Sind Behinderte die besseren Menschen? Die schwarze Komödie aus Norwegen macht solchen Vorurteilen den Garaus.

Die Kunst des negativen Denkens

Sind Behinderte die besseren Menschen? Die schwarze Komödie aus Norwegen macht solchen Vorurteilen den Garaus.

23.11.2015

Von che

Kein Erfolg im Beruf? Stress in der Beziehung? Von Krankheit zermürbt? Keine Bange ? mit „positivem Denken? lassen sich alle Sorgen im Nu aus der Welt schaffen. Allein in Deutschland preisen Zehntausende Internetseiten die Heilslehre an, und in dem norwegischen Film hat es die Gruppentherapeutin Tori tatsächlich geschafft, aus ihren teils schwer behinderten, teils bloß hypochondrischen Patienten eine Sekte von Glücksgläubigen zu formen.

Ihr neuester Fall, in dessen Heim sie mitsamt ihren Schützlingen einrückt, ist allerdings eine ganz harte Nuss. Seit dieser Geirr im besten Mannesalter an den Rollstuhl gefesselt wurde, gefällt er sich als selbstmitleidiger Stinkstiefel, vegetiert den ganzen Tag im dunklen Kabuff vor Kriegsfilmen oder betäubt sich mit Dope. Alle Appelle, sich sein Schicksal schönzureden, perlen an diesem Kotzbrocken ab. Schlimmer noch: Mit seiner destruktiven Energie steckt er alsbald die gesamte Selbsthilfe-Gruppe an. Binnen Stunden brechen die vom Feelgood-Terror bloß notdürftig übertünchten Konflikte, vor allem zwischen Behinderten und Nichtbehinderten, mit Wucht hervor.

Im Kern geht es in diesem Psycho-Kammerspiel um sehr ernste Dinge wie Manipulations-Strategien, therapeutisch bemäntelten Machtmissbrauch und zwischenmenschliche Heuchelei. Und um die bittere Wahrheit, dass der Zwang zum positiven Denken jede ehrliche Gefühlsregung verkümmern lässt.

Trotzdem ist der Film über weite Strecken eine Komödie, wenngleich eine ziemlich schwarze. Ein Gutteil der Gags geht aufs Konto der verbalen Watschen, mit denen der vom eigenen Sarkasmus zunehmend berauschte Geirr die Sozialdompteuse erst zur Weißglut treibt und dann in die Flucht schlägt. Da die Wortscharmützel allmählich in ein Tohuwabohu aus Sex & Drugs & Rock?n?Roll übergehen, gibt es aber auch viel Raum für teils grelle Situationskomik.

Politisch unkorrekt, wie in manchen Kritiken zu lesen steht, ist das aber nicht. Zwar hat man anfangs noch den Verdacht, Regisseur Bård Breien wolle das Klischee vom herzensguten Behinderten mit Gewalt auf den Kopf stellen ? am Ende ist aber alles wieder im Kino-bewährten Lot. Die dazwischen liegende Nacht der langen Joints und Messer macht jedoch richtig Lust auf destruktives Denken

Die Kunst des negativen Denkens