Horb · Fußball

Die Tabellenzweiten mucken auf

Der Württembergische Fußballverband will am heutigen Freitag über den Alternativvorschlag von 33 Vereinen beraten, der auch den Direktaufstieg der jeweiligen Vizemeister vorsieht.

12.06.2020

Von Jürgen A. Klemenz

Die SG Herzogsweiler-Durrweiler steht nach dem Saisonabbruch auf Rang 2 – und hat damit Stand jetzt keine Chance, aufzusteigen.Bild: Ulmer

Die SG Herzogsweiler-Durrweiler steht nach dem Saisonabbruch auf Rang 2 – und hat damit Stand jetzt keine Chance, aufzusteigen.Bild: Ulmer

Gegen Spätnachmittag am heutigen Freitag will der Württembergische Fußballverband (WFV) über eine Alternative zur vorgeschlagenen Auf- und Abstiegsregelung im Falle eines Saisonabbruchs beraten, die von den Vereinen im Verbandsgebiet ausgearbeitet wurde.

Diesen Antrag hat Uwe Vieth vom SV Frommern stellvertretend für 33 Vereine gestellt. Bisher hat der Verbandsvorstand den Delegierten einen Vorschlag für den virtuellen, außerordentlichen Verbandstag in einer Woche vorgelegt, der entweder eine Fortsetzung der Saison ab September oder einen Abbruch zum 30. Juni vorsieht. Bei einem Abbruch sollen nach der sogenannten Quotientenregel nur die Tabellenersten aufsteigen, Absteiger soll es keine geben. Der Alternativvorschlag sieht dagegen vor, dass auch die Tabellenzweiten aufsteigen. Aus dem Nördlichen Schwarzwald haben sich diesem Vorschlag der SV Tumlingen-Hörschweiler und die SG Herzogsweiler-Durrweiler angeschlossen.

„Fragwürdig und nicht fair“

SG-Abteilungsleiter Johannes Leibold hat den Sammelantrag am Dienstag auch an den Bezirksvorsitzenden Edgar Pakai geschickt, mit der Bitte, diesen an die elf Delegierten aus dem Bezirk Nördlicher Schwarzwald des außerordentlichen Verbandstags weiterzuleiten. Leibold hatte sich im Vorfeld mit Vieth ausgetauscht. Der Kontakt mit den anderen Tabellenzweiten lief über das WFV-Postfach, wobei wohl nicht alle Vereine erreicht wurden. Der VfL Nagold, nach der Quotientenregel Zweiter in der Landesliga-Staffel 3, wurde zunächst nicht miteinbezogen. Nagolds Trainer Armin Redzepagic bestätigte am Donnerstag, dass sich der VfL Nagold dem Antrag ebenfalls anschließt.

Johannes Leibold begründet sein Engagement damit, dass „es als Abteilungsleiter meine Aufgabe ist, die Interessen des Vereins zu vertreten. Deshalb unterstützen wir den Antrag.“ Leibold hält den Vorschlag des WFV-Vorstands für die Delegiertenabstimmung für „sehr fragwürdig und sportlich nicht fair.“ Sauer stößt ihm dabei vor allem auf, dass der WFV nach der Stellungnahme von knapp 600 Vereinen zwar angekündigt hat, die dabei gemachten Vorschläge zu prüfen und gegebenenfalls noch Änderungen herbeizuführen, dann aber bei seiner ursprünglichen Position geblieben ist. „Erst wird suggeriert: Eure Meinung ist uns wichtig. Dann aber bleibt alles bei dem vorher gemachten Vorschlag.“

Leibold glaubt nicht, dass der Vorstandsvorschlag sportrechtlich Bestand haben würde, sollte man dagegen klagen. „Aber soweit wollen wir nicht gehen. Es geht ja nicht um Leben oder Tod. Es gibt gerade ganz andere Probleme.“ Aber der Abteilungsleiter verweist darauf, dass nach der Satzung der Tabellenerste aufsteigt und es mindestens auch einen Absteiger geben muss. „Da wäre es besser gewesen, man hätte die Saison ganz annulliert.“

Antrag in Kurzform

Zusammengefasst sieht der gestellte Antrag an den WFV wie folgt aus: Die Saison 2019/20 wird zum 30. Juni beendet. Unter Berücksichtigung der vom Verband vorgeschlagenen Quotientenregelung steigen alle Mannschaften auf direkten Aufstiegsplätzen auf. Ebenso steigen die Mannschaften auf den Relegationsplätzen auf. Absteiger wird es keine geben.

In der Begründung heißt es: „Den Mannschaften auf den Relegationsplätzen, unabhängig in welcher Liga (…), die Aufstiegschance von vornherein zu nehmen, halten wir generell, moralisch und besonders aus sportlichen Gründen nicht für korrekt.“

Auch gegenüber den Mannschaften, die auf Abstiegsplätzen stehen, fühlen sich die Tabellenzweiten ungleich behandelt. Man könne den auf Abstiegsplätzen stehenden Mannschaften nicht Vorteile gewähren, nämlich den Nichtabstieg, und auf der anderen Seite die Relegationsteilnehmer benachteiligen, indem man ihnen die Aufstiegschance nimmt.

Vorbild Schleswig-Holstein

Wörtlich heißt es: „Wenn man als Verband auf Absteiger verzichtet und hierbei nicht den aktuellen sportlichen Stand bewertet, ist es nicht nachvollziehbar, weshalb den Tabellenzweiten keine Aufstiegschance eingeräumt wir, geschweige denn nicht die gleichen Vorteile wie den potenziellen Absteigern ermöglicht werden (…). Dass es durchaus auch andere, und unserer Meinung nach auch etwas gerechtere Lösungen für die aktuelle Situation gibt, zeigt die Regelung anderer Verbände.“

Dabei wird auf den Schleswig-Holsteinischen Fußballverband verwiesen, der neben dem jeweiligen Meister auch den Zweitplatzierten aufsteigen lässt. Auch andere Sportverbände (Handball, Tischtennis) hätten ähnlich Regelungen getroffen.

Dietersweiler geht eigenen Weg

Im Nördlichen Schwarzwald hat sich der SV Dietersweiler, der als Kreisliga A1-Tabellenführer durch die Quotientenregel ganz knapp (Quotient 2,31 zu 2,29) hinter den SV Oberiflingen gerutscht und damit ebenfalls Leidtragender ist, dem Antrag nicht angeschlossen. „Wir würden natürlich gerne aufsteigen, aber wir haben uns mehr darüber aufgeregt, dass es keine Absteiger gibt“, sagt SV-Vorsitzender Albrecht Rauter. Dietersweiler habe sich an der Abstimmung der etwa 600 Vereine beteiligt und eine eigene Stellungnahme abgegeben, aber nie mehr etwas vom WFV gehört.

Beim WFV hat man eine erste Sichtung des fünfseitigen Antrags vorgenommen, über den man am Freitag beraten will. Allerdings beinhalte der Antrag keine neuen Argumente. Schon bei der Videokonferenz am 3. Juni, bei der man den jetzt vorliegenden Vorschlag der Delegiertenkonferenz dargelegt hat, habe man zur Situation der Tabellenzweiten Stellung bezogen. Demnach habe der Tabellenzweite kein Aufstiegsrecht, sondern lediglich eine Aufstiegschance durch die Entscheidungs- und Relegationsspiele.

33 Vereine wollen auch rauf

Den Antrag stellen folgende Vereine:
SV Croatia Reutlingen, TSV Mähringen (beide Bezirk Alb), SV Oberjesingen (Böblingen/Calw), GSV Hemmingen. SV Pattonville, Club L’Italiano Großbottwar, NK Croatia Bietigheim, DJK Ludwigsburg (alle Enz/Murr), TSV Oberensingen, Türk SV Ebersbach, SV Mettingen, SC Uhingen (alle Neckar-Filz), SG Herzogsweiler-Durrweiler, SV Tumlingen-Hörschweiler (beide Nördlicher Schwarzwald), SG Bettringen, SV Jagstzell, 1. FC Stern Mögglingen (Ostwürttemberg), KSV Zrinski Waiblingen, Iraklis Waiblingen (beide Rems/Murr), FC Feuerbach, SV Eintracht Stuttgart, 1. SV Fasanenhof Stuttgart, MK MakedoniaStuttgart, Spvgg Stuttgart-Ost (alle Stuttgart), SGM Massenbachhausen, SV Schluchtern, Spfr. Neckarwestheim, SGM Widdern/Olnhausen, TGV Eintracht Beilstein (alle Unterland), FC 07 Albstadt, TSV Stein, SG Weildorf/Bittelbronn und der TSV Frommern (alle Bezirk Zollern).

Nachträglich hat sich noch der VfL Nagold dem Antrag angeschlossen. Daneben haben 26 Vereine aus dem südbadischen Verbandsgebiet einen eigenen, identischen Sammelantrag gestellt.

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Erstellt:
12.06.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 50sec
zuletzt aktualisiert: 12.06.2020, 01:00 Uhr

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