Spähgerät auf dem Schulhof

Die Dußlinger Anne-Frank-Schule wird in der Nacht per Video-Kamera überwacht

Ziemlich einzigartig: Auf dem düsteren Gelände seiner Anne-Frank-Schule will Dußlingen eine Video-Kamera installieren. Alle Gemeinderäte sind dafür.

22.10.2016

Von Eike Freese

Die Dußlinger Anne-Frank-Schule wird in der Nacht per Video-Kamera überwacht

Der Schulhof der Dußlinger Anne-Frank-Schule soll künftig mit einer Videokamera überwacht werden. Die Gemeinderäte beauftragten die Verwaltung am Donnerstag einstimmig, entsprechende Pläne weiterzuverfolgen. Einmal installiert, soll das Gerät zunächst einen kleinen, kaum von Außen einsehbaren Bereich von rund 20 mal 20 Metern im inneren Schulhof von 18 Uhr am Abend bis 6 Uhr am Morgen beobachten. Daten sollen nicht auf einen Monitor übertragen und nach 48 Stunden automatisch gelöscht werden. Eingesehen werden sollen die Bilder nur dann, wenn Straftaten auf dem Schulhof verübt wurden.

Hintergrund der Entscheidung ist ein Antrag der Freien Wähler aus dem vergangenen Frühjahr. Die Anne-Frank-Schule hat – wie nicht wenige andere Schulen auch – mit teils massiver Sachbeschädigung zu kämpfen. Zur Vorbereitung auf die Entscheidung am Donnerstag hatte die Gemeindeverwaltung ein eindrucksvolles Dossier von nächtlichen Schäden und Vermüllung zusammengestellt. Das Rathaus um Bürgermeister Thomas Hölsch stellt sich hinter die Überwachungs-Pläne: „Wir wollen den Leuten, die das machen, zeigen, dass es uns ernst ist“, so Thomas Hölsch: „Sonst haben wir dort irgendwann einen rechtsfreien Raum.“

Obwohl – oder gerade weil – die Anne-Frank-Schule absolut zentral in der Ortsmitte liegt, ist sie zum regelmäßigen Treffpunkt von kleinen oder größeren Partygemeinschaften geworden. Auch als Ort verabredeter Prügeleien soll sie schon hergehalten haben. „Das sind Phänomene, die unsere Jugendarbeit oder unser Gemeindevollzugsdienst nicht abstellen kann“, so Hölsch.

Die Diskussion unter den Gemeinderäten über die Überwachungs-Pläne war durchaus lebhaft, wenn auch wenig kontrovers. Renate Schelling (SPD) gab zwar zu Protokoll, sie habe „Vorbehalte“, angesichts der zahlreichen Sachbeschädigungen „gleich zur Kamera-Keule zu greifen“. Doch auch sie stimmte am Ende für eine Testphase mit einem Spähgerät auf dem Schulhof.

Als großer Fürsprecher der Kamera zeigte sich FWV-Sprecher Klaus Zürn, dessen Fraktion den ursprünglichen Antrag gestellt hatte. Zürn zählte auf, wie viel Schaden – er geht in die Zehntausende – in letzter Zeit rund um die Schule angerichtet wurde. Und sprach sich für mehr Überwachung aus, als jetzt von der Verwaltung geplant. „Ich würde den Bereich, den die Kamera aufzeichnet, größer fassen“, so Zürn: „Und ich würde sie den Tag lang durchlaufen lassen.“

Einig waren sich die Gemeinderäte darüber, dass die Videoüberwachung das Problem nicht an der Wurzel packt. Zerstörungsfreudige Heranwachsende finden in Dußlingen Plätze genug, um ihrer Leidenschaft zu frönen. „Gegebenenfalls verlagert sich das Problem – und zwar nicht weit weg“, schätzt DWV-Sprecher Harald Müller. „Gleich nebenan bauen wir zum Beispiel zwei Hallen, da kann dann Ähnliches passieren.“ SPD-Rat Philip Broser, beruflich als Arzt jahrelang in England tätig, hatte dort „positive Auswirkungen auf die Zivilgesellschaft“ durch Kamera-Überwachung ausgemacht.

Auf Anregung von Gemeinderat Gerrit Matthis (Grüne) soll nach einer einjährigen Testphase geprüft werden, ob die Kameraüberwachung etwas bringt. Mögliche Fragen: Nehmen die Sachbeschädigungen im Schulhof und drumherum ab? Und können mögliche Täter durch die Kameraüberwachung überhaupt identifiziert und sanktioniert werden?

Wo, wann und wie soll überwacht werden?

Ziel der Überwachung ist ein rund 20 mal 20 Meter großes Feld im inneren Schulhof neben dem Sportfeld. Nach Rücksprache mit dem Landesbeauftragten für Datenschutz und der Schulleitung will die Verwaltung die Kamera spät, von 18 bis 6 Uhr, laufen lassen. Sofern an der Schule noch Aktivitäten laufen (Vereine, Elternabende, Feste) wird die Kamera erst später eingeschaltet. Die Bildersollen sieben Tage lang gespeichert, aber nur für Ermittlungen bei konkreten Taten „von erheblicher Bedeutung“ auf dem Schulgelände eingesehen werden können. Ton soll nicht aufgezeichnet werden. Zugriffsberechtigt soll ein Beschäftigter des Rathauses sein. Wer auf den Bildern identifiziert wird, soll darüber unterrichtet werden.

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Erstellt:
22.10.2016, 08:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 49sec
zuletzt aktualisiert: 22.10.2016, 08:00 Uhr

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