Gastronomie

Wohnzimmer auf drei Etagen

Gastronomie Markus und Sven Bantleon aus Sulz wollen bis im Spätsommer den fast 750 Jahre alten Luziferturm mit Bar, Restaurant und Lounge wiederbeleben.

26.05.2018

Von Mathias Huckert

Die Theke im Luziferturm lockt bald wieder durstige Gäste an.

Die Theke im Luziferturm lockt bald wieder durstige Gäste an.

Der Putz muss noch von den Wänden. Unter einem knallig-penetranten Orangeton liegen die Natursteinwände des Luziferturms versteckt. Auf die ist Markus Bantleon besonders stolz. „Das haben die Vorbesitzer so gestaltet, dabei ist es denkmaltechnisch gar nicht zulässig“, verrät der 33-Jährige und deutet auf die halb freigelegten Originalwände des Turms.

Durch die Natursteinwände und eine optimale Beleuchtung soll das Ambiente des Gemäuers wieder zur Geltung kommen. Denn das ist die große Stärke des Luziferturms: Das historische Horber Bauwerk hat Stil, von außen wie von innen. Echtholz-Vertäfelungen, urige Kneipenatmosphäre und ein Hauch von Mittelalter. All das wollen die beiden Brüder Markus und Sven Bantleon aus Sulz jetzt wiederaufleben lassen. Aus dem historischen Turm soll gleichermaßen Bar, Restaurant und Event-Location werden. Dafür haben die Brüder den Turm gekauft, die Renovierung läuft bereits seit dem Termin mit dem Notar. Das ist etwa einen Monat her, seitdem gleichen die Innenräume des Turms einer großen Baustelle. Der neue Turmherr nimmt das gelassen: „Die Renovierung geht voran, wenn Zeit dafür ist. Es kann gut sein, dass sich hier auch mal eine Woche gar nichts tut“.

Bantleon hat sich als gelernter Gastronom nach seinem Studium des Tourismus-Marketings immer wieder neue Herausforderungen gesucht: Einen ausrangierten Feuerwehr-Oldtimer machte er zum „Fahrbar-Truck“, einem mobilen Catering-Fahrzeug. Damit brachte er im Herbst 2017 erstmals ein Streetfood-Festival nach Sulz und lockte zahlreiche Gäste an.

Ein Gebäude mit Geschichte

Der Luziferturm ist ein Gebäude, das Bantleon schon länger fasziniert : „Als Gastronom stöbere ich immer mal wieder herum und schaue, was sich auf dem Immobilienmarkt tut. An dem Turm war ich schon seit zwei Jahren interessiert“. Der Name des Turms deutet bereits auf die Verbindung mit Teufelswerk hin: Im 16. Jahrhundert sollen hier angebliche Hexen gefoltert worden sein, das zweite Turmgeschoss wurde gar als Frauengefängnis genutzt. Zeitweise gehörte das Ihlinger Tor, so der offizielle Name des Turmdurchgangs, dem Horber Ritterverein. Zwischendurch hielt die „Bierakademie“ Einzug. Dann kam lange nichts, das Gebäude stand leer.

Jetzt soll der Luziferturm zu einem besonderen Ort des Horber Nachtlebens werden: „Unser Ziel ist es, aus dem Turm auf Dauer ein zweites Wohnzimmer für unsere Gäste zu schaffen“, verriet der 33-jährige Jungunternehmer der SÜDWEST PRESSE. Das Konzept der Brüder nutzt alle drei Etagendes geschichtsträchtigen Bauwerks: Auf der ersten soll eine Bar fürs gemütliche Feierabend-Bier entstehen, die Mitte wird zum Restaurant. Ganz oben entsteht eine Lounge, wo neben dem ein oder anderen Glas Whiskey auch „Fingerfood“ in entspanntem Ambiente gereicht werden soll. Insgesamt 82 Sitzpläte bieten alle drei Etagen des Turms zusammen. Als Zielgruppe soll vor allem die „Generation 30 plus“ angesprochen werden.

Noch viel zu tun bis zur Eröffnung

„Das Restaurant werden wir bewusst klein, aber fein halten“, so Markus Bantleon. Etwa fünf Hauptgerichte nennt er als Ziel für die Tageskarte, die auch am Mittag hungrige Gäste mit klassischen Vespergerichten in den Turm am Neckar locken soll. Zwar sei für Live-Musik kein Platz im Turm, aber die Erlaubnis für Musikveranstaltungen ist vorhanden. Zwölf Mal jährlich soll es Musik geben, etwa auf Mottopartys.

Bis dahin muss sich aber noch viel tun: Kühlgeräte und Elektronik müssen erneuert werden, die altbackene Küchenzeile soll einer modernen Gastronomieküche aus Edelstahl weichen, und die Natursteinwände müssen vom Putz befreit werden. Ein echtes Wahrzeichen bleibt aber laut dem neuen Turmherren erhalten: der Lastenaufzug des Luziferturms. „Damit können wir Bestellungen zwischen den Etagen bewegen, ohne die Treppen nutzen zu müssen“, so Bantleon. Das funktioniert momentan noch durch reine Muskelkraft und mit einer hölzernen Fußbremse, irgendwann soll aber ein elektronischer Aufzug die Arbeit erleichtern.

Einen Gastronomie-Betrieb in solch ungewöhnlicher Kulisse aufzuziehen, erfordet eine gute Planung. Das wissen Markus Bantleon und sein Bruder Sven: „Wir gehen die Umsetzung Schritt für Schritt an. Schlaflose Nächte habe ich deswegen nicht“.

Für eine Eröffnung ist grob der Spätsommer angepeilt. Wenn sich der Eröffnungstermin verschieben würde, sei das „auch kein Beinbruch“, meint Banteon. „Der Food-Truck bleibt mir auch immer noch als zweites Standbein“. Wenn der Betrieb läuft, seien
mindestens zwei Jahre Anlaufzeit nötig, um die neue Ausrichtung des Luziferturms in Horb zu etablieren. Ansonsten sei es auch
immer noch möglich, das Konzept des zukünftigen Betriebs zu
ändern.

Dass es soweit kommen wird, glaubt Bantleon aber nicht. „Uns ist klar, dass wir es nicht leicht haben werden, gerade zu Beginn. Aber wir sind uns sicher, dass der Luziferturm in Horb angenommen wird. Denn ich kenne keine vergleichbare Location“. Bei seinem Catering-Service im alten Feuerwehrauto und dem Streetfood-Festival hatte er genau dasselbe Gefühl, betont der 33-Jährige. Warum sollte es also bei einem fast 750 Jahre alten Turm nicht klappen?

Neuer Turmherr: Markus Bantleon vor dem Luziferturm. Bilder: Kuball

Neuer Turmherr: Markus Bantleon vor dem Luziferturm. Bilder: Kuball

Die Natursteinwände des Turms sollen wieder sichtbar werden.

Die Natursteinwände des Turms sollen wieder sichtbar werden.

Treppen verbinden die Etagen.

Treppen verbinden die Etagen.

Statt Fenstern gibt es im Luziferturm Schießscharten.

Statt Fenstern gibt es im Luziferturm Schießscharten.

Woher hat der Turm seinen Namen?

Der Horber Luziferturm und das darin befindliche Ihlinger Tor wurden erstmals im Jahr 1273 erwähnt. Damals diente das Bauwerk als Stadttor, das eine nahezu rechteckige Stadtmauer rund um Horb unterbrach und somit Zutritt in die Altstadt gewährte.

Der Spitzname geht nicht auf seine Rolle als Folterstätte für angebliche Hexen zurück, wie Joachim Lipp vom Museumsverein weiß: Wer morgens aus westlicher Richtung durchs Ihlinger Tor in die Stadt komme, sehe über dem Turm die Venus, den „Morgenstern“. Dessen lateinische Übersetzung lautet „Lucifer“.

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Erstellt:
26.05.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 42sec
zuletzt aktualisiert: 26.05.2018, 01:00 Uhr

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