Astronautin: Für zwei Wochen ins All

Die Ingenieurin Lisa Maria Haas will mit einer privaten Initiative in den Weltraum fliegen

Begonnen hat alles mit den Naturphänomene-Unterricht in der fünften Klasse am Metzinger Dietrich Bonhöffer-Gymnasium – seither interessiert sich Lisa Maria Haas für Naturwissenschaften. Während der Schulzeit machte sie bei den „Jugend forscht“-Wettbewerben mit, anschließend studierte sie Physik in Heidelberg.

09.03.2017

Von Michael Frammelsberger

Wer Astronautin werden will, zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Daher gab es auch eine Pressekonferenz zum Thema bei Haas Arbeitgeber, dem Reutlinger Bosch-Werk. Bild: Franke

Wer Astronautin werden will, zieht viel Aufmerksamkeit auf sich. Daher gab es auch eine Pressekonferenz zum Thema bei Haas Arbeitgeber, dem Reutlinger Bosch-Werk. Bild: Franke

„Als die ESA 2009 das letzte Mal Astronauten gesucht hat, hatte ich gerade meine Diplomarbeit in der Hand“, erzählt Haas. Damals war sie zu jung für die Auswahl zur Raumfahrerin, daher promovierte sie erst und ging später in die Industrie. Inzwischen arbeitet die in Nürtingen geborene und in Riederich aufgewachsene Ingenieurin bei Bosch in Reutlingen und entwickelt Sensoren für Smartphones und Tabletts.

Als Wissenschaftlerin sei sie immer neugierig und wolle den Dingen auf den Grund gehen, erklärt Haas. Daher will sie auch ins All. Das Astronautinnen-Projekt habe sie deshalb direkt super gefunden. „Irgendwann werden die Menschen die Erde verlassen und auf Langzeitmissionen gehen“, glaubt die Physikerin. Dafür sei aber noch viel Forschung notwendig; zum Beispiel wisse man kaum etwas über den Flüssigkeitshaushalt einer Frau in der Schwerelosigkeit.

Von ihrer Familie wird Haas bei ihrer Bewerbung als Astronautin unterstützt. Natürlich habe sie sich gefragt, ob man diesen Schritt mitten im Berufsleben wagen soll, erzählt die 33-Jährige. Immerhin hat sie zwei Kinder, sie und ihr Mann sind voll berufstätig. „Ich bin mit meinem Job auch voll zufrieden und habe eine gute Work-Life-Balance“, sagt Haas. Die Chance um sich einen Lebenstraum zu erfüllen, wollte sie sich aber trotzdem nicht entgehen lassen. „Mach dir keine Sorgen“, hätten ihre Eltern gesagt. Sie werden sie bei der Kinderbetreuung unterstützen.

Wichtig ist Haas ihre Vorbildfunktion. „Eine Astronautin hätte enormen Signalcharakter“, sagt sie. Die Ingenieurin will Mädchen und junge Frauen für naturwissenschaftliche Fächer motivieren. Aus dem Weltraum möchte sie gerne eine Physikstunde live auf die Erde übertragen. Damit will Haas bei anderen die Neugier wecken, die sie selbst bei naturwissenschaftlichen Themen packt. „Ein bisschen Abenteuerlust und Pioniergeist ist schon mit dabei“, sagt sie über ihren Traum von der Raumfahrt.

Wenn sich Haas bei der Astronautinensuche durchsetzen kann, würde sie bei einem Flug ins All vor allem frische Luft vermissen. Geplant sind 10 bis 14 Tage im All. Ihre Chancen auf das Weltraumticket schätzt die Ingenieurin „auf genau 33 Prozent“. Das Auswahlverfahren sei nicht wie eine Castingshow, sondern eher wie ein normales Bewerbungsverfahren mit Assessment Center und persönlichen Gesprächen. „Wir stehen alle mitten im Berufsleben“, sagt sie über die anderen Bewerberinnen. Daher gebe es keine Konflikte, Teamfähigkeit sei auch besonders wichtig für Astronauten. Außerdem könne man das Ergebnis auch nicht so stark beeinflussen, „man ist eben gesund oder nicht“. Die Tests orientieren sich am Verfahren der Raumfahrtagentur ESA. „Da wird jede Zelle durchgecheckt“, sagt Haas.

Dass das Raumfahrtprojekt an der Finanzierung scheitern könnte, glaubt Haas nicht. Sie hofft, dass es genügend Sponsoren gibt, denen die Signalwirkung wichtig ist. „Deutschland ist das Land der Wissenschaftler und Ingenieure“, sagt sie „Dafür brauchen wir Nachwuchs und der braucht Vorbilder.“

Deutschland sucht die erste deutsche Astronautin

Elf deutsche Männer waren bereits im All - aber noch keine Frau. Das Projekt „Die Astronautin“ will das bis 2020 ändern. Initiiert wurde es von Claudia Kessler, sie ist Geschäftsführerin eines privaten Raumfahrtunternehmens. Unterstützt wird es von Vertretern aus Wissenschaft, Politik und Wirtschaft.

Rund 400 Frauen haben sich als Astronautin beworben, 90 von ihnen wurden zum medizinisch - psychologischen Auswahlverfahren des Deutschen Zentrums für Luft - und Raumfahrt eingeladen. Am 19. April soll aus den sechs verbliebenen Bewerberinnen zwei ausgewählt werden. Beide sollen zur Astronautin ausgebildet werden, eine schließlich ins All fliegen.

Die ersten Trainings kosten mindestens 50 000 Euro, sie sollen per Crowdfunding, also private Spenden, finanziert werden. Die Astronautin soll etwa zwei Wochen auf der internationalen Raumstation ISS verbringen, wie sie ins All kommt ist aber noch offen. Möglich wäre ein Mitflug mit einer russischen oder amerikanischen Rakete – ähnlich wie zuvor Weltraumtouristen. Für Flug, Aufenthalt und Training werden 30 bis 50 Millionen Euro benötigt. Finanzieren sollen das Sponsoren. Ob das klappt, ist offen.

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Erstellt:
09.03.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 58sec
zuletzt aktualisiert: 09.03.2017, 01:00 Uhr

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