Flach schürfendes Provinz-Sittenbild am Beispiel der berühmten Reiter-Wallfahrt von Weingarten.

Die Blutritter

Flach schürfendes Provinz-Sittenbild am Beispiel der berühmten Reiter-Wallfahrt von Weingarten.

24.11.2015

Von che

Die Blutritter

Das ist aber eine sehr deutsche Frage?, kontert der Geistliche, als der Interviewer von ihm wissen will, ob er glaube, dass der Blutstropfen echt sei. Tiefer bohrt Douglas Wolfsperger nicht, denn die Frage nach dem Sinn oder Unsinn dieses in heutiger Zeit etwas bizarr wirkenden Rituals interessiert den Filmemacher nicht wirklich. Jedes Jahr kommen rund 30 000 Pilger und Schaulustige in die oberschwäbische Kleinstadt Weingarten, um mitzuerleben, wie 3000 Reiter in der weltgrößten einschlägigen Prozession einen angeblichen Blutstropfen Jesu durch Stadt und Flur schaukeln.

Diesen seit dem Mittelalter exerzierten Blutritt nimmt der Regisseur, einst Internatsschüler im örtlichen Kloster, zum Anlass für das Sittenbild einer Gegend, in der tief religiöses Brauchtum und moderner Menschenverstand ganz selbstverständlich korrespondieren.

Die Bilder von dem Spektakel bilden den Rahmen einer Hand voll Porträts von Menschen, die direkt oder indirekt daran beteiligt sind: vom tierlieben Metzger, dem der anstehende Pilgeransturm Überstunden beschert, bis zum Klosterbruder, der mit sanftmütigem Dauergrinsen erzkatholische Propaganda absondert. Diese Leute sind zwar meistenteils fromm, andererseits Cleverle genug, nicht mehr als dem Standort Oberschwaben gut täte von sich und ihrer Welt preiszugeben.

So bleibt diese Gesellschaftsstudie doch sehr an der friedfertigen Oberfläche ? besonders, wenn man sie mit anderen aktuellen Provinz-Dokus wie „Allein unter Heteros? oder „Schotter wie Heu? vergleicht.