Wenn das der Mai ‘68 war – lasst ihn bitte im Pariser Erotik-Museum.

Die Träumer

Wenn das der Mai ‘68 war – lasst ihn bitte im Pariser Erotik-Museum.

24.11.2015

Von che

Die Träumer

Revolte, Kino, Sex ? im Pariser Mai 1968, als Arbeiter und Studenten dem Establishment einheizten, war das eine heilige Dreifaltigkeit. So raunt es aus alten Frontberichten, so hat es sich im kollektiven Gedächtnis eingenistet. Bernardo Bertolucci („Der letzte Tango in Paris?) blickt in seinem neuen Film „Die Träumer? noch einmal zurück auf das mythische Dreieck ? ohne ihm jedoch Magie zu entlocken oder gar kritisch auf den Grund gehen zu können.

Die Geschichte beginnt mit der politisch motivierten Schließung der Cinémathèque française, des legendären Pariser Filmmuseums ? ein schwerer Schlag für Theo und Isabelle, Geschwister aus gutbürgerlichem Hause, und ihren amerikanischen Kumpel Matthew, die sich dort fast täglich an Klassikern und Nouvelle-vague-Streifen gütlich taten. Nachdem der Proteststurm verebbt ist, zieht sich das cinephile Trio in die Wohnung der Zwillinge zurück. Aus Langeweile spielen sie Filmszenen nach, die zunehmend ins real Erotische abgleiten, während draußen die Revolte fast unbemerkt ihrem Höhepunkt entgegensteuert.

Bertoluccis Anliegen ist im Grunde redlich: Er möchte der Aufbruchstimmung und dem Freiheitsdrang der Achtundsechziger ein Denkmal setzen, ohne sie über Gebühr zu verherrlichen. So erscheinen die ausschweifenden Sex-Spielchen wie auch der Filmfanatismus der noch halbkindlichen Protagonisten immer auch als (selbst)quälerische Obsession, Zeichen der Unreife. Allerdings sind die Charaktere in dieser Versuchsanordnung so simpel entworfen und blass gespielt, dass man einfach kein rechtes Interesse für sie aufbringen möchte. Offenbar konnten die drei um-die-20-jährigen Schauspieler mit dem Spirit von `68 nicht viel anfangen. Immerhin bedienen die ausgiebig ins Bild gerückten nackten Körper dieser schönen jungen Menschen bestens den voyeuristischen Instinkt.

Herzlich banal ist leider auch Schlusspointe. Als ein Stein durchs Fenster fliegt, ist das für Theo, Isabelle und Matthew die Initialzündung, um ihr paradiesisches Gefängnis zu knacken und sich auf die Straße, ins vermeintlich richtige Leben zu stürzen. Als ob das Rumrevoluzzern, zumindest für diese behüteten Bürgerkinder, etwas anderes wäre als die Verlängerung ihrer Sexabenteuer mit dem Mittel des Molotow- Cocktails.