Modellbau

Die Horber Innenstadt im Keller

Alois „Alo“ Rasch hat das Bahnhofsareal im Maßstab 1:500 in seinem Hobbyraum stehen. Allerdings stehen dort das Post- und das Backsteingebäude noch.

02.01.2017

Von Gerd Braun

„Alo“ Rasch mit seinem ersten Modell, der Spielzeuglok, Modell R890, mit Tender und Esso-Tankwaggon von Märklin. Sie steht nach rund 65 Jahren noch immer voll funktionstüchtig in seinem Hobbykeller, wo ihn seine Frau Monika „in Ruhe werkeln“ lässt.Bild: Kuball

„Alo“ Rasch mit seinem ersten Modell, der Spielzeuglok, Modell R890, mit Tender und Esso-Tankwaggon von Märklin. Sie steht nach rund 65 Jahren noch immer voll funktionstüchtig in seinem Hobbykeller, wo ihn seine Frau Monika „in Ruhe werkeln“ lässt.Bild: Kuball

Zuletzt hat „Alo“ Rasch nicht mehr ganz Schritt gehalten mit den Baufortschritten in der Stadt. Das Kaufland hat er auf der gut fünf Quadratmeter großen Grundplatte noch aufgebaut, und auch der Flößersteg existiert bereits.

Der besondere Anblick von der Christophorusbrücke über den Neckar aus hinüber zu den Bahngleisen entspricht indes nicht mehr dem tatsächlichen im 150. Jahr der Horber Anbindung an das Bahnnetz. Vor allem fehlen die inzwischen grau aufragenden Betonmauern des derzeit in seiner Entstehung befindlichen Einkaufszentrums. Auf etwa Ende Oktober 2007 schätzt Rasch das vorläufige Ende seiner Bautätigkeit, und deshalb steht auf der Anlage auch noch das Backsteingebäude nebst den benachbarten Postgebäuden.

Damit die Modellbau-Anlage dem original Horb so detailgetreu ähnelt, hat der 73-Jährige sich sehr viel kleingliedrige Mühe gegeben. Mit dem Fotoapparat ist er vor Jahren sonntagmorgens durch Horb marschiert, hat die ganzen Gebäude festgehalten und maßstabsgetreu – 1:500 – ausgedruckt. So kam Leben auf die Platte nach dem eher nüchternen Start mit blanken Häuschen aus Materialien wie Acrylglas, verschiedenen Kunststoffen oder anderem, was Architekten bei solchen Modellen zur Veranschaulichung von städtebaulichen Konzepten gerne verwenden. Für Rasch waren die Gebilde zunächst nonchalant ausgedrückt „Gipsbebbele“ oder auch „Holzbriegele“, die er zum detailgetreuen Nachbau des Bahnhofsareals und Teilen der angrenzenden Innenstadt machte, indem er die ausgedruckten Fassaden darauf klebte.

In nördlicher Richtung endet das Modell in der Schillerstraße, südlich geht‘s bis kurz hinter dem Kreisverkehr beim Aldi. Und in der entgegengesetzten Richtung können die Modellautos noch die Bahnbrücke Richtung, beziehungsweise aus Richtung Autobahn queren. Dort hat „Alo“ Rasch übrigens auch gleich einmal einen hübschen Stau aus Fahrzeugen hingebaut – nicht ohne Grund: „Ich hab‘ halt wollen, dass die Bruck‘ kommt“, sagt der ehemalige städtische Angestellte im Fachbereich Stadtentwicklung/Grundstücksverkehr.

Im Rathaus nahm im Jahr 2002 auch alles seinen Lauf. Dort war das sachliche, die Entwicklung des Bahnhofsareals abbildende Modell seinerzeit aufgebaut. Rasch stand davor und schaute sich das Ganze an – als der damalige Oberbürgermeister Michael Theurer zu ihm herantrat und meinte: „Schön, gell?“ Rasch stimmte nur bedingt zu. Ihm als leidenschaftlicher Hobby-Modellbauer fehlten da Züge oder zumindest Gleise.

Bautätigkeit nach Feierabend

Ja, wenn er dies gestalten könne, meinte Theurer Rasch gegenüber, so möge er loslegen. Und das machte der Bildechinger, der in der Stadt ja auch als einer der großen Identifikationsfiguren des Horber Fußballs bekannt ist, auch umgehend. Üblicherweise nach Feierabend. Eines Tages drohte das verfeinerte Modell dann irgendwo auf dem Speicher des Horber Rathauses zu verstauben. Es sollte einer Ausstellung Platz machen.

Als der zuständige Kollege dies auch Rasch mitteilte, entgegnete er sinngemäß spontan dies: „Ha, spennsch? Do steckt an Haufa Zugmat‘real von mir dren.“ So einigte man sich darauf, dass der 73-Jährige das Modell vorläufig bei sich im Keller lagert. Mit Martin Dörrs „Pritschenwägele“ transportierte der Modellbauer die Platte dann zu sich nach Bildechingen. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch – auch weil es für ihn etwas ganz besonders bleibendes ist – wurde Alois Rasch das Modell 2004 zum Abschied in dessen Ruhestand hochoffiziell überlassen. „Dann hatte ich endlich Gewissheit, das Modell behalten zu dürfen“, sagt der Uwe-Seeler-Fan, der im Keller neben einem Fußball-Zimmer eben auch seinen Modellbau-Raum mit mehreren Anlagen von Spur Z bis HO hat.

Modellbau ist „Alo“ Rasch als Sohn eines Bahn-Mitarbeiters gewissermaßen in die Wiege gelegt worden, und schon in frühen Jahren pflegte Rasch selbst mit dem Nachtzug von Zürich nach Hamburg, der passenderweise in Horb Halt machte, gerne in seine geliebte Hansestadt zur Verwandtschaft zu fahren. Zum siebten oder achten Geburtstag – Rasch weiß es selbst nicht mehr ganz genau –, hat er als erstes Sammlerstück die Lok, Modell R890, mit Tender und Esso-Tankwaggon von Märklin bekommen. „Des hat damals ein Schweinegeld gekostet“, weiß Rasch, der das Fahrzeug noch immer pfleglich im Keller stehen hat. Auch der Antrieb, der sich mit einem Schlüssel manuell aufziehen lässt, funktioniert noch tadellos.

Seine erste Anlage baute Rasch nach der Geburt des ersten Sohnes Thomas, den es beruflich allerdings dann in die Automobilbranche verschlagen hat. Seinem Hobby bleibt Alois Rasch dennoch treu, auch wenn er seit geraumer Zeit nicht mehr ganz so zum Weiterbasteln kommt.

Als er vor kurzem übers Wochenende wieder mal in Hamburg weilte, war es dem Bildechinger dennoch ein Anliegen, das dortige Miniatur-Wunderland zu besuchen. „Da kriegst Du ja Komplexe, wenn Du sagst, Du bist auch Modellbauer“, sagt Rasch bewunderungsvoll über die Baukunst der dortigen Macher. Das Horber Werk von Rasch kann sich aber auf jeden Fall auch sehen lassen.