medizinische Angebote sollen das Blatt wenden. Bild: Dunja Bernhard

Das Freudenstädter Krankenhaus bekommt derzeit einen stattlichen Anbau. Die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH macht Jahr für Jahr Miese bei der Bewirtschaftung. Neue medizinische Angebote sollen das Blatt wenden. Bild: Dunja Bernhard

Mit einem Jahresfehlbetrag von 2,1 Millionen Euro ist das Ergebnis von 2019 rund eine Million Euro schlechter als 2018. Es liegt sogar gut 3 Millionen Euro unter dem Planansatz. Der Landkreis hat 5,3 Millionen Euro im Jahr 2019 zugeschossen. Ohne diese Mittel hätte die Krankenhäuser Landkreis Freudenstadt gGmbH (KLF) einen Fehlbetrag von knapp 7,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Im operativen Bereich fährt das Krankenhaus weiterhin Verluste ein. Zwar haben sich die Einnahmen 2019 um knapp 4Millionen Euro erhöht. Gleichzeitig stiegen aber die Ausgaben um rund 4,8 Millionen Euro, knapp 3,3 Millionen Euro davon entfielen auf die Personalkosten.

Die Liquidität der KLF war 2019 dadurch gedeckt, dass der Landkreis einen Kreditrahmen von 12Millionen Euro einräumte.

Im Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Solidaris Revisions-GmbH heißt es: „Vermögens-, Kapital- und Finanzlage des Konzerns geben weiterhin Anlass zur Besorgnis.“ Die KLF verfüge aufgrund des nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrags nicht über ausreichend langfristige Finanzierungsmittel zur Deckung des langfristig gebundenen Vermögens.

Durch die jahrelangen Verluste ist das Eigenkapital der KLF aufgebraucht, so der Bericht weiter. Der Krankenhausbetrieb kann nur aufrechterhalten werden, wenn der Landkreis mehr Mittel als bisher zur Verfügung stellt.

Risiken und Chancen

Als Risiken nennt die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft notwendige Baumaßnahmen und Instandhaltungen und deren Finanzierung, die schwierige Mitarbeiterbeschaffung sowie die Betriebsrisiken der Medizinischen Versorgungszentren (MVZ).

Positiv wertet die Solidaris Revisions-GmbH den Krankenhausneubau. Er könnte zu effektiveren Betriebsabläufen und erhöhter Wettbewerbsfähigkeit führen.

Für 2020 ist ein Zuschuss des Landkreises von knapp 6 Millionen Euro vorgesehen. Auswirkungen der Corona-Pandemie sind dabei noch nicht berücksichtigt.

Landrat Dr. Klaus Michael Rückert sagte: „2019 war wirtschaftlich ein gutes Jahr für die KLF“ und betonte, dass die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft den uneingeschränkten Bestätigungsvermerk erteilt habe. Dieser beurteilt allerdings nur, ob die Lage des Unternehmens korrekt abgebildet wurde.

Die Wirtschaftsprüfer weisen in ihrem Bericht abschließend darauf hin, dass vor dem Hintergrund der Überschuldung der Fortbestand der KLF ohne dauerhafte Finanzierungszusagen durch Gesellschafter (bisher der Landkreis) gefährdet sei.

Geschäftsführer Matthias Meier erläuterte die finanzielle Situation des Krankenhauses im Kreistag. Die KLF hatte 2019 Ausgaben von insgesamt 132 Millionen Euro. 56 Millionen Euro erhielt sie vom Land Baden-Württemberg als Zuwendung. Die Personalkosten machten mit knapp 52,5 Millionen 73 Prozent der Ausgaben aus. Das Ziel, sie unter 72Prozent zu halten, wurde damit nicht erreicht.

Auch bei Honoraren, unter anderem für Konsile, lagen die Kosten mit 2,8 Millionen Euro um 800000 Euro über dem Plan. Fremdkräfte waren insbesondere nötig im Intensivbereich, bei Ärzten und Hebammen. „Sonst hätte die Betriebsbereitschaft nicht aufrechterhalten werden können“, sagte Meier. Als Grund für die zusätzlich Beschäftigten nannte er die höheren Vorgaben des Bundes bei der Personalbesetzung (Pflegepersonaluntergrenzenverordnung) sowie die Erweiterung des Leistungsspektrums in der Onkologie.

75000 Euro für Prozesse

75000 Euro zahlte die KLF für zwei Arbeitsgerichtsprozesse. „Ich streite mich nur dann, wenn es wirklich sein muss“, rechtfertigte Meier diese Ausgabe. Rückert dazu: Auf die Anzahl der Mitarbeiter gesehen, „ist das überschaubar“.

Bei der Tochter MVZ Freudenstadt lag das Minus bei 68000 Euro, die Service GmbH machte Verluste von 41000 Euro. Insgesamt sei es inhaltlich ein schlechtes Ergebnis, sagte Meier. Das Krankenhaus habe aber eine hohe Leistung erbracht.

Dr. Ernst Wolf (FDP) bemerkte, dass es Planabweichungen nach unten seit 2014 gebe. Da habe sich deutlich was angesammelt. Er forderte: Vom Kreistag sei ein deutliches Signal nötig, dass dieser das politisch mittrage.

Rückert dazu: Er möchte nichts beschönigen, aber das Freudenstädter Krankenhaus stehe besser da als viele andere Krankenhäuser. Er sei guter Hoffnung, dass es 2020 keine bösen Überraschungen gebe. Das erste halbe Jahr sei gar nicht so schlecht gelaufen, so Rückert.

In den Krankenhausneubau investiert der Landkreis 26 Millionen Euro. Vom Land kommen 54Millionen Euro.

Der Kreistag nahm den Jahresabschluss 2019 der KLF mit zwei Enthaltungen zur Kenntnis.

Krankenhausbeschäftigte warten weiter auf Boni

In der Bürgerfragestunde meldete sich Karin Weizenhöfer zu Wort: Wann es denn nun den angekündigten Bonus für die Beschäftigten im Krankenhaus gebe?, wollte sie wissen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn habe sich gerade dazu geäußert, sagte Matthias Meier, Geschäftsführer der KLF. Nun müsse man schauen, wie viel Geld in den Topf kommt und wie es verteilt wird. Jeder werde nicht berücksichtigt werden können, sagte er. Vielmehr müsse geschaut werden, wer sich besonders engagiert habe. Landrat Rückert präzisierte: „Die, die an der Front gearbeitet haben, mit erkrankten Patienten.“

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Erstellt:
23.09.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 14sec
zuletzt aktualisiert: 23.09.2020, 01:00 Uhr

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