Sudhaus-Erweiterung: Statt Parkhaus eine Parkterrasse
Die Stadt hat die Pläne überarbeitet und steuert auf einen tragfähigen Kompromiss zu
Das könnte der Durchbruch sein: Lange schon kämpft das Sudhaus um einen größeren zentralen Veranstaltungssaal. Zuletzt stellte sich neben lärmgeplagten Anwohnern das Regierungspräsidium quer. Jetzt scheint eine Gesamtlösung in Sicht.
Tübingen. Gestern im Ortsbeirat, am kommenden Montag im Planungsausschuss, in drei Wochen im Gemeinderat: Jetzt dürfte es schnell gehen mit dem Vorhaben, das die Stadt und das Sudhaus schon quälend lange beschäftigt. Das dürfte auch im Sinne des Gemeinderats sein, der das Projekt auf die Prioritätenliste gesetzt hat.
„Das Signal ist: das ist politisch gewollt“, freut sich Adalbert Sedlmeier. Das vorliegende Konzept „wird von der Verwaltungsspitze mitgetragen“, begrüßt der Sudhaus-Geschäftsführer, der auch einen großen Vorteil gegenüber den bisherigen Planungen ausmacht: „Es gibt wesentlich mehr Parkplätze als beim ersten Konzept.“
Zur Erinnerung: Der ehrgeizige Sudhaus-Plan, über einen größeren und besser ausgestatteten Saal-Anbau auf dem umkämpften Veranstaltungsmarkt noch konkurrenzfähiger zu werden, wurde nicht allein durch Nachbarschafts-Einwände aus der gegenüberliegenden Gartenstadt erschwert. Das Regierungspräsidium legte sich quer, weil zu wenig geeignete Besucher-Parkplätze vorhanden waren. Deshalb sicherte sich die Stadt eine verbindliche Kaufoption auf ein Nachbargrundstück der Firma TransContor, um dort ein Parkhaus zu errichten. Eine Million Euro sollte es kosten.
Jetzt hat sich herausgestellt, dass auf dem Gelände auch ohne ein Parkhaus 129 Parkplätze längs einer rampenartigen Geländeterrasse untergebracht werden können – ein Stellplatz mehr als die vom Regierungspräsidium geforderte Mindestzahl. Dazu kommen 65 PKW-Stellplätze, die sich bereits direkt an der B 27 befinden, und außerdem noch 60 Fahrradstellplätze.
„Das ist für uns ganz entscheidend wichtig“, sagt Sedlmeier, „dass der überwiegende Teil der Plätze im vorderen Bereich ist.“ Das bedeutet gegenüber der alten Planung weniger Stellplätze hinterm Saal. Es sei gut, dass im Kontakt mit dem RP die Planungen so weit vorangekommen seien, zeigt sich Sedlmeier erleichtert.
Doch selbst wenn der Gemeinderat demnächst das Vorhaben endgültig gutheißt, soll darüber hinaus möglichst vor dem Baugesuch eine gemeinsame Vereinbarung zwischen Stadt, Sudhaus und den Anwohnern getroffen werden. „Natürlich müssen wir Kompromisse mit den Nachbarn eingehen“, weiß Sedlmeier. Knackpunkt sind Anzahl und auch Dauer von – zumeist lärmintensiveren – Party-Veranstaltungen. Es könnte auf nur noch zehn Parties pro Jahr hinauslaufen, signalisiert Sedlmeier – „wenn alle Einsprüche zurückgenommen werden“.
So könnte die überarbeitete Sudhaus-Erweiterung aussehen:
Der Saal hätte künftig 468 Sitzplätze (statt 250) oder bis zu 800 Stehplätze (statt 600), es wäre „aufsteigendes Gestühl mit der Gewähr für gute Blickbeziehungen und beste Akustik auch für weiter entfernte Plätze“ möglich.
Die Bühne wird auf 6 mal 11 Meter vergrößert und mit einer Hinterbühne versehen. Unter dem Saal befinden sich Technik und Lager, Künstler- und Probenräume.
Der neue Eingangsbereich verbindet „in angemessener Weise“ die Toiletten-Ebene mit dem Veranstaltungsbereich.
Der Saal bietet künftig „zeitgemäße und hochwertige“ Veranstaltungstechnik, sie ermöglicht „effektives und wirtschaftliches Arbeiten“. Auch würden „Möglichkeiten für Produktionen geschaffen, die bisher in Tübingen keinen Raum hatten“.
Wesentlich bei der Modernisierung: Es wird auf „Barrierefreiheit aller Flächen“ geachtet. Es gibt einen Personenaufzug im Foyer, schwellenlose Übergänge, eine Induktionsanlage für Schwerhörige.
Veränderungen gegenüber der bereits vor vier Jahren genehmigten Entwurfsplanung ergeben sich unter anderem durch:
Zusätzliche Notausgänge an der Südseite des Saales und an den Künstlergarderoben,
einen weiteren Fluchtweg durch Geländetreppen Richtung Busschleife B27 südlich des Foyers,
eine aufgestockte Lärmschutzwand entlang der B27, um die notwendigen Schallschutzwerte einzuhalten.
5,4 Millionen Euro sind jetzt für das Sudhaus-Projekt veranschlagt, 600 000 Euro davon für die Parkplätze, 46 000 Euro für die höhere Schallschutzwand und 110 000 Euro für „senkrechte und horizontale Abschirmung der Stellplätze“. Bis jetzt sind etwas mehr als 5 Millionen Euro im diesjährigen Haushaltsplan dafür vorgesehen.
Rund 1,8 Millionen Euro werden dabei nicht von der Stadt finanziert. 1,45 Millionen Euro verspricht man sich weiterhin vom Land, das seine bisherige Zusage damit unwesentlich eingeschränkt hat. 181 000 Euro kommen vom Sudhaus, größtenteils von dessen Treuhandkonto, und 178 500 kratzt der Förderverein zusammen. Blieben für die Stadt knapp 3,6 Millionen Euro. Unterm Strich eine Haushalts-Mehrbelastung von 220 000 Euro.
Dem Sudhaus winken später eine „spezifizierte Mieterhöhung“, um einen Teil der Kosten der Veranstaltungstechnik zu refinanzieren. Auch werde später die Miete, an die größere Fläche angeglichen.
Der Zeitplan sieht vor, dass nach einem zügigen Beschluss Ende 2016 mit dem Ausbau begonnen werden soll. Voraussichtliche Fertigstellung wäre danach 2018.
Das ehemalige Waldhörnle, der Deal und das Sudhaus
Das ehemalige Waldhörnle-Gelände neben dem Sudhaus, das die Stadt der Firma TransContor abkauft, umfasst zwei Flurgrundstücke mit knapp 7000 Quadratmetern. Im Gegenzug soll, so der Deal damals, die Firma Pematec des TransContor- Geschäftsführers Reinhold Mauersberger aus städtischem Bestand ein kleineres, sanierungsbedürftiges Haus am Rand der Altstadt erhalten. Außerdem vermittelt die Stadt TransContor eine oder mehrere Grundstücksflächen in einem noch zu erschließenden Baugebiet zum normalen Marktwert. Die Stadt wünscht sich hier zumindest zum Teil sozialen Mietwohnungsbau.
Das frühere Brauerei-Gelände wurde 1988 von der Stadt an den Sudhausverein verpachtet, der wiederum Teile an Künstler und Gewerbe vermietet. In weiteren Räumen, vor allem im Saal, finden Veranstaltungen wie Konzerte statt. Seit 1998 verrechnet ein Pachtvertrag Mietzins und Zuschüsse gegeneinander.