Die Bestseller-Verfilmung stürzt sich mutig, aber sehr naiv auf den schwierigen Stoff.

Die weiße Massai

Die Bestseller-Verfilmung stürzt sich mutig, aber sehr naiv auf den schwierigen Stoff.

24.11.2015

Von Birgit Glombitza, epd

Die weiße Massai

Jetzt ist er auch im Kino zu bewundern: der edle Krieger, im dunstigen Gegenlicht, das geradezu einlädt zu wüsten abendländischen Projektionen von verlorenen Paradiesen und dunklen Kontinenten vergessener Lust. Lässig lehnt er an einer Balustrade, absolviert eine kleine Standbein-Spielbein-Choreografie die die Selbstverständlichkeit halbnackter, muskulöser Körperlichkeit zur Schau stellt und die Attribute der Wehrhaftigkeit in verspielter Entspanntheit auflöst. In seinem Blick liegt die Eitelkeit eines männlichen Lustobjekts, das sich von sehnsüchtigen Touristinnen beobachtet weiß.

Lemalian (Jacky Ido) heißt der schöne Wilde und Carola (Nina Hoss), die Boutiquebesitzerin aus der Schweiz, ist ihm längst verfallen. Ein, zwei Blickwechsel, ein schüchterner Tanz in der "Bush Baby Disco" reichen ihr, um ihren nöligen Freund (Janek Rieke) und das alte, unaufregende Leben in den Wind zu schießen und dem legendären "Bauchgefühl" zu folgen.

Und das führt die blonde Carola in die kenianische Pampa zu einem Nebenstamm der Massai, den Samburus, und in eine Ehe, die natürlich schief gehen muss. Nachdem Carola Lemalian mit ihrer Vorstellung von beiderseits beglückendem Liebesleben einigermaßen kolonialisiert hat, erfährt sie rasch die Grenzen ihrer Einflussnahme. Die weiße Frau, die sich im Busch mit einem kleinen Lebensmittelladen zur Kleinunternehmerin mausert und ihrer Kundschaft zu gerade und lange in die Augen schaut, stellt bald Lemalians Ansehen und seine Männlichkeit aufs Spiel. Mit erwartungsgemäß bedrohlichen Konsequenzen.

Wie immer, wenn die Probleme binationaler Ehen und scheinbar unverträglicher Kulturen erörtert werden, wird in Hermine Huntgeburths Bestseller-Verfilmung eine angespannte Einfühlsamkeit provoziert. Auch hier sorgt die Subjektivität des Erlebten für eine nur halbherzige Relativierung, die mit jedem emotionalen Ausnahmezustand - die schwierige Geburt der Tochter, Beschneidungen der jungen Frauen, der prügelnde Ehemann - Solidarität und Konsens der staunenden, kopfschüttelnden westlichen Welt sucht.

So schwingt sich bald auch Carolas erzählendes Ich zum gesellschaftskritischen Blick auf ein Land empor, dessen anfänglich "faszinierendes Chaos" schließlich als feindliche Unübersichtlichkeit erlebt wird. Zwar strengt sich "die weiße Massai" an, Lemalian im Kontext seiner Kultur einzuordnen und seine Angst angesichts einer nach den Stammesregeln zu selbstständigen und damit auch zu aggressiven Frau völkerkundlich sauber abzuleiten. Trotzdem wird auch hier ein dunkler, diffuser Hintergrund geschaffen, vor dem sich die Errungenschaften der westlichen Zivilisation strahlend abheben. Die westliche, emotionale und individualistische Frau gegen den afrikanischen, patriarchalen und institutionellen Mann. Ein Frontenkrieg, bei dem es nichts zu entdecken gibt, außer den Weissagungen des berüchtigten gesunden Menschenverstandes.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 15sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Hans 27.09.200512:00 Uhr

So ein Mist! Die Story ist das allerletzte!

Klaus 25.09.200512:00 Uhr

Habe selbst einige Jahre in Afrika gelebt und war deshlab sehr gespannt auf diesen Film. Leider ist die schauspielerische Leistung von Nina Hoss und die generelle Umsetzung nicht ganz überzeugend. Mit "Out of Africa" und "Nirgendwo in Afrika" gibt es halt Beweise, dass es auch besser geht...

Kersten Sparr 18.09.200512:00 Uhr

Sehr authentisch wirkender Film mit hervorragenden Hauptdarstellern. Ein besonderes Lob gebürt auch dem Kameramann, der sehr schöne und stimmungsvolle Bilder liefert.