Polizei: Es war keine sexuelle Straftat

Die Polizei ermittelt gegen einen Grabscher bei der Mallorca-Party wegen Beleidigung /Chef der Kultu

Am Samstagabend kam es in der Empfinger Tälesee-Halle am Rande der Mallorca-Party nach Zeugenaussagen neben Schlägereien auch zur Belästigung junger Frauen (die SÜDWEST PRESSE berichtete am Montag). Gestern nun teilte die Pressestelle des Polizeipräsidiums Tuttlingen dieser Zeitung mit, dass gegen einen Mann wegen Beleidigung, nicht aber wegen einer sexuellen Straftat ermittelt wird. Außerdem äußerste sich gestern Thomas Joachim, der Vorsitzende der Kulturgemeinschaft ,als Veranstalter der Party zum Abend – und möglichen Folgen.

06.04.2016

Von Reinhard Seidel

Die Polizei ermittelt gegen einen Grabscher bei der Mallorca-Party wegen Beleidigung /Chef der Kultu

Empfingen. Michael Aschenbrenner, er ist der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Tuttlingen, ging zunächst nochmals auf die Anzeige einer 19-jährigen Frau ein. Diese sei gegen 23.30 Uhr im Raucherbereich der Halle von einem ihr unbekannten Mann mit langem Vollbart angefasst worden. Der Verdächtige, so Aschenbrenner, habe ihr das T-Shirt hochgezogen, um ihren bekleideten Po anschauen zu können.

Dies könne nach dem Stand der Ermittlungen als „sexuell motivierte Beleidigung“ oder „sexuelle Belästigung“ bewertet werden. Aber nicht als sexuelle Straftat. Eine sexuelle Nötigung oder gar ein sexueller Missbrauch lägen hier nicht vor, weil dessen Tatbestandsmerkmale fehlten. Anders hätte es sich verhalten, wenn der Mann die Frau irgendwohin gezogen oder massiv angefasst hätte. Er habe der Frau aber weder gedroht, noch Gewalt angetan.

Gestern war der Sachbearbeiter, der in Horb den Fall betreut, nicht im Revier. Deshalb konnte Aschenbrenner nicht sagen, ob das Gerücht stimmt, dass mittlerweile drei, vier weitere Frauen Anzeigen erstattet hätten. Vorsichtig drückt sich Aschenbrenner auch bei der Frage aus, ob der Mann die Frau mit albanischen Schimpfwörtern beleidigt habe. Aschenbrenner: „Es gibt offenbar die Aussage eines Zeugens, der angeblich die albanische Sprache herausgehört hat.“

Ebenso zurückhaltend äußerte sich der Polizeisprecher bei der Frage, ob der Beschuldigte Teil einer Gruppe junger Männer war. „Es soll entsprechende Zeugenhinweise geben“, antwortete Aschenbrenner.

Thomas Joachim, der Vorsitzende der Empfinger Kulturgemeinschaft äußerte sich gestern ausführlich gegenüber der SÜDWEST PRESSE. Seit 2007 veranstaltet sein Verein in nahezu unveränderter Form die Mallorca-Party. Zuerst beim Frühlingsfest im Festzelt, später in der Tälesee-Halle. Und seit einigen Jahren arbeite man mit dem Sicherheitsdienst „Swat“ aus Deißlingen zusammen. Das besondere an dem Unternehmen sei, dass dessen Mitarbeiter eine adäquate Ausbildung und ein tadelloses Führungszeugnis besitzen müssten.

In der Halle seien, so schätzt Joachim, etwa 500 Gäste gewesen. „Swat“ sei mit sechs Sicherheitskräften und einer Praktikantin vor Ort gewesen. Sie hätten am Eintritt die Besucher und deren Alter kontrolliert. Es wurden farblich verschiedene Armbänder für junge Leute unter und über 18 Jahren verteilt. Swat habe auch dafür gesorgt, dass die noch nicht Volljährigen vor Mitternacht die Halle verlassen mussten. Die Sicherheitsleute hätten zudem regelmäßig Patroulliengänge gemacht, auch im Raucherbereich. Sie hätten aber die Order gehabt, zwar präsent, aber nicht aufdringlich zu sein, oder gar jemanden zu provozieren.

Thomas Joachim, der Samstagnacht bis gegen 2 Uhr in der Halle war, sei nicht aufgefallen, dass junge Frauen von einer Gruppe Männer angegrabscht worden seien. Er versteht nicht, warum weder der Veranstalter, noch die Sicherheitsdienstler, die auffällige Kleidung trugen, über etwaige Belästigungen informiert worden waren. „Wenn so etwas passiert, dann gehe ich doch zur Security oder zum Veranstalter, bevor ich mit dem Handy die Polizei anrufe. Was soll ich dann als Veranstalter tun?“

Joachim hofft, dass die Vorfälle restlos aufgeklärt werden, damit der Verein, die richtigen Schlüsse, daraus ziehen kann. Denn: „Wer bei uns Gast ist, soll sich als Gast fühlen und sicher sein.“

Sicherheit – aber keinen Generalverdacht

Für Joachim bleiben Fragen unbeantwortet. Woher kamen die Jungs, welche die jungen Frauen belästigt haben. Was ist im Detail tatsächlich passiert? Denn außer dem Polizei- und den Zeitungsberichten hatte Joachim gestern keinerlei weitere Informationen.

Für ihn ist es keine Lösung, größere Veranstaltungen künftig nicht mehr zu machen und auf kleinere zu setzen. Dennoch weiß er noch nicht, ob es die Mallorca-Party nochmals geben wird. Wenn nicht, dann eventuell aber aus einem anderen Grund. Der Verein hatte mit einem Drittel mehr, wenn nicht sogar mit doppelt so vielen Besuchern gerechnet. „Aufwand und Nutzen müssen in Einklang stehen, wenn dies nicht der Fall ist, dann muss die Veranstaltung – unabhängig der Vorfälle – aus einem anderen Grund gestrichen werden.“

Einen Schluss zieht Thomas Joachim schon fürs nächste Jahr. Im Februar sind zum 66. Geburtstag der Kulturgemeinschaft die „Empfinger Narrentage“ in der Tälesee-Halle und einem Anbau geplant. Hier werde man ein Sicherheitskonzept erarbeiten.

Doch was bleibt als Konsequenz aus den Vorfällen? Mehr Security? Joachim hat hier noch keine Lösung parat. Eines möchte er auf jeden Fall nicht: „Jeden, der einen langen Bart trägt, unter Generalverdacht stellen.“

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Erstellt:
06.04.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 06.04.2016, 01:00 Uhr

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