Adidas-Speedfactory produziert vollautomatisch in Deutschland

Die Maschine für die schnellen Schuhe kommt von der Reutlinger Manz AG

Bis ein Kunde den Adidas-Schuh selbst gestalten kann, ist es noch ein weiter Weg. Die Speedfactory ist ein erster Schritt dahin und animiert zu Visionen.

25.09.2016

Von CAROLINE STRANG

Da hängt der Schuh: Ein Einblick in die Test-Speedfactory von Adidas in Ansbach.? Foto: Adidas Group

Da hängt der Schuh: Ein Einblick in die Test-Speedfactory von Adidas in Ansbach.? Foto: Adidas Group

Ansbach/Reutlingen. Am Ende steht ein Schuh. Es ist ein besonderer Schuh. Er ist von Adidas. Er wurde nicht in Asien, sondern in Deutschland produziert; und zwar vollautomatisch in digital gesteuerten Prozessen. Und er kann – irgendwann in der Zukunft – nach dem persönlichen Geschmack des Kunden gefertigt werden. Losgröße: 1 Stück.

Möglich macht das die Automatisierung der Herstellungsprozesse – und die Speedfactory. Die erste der Fabriken, die das Wort Geschwindigkeit schon im Namen trägt, steht im mittelfränkischen Ansbach und wird von der Oechsler AG betrieben. Keine Nähmaschinen rattern hier, Roboterwagen fahren und Maschinen schneiden Stoffe automatisch zu. Aus dem Pilotprojekt, das 2016 noch 500 Paar Laufschuhe als Prototypen produzieren soll, wird mehr werden.

„Die neue Speedfactory wird 2017 auf insgesamt 4600 Quadratmeter in die Serienproduktion starten. Mit der Fertigstellung unserer neuen Stätte, werden die bereits existierenden Maschinen aus der Pilotfabrik in die neue Fabrik umgezogen und in die neuen Produktionslinien integriert“, sagt Adidas-Pressesprecherin Katja Schreiber.

Außerdem soll 2017 eine Fabrik im US-amerikanischen Atlanta entstehen. „In jeder der beiden Speedfactories sollen mittel- bis langfristig jeweils 500?000 Paar Schuhe hergestellt werden.“ Das ist nicht das Ende der Vision. An verschiedenen Orten der Welt soll ein ganzes Netzwerk entstehen, das miteinander kommuniziert „im Hinblick auf verschiedenste Komponenten wie Produktion, Trends, Produktverfügbarkeit“.

Wenn die Pressesprecherin über die Vorteile des Projekts redet, wird die Sprache erst recht visionär. Sie ist sich sicher: „Die Zukunft beginnt jetzt. Vorbei sind die Zeiten mit langen Vorlaufzeiten, Produkten und Materialien, die über Kontinente hinweg verschifft werden müssen, und das Konzept einer zentralisierten, konventionellen Fertigung.“

Bisher sei die Sportartikelbranche in erster Linie von der Produktion in Asien abhängig gewesen. Nun sei es an der Zeit, neue Wege zu gehen. Dazu gibt es nun die Speedfactories, die sich laut Schreiber mit einer neuen Ära der Fertigung befassen, „in der modernste Informations- und Kommunikationstechnologien mit industriellen Fertigungsprozessen, innovativen Produkten und komplexen elektronischen Dienstleistungen kombiniert werden.“ Ziel sei es letztlich auch, die Entwicklung autonomer Systeme voranzutreiben, um Deutschland als führenden Industriestandort für neue und zukunftsweisende internetbasierte Technologien zu etablieren. Ein Grund, warum das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert wird.

Das glaubt ebenfalls an die Zukunftsfähigkeit der Speedfactories, die unter anderem die Fertigung in örtlicher Nähe zum Kunden ermögliche und damit eine schnelle Zulieferung. „Im Gegensatz dazu beträgt allein der Zeitaufwand für den Schiffstransport von in Asien gefertigten Sportschuhen heute mehrere Wochen“, sagt eine Ministeriumssprecherin. Die Verkürzung der Logistikwege trage insgesamt zur Verbesserung von Wirtschaftlichkeit und Effizienz bei, auch unter Umweltgesichtspunkten.

Das Projekt Speedfactory eröffne damit grundlegende Möglichkeiten, verlorene Produktion nach Deutschland zurückzuholen. Das betont auch Adidas. Auf die Frage, ob in einer solch automatisierten Fabrik weniger Mitarbeiter nötig sind als in einer klassischen Produktionshalle, verweist die Pressesprecherin auf die neu entstehenden Jobs. „In jeder unserer Speedfactories werden jeweils 160 Menschen beschäftigt sein. Damit schaffen wir neue Jobs, die in diesen Ländern gegenwärtig noch nicht existieren.“

Die Maschinen für die Speedfactories, also das Kernstück, liefert ein Hersteller aus Baden-Württemberg: die Manz AG aus Reutlingen. Schon seit fünf Jahren, erklärt Axel Bartmann, Leiter der Unternehmenskommunikation, habe man eine spezielle Technologie, die „Patch Placement Technologie“, entwickelt. Patch heißt soviel wie Flicken. Er verdeutlicht deren Vorteil: „Stellen Sie sich einen Fahrradsattel vor. Man kann die benötigte Form dafür aus einem Quadrat ausschneiden. Dann hat man viel Verschnitt. Mit unserer Technologie setzt man kleine Teile aneinander, die dann die Form ergeben. Da entsteht kein Verschnitt.“ Das spart Rohstoffe und damit Kosten.

Adidas war von dieser Technik überzeugt und entwickelte sie zusammen mit Manz weiter. Eine „tolle Sache“ für Bartmann. „Es ist schon etwas besonderes, wenn man eine Technologie entwickelt und dann mit einem so renommierten Kunden daran weiterarbeiten kann.“ Den Aspekt 4.0 erklärt er so: „Im Prinzip werden Kundenwünsche in Produktionsdaten übersetzt und damit der Prozess in der Fabrik losgetreten.“

Für den Sportausrüster Adidas wird es möglich, Produkte näher am Kunden zu entwickeln, ist sich Schreiber indes sicher. Das sei ein „erster wichtiger Schritt auf dem Weg zur langfristigen Vision, unseren Konsumenten individualisierte und auf ihre Wünsche zugeschnittene Produkte bieten zu können“.

Warum das so wichtig ist, begründet sie mit der sich stets verändernden Welt. Das präge Verhalten und Erwartungen der Menschen. „Sie wollen Neuartiges und das sofort – ohne Kompromisse.“ Adidas sei auf dem Weg dorthin. Und gibt sich selbstbewusst. Denn: „Als Sportmarke wissen wir: Schnelligkeit siegt.“

Gefördertes Projekt

Digitalisierung Gefördert wird das Projekt vom Bundeswirtschaftsministerium – mit 3,6 Mio. €. Unter Einbeziehung der Eigenanteile der geförderten Partner belaufen sich die Gesamtkosten des Vorhabens auf 6,3 Mio. €. Speedfactory ist Teil von „Autonomik für Industrie 4.0“. Dieses Programm hat laut Ministerium große Wissens- und Erfahrungsbestände für Industrie 4.0 in Deutschland aufgebaut. In den Forschungs- und Entwicklungsprojekten wurden grundlegende technologische und sozio-ökonomische Erkenntnisse gewonnen. ?cast

Zum Artikel

Erstellt:
25.09.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 32sec
zuletzt aktualisiert: 25.09.2016, 01:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter Prost Mahlzeit
Sie interessieren sich für gutes und gesundes Essen und Trinken in den Regionen Neckar-Alb und Nordschwarzwald? Sie wollen immer über regionale Gastronomie und lokale Produzenten informiert sein? Dann bestellen Sie unseren Newsletter Prost Mahlzeit!