Empfingen · Großevent

Dorf im perfekt organisierten Ausnahmezustand

Empfingen feiert bei Spätsommersonne sein Festival mit 13.000 Besuchern und Stars, die den Ort in eine neue Event-Dimension heben. Gemeinde, Veranstalter und Vereine beeindrucken sich und die Gäste.

23.09.2019

Von Andreas Wagner, Sascha Eggebrecht und Frank Wewoda

Wogendes Hände-Meer vor Empfinger Postkartenansicht: Im Ausnahmezustand befand sich ganz Empfingen am Samstag beim Antenne-1-Festival: 13.000 Besucher feierten bei Spätsommersonne den Auftritt von Größen des deutschen Musikbusiness. Den Auftakt bestritt nachmittags eine Auswahl aus Empfinger Musikvereinen. Bilder: Andreas Wagner

Wogendes Hände-Meer vor Empfinger Postkartenansicht: Im Ausnahmezustand befand sich ganz Empfingen am Samstag beim Antenne-1-Festival: 13.000 Besucher feierten bei Spätsommersonne den Auftritt von Größen des deutschen Musikbusiness. Den Auftakt bestritt nachmittags eine Auswahl aus Empfinger Musikvereinen. Bilder: Andreas Wagner

Große Musikwelt im kleinen Empfingen: Sie bringt sogar ein paar kreischende Groupies im Teenageralter für Max Giesinger auf den zuletzt bei der Beatparade ähnlich belebten Festplatz, etwas ältere Musikfans rocken später mit Cowboyhüten für „The Boss Hoss“ vor der Bühne ab, und im Backstagebereich von „Antenne 1“ verbreitet sich etwas Glamour dank „Meet&Greet“-Terminen für Hörer des Radiosenders mit Max Giesinger und dem Comedian Dodokay.

Knalleffekte: Zur Zugabe von Max Giesinger werden massenhaft weiße Luftschlangen in den Empfinger Abendhimmel geschossen. Wenig später hat sich am Bühnenabgang schon eine kleine Menschentraube gebildet – mittendrin der Empfinger Bauamtsleiter Jochen Seibold mit einer ganzen Kinderschar. Nebenan laden Roadies und Aufbau-Helfer zielstrebig große schwarze Kisten aus langen Sattelschleppern und hieven sie auf kleine Karren. „Aus dem Weg, aus dem Weg“, ruft es von nebenan, als die Luftschlangen-Kanonen auf kleinen Rollkarren bereits zurückgebracht werden und über die wie ein weit aufgerissenes Maul offenstehende Ladeluke im bereitstehenden Sattelschlepper verschwinden.

Selfiezeit: In den größten Kisten werden nun neben einem Klavier auch bereits das gesamte Drumset der Band von Max Giesinger verstaut, während der Sänger und Musikproduzent gerade erst seinen Fans im „Schwoabaländla“, wie er als bekennender Halbschwabe mehrfach ruft, ein letztes Mal zugewunken hat. Jetzt bricht die Selfiezeit an: Jochen Seibold schafft es, Giesinger zu sich zu rufen, die aufgekratzten Kids formieren sich, Lichtblitze aus den gezückten Smartphones erhellen kurz die Sattelschlepper und die wuselnden Bühnenarbeiter im Hintergrund.

Hotel auf Rädern: Die Raubeine von „The Boss Hoss“ kamen nicht etwa angeritten, sondern sind in ihrem eigenen Tourbus mit 18 Betten, „Nightliner“ genannt, angerauscht. Die offiziell 12.500 Gäste haben sich dagegen fast alle in ihren Autos auf den Weg gemacht. Das von Marko Herzer mit den zuständigen Behörden erarbeitete Verkehrskonzept geht auf: Abgeschleppt werden müssen nur ganz wenige Wagen. „Die haben die Kreuzung an der Weillindestraße zugeparkt“, wundert sich Bürgermeister Ferdinand Truffner. Das war so unnötig wie ein Kropf: Die 7000 Parkplätze, die das Konzept vorgesehen hat, werden am Ende nicht alle gebraucht. Als „genial“ lobt Gemeinderat und Stimmenkönig Achim Walter die Ausschilderung des Einbahnstraßenrings, der alle ankommenden Wagen von der Autobahn und Bundesstraße erst einmal zum Abbiegen in die Robert-Bosch-Straße und zu den dortigen Parkflächen, etwa bei Ceratizit und gegenüber von SACS Boysen, gezwungen hat. Nummernschilder aus dem ganzen Land sind zu sehen. „The Boss Hoss“, die aus Empfingen in die Hauptstadt abdüsen, fragen während des Auftritts kurz im Publikum nach, wer die weiteste Anreise hatte: „Berlin“ und „Hannover“ sind da zu hören.

Vereinspower: Mehr Umsatz als an einem sonstigen ganzen Festwochenende klingelt in den Kassen der Empfinger Vereine und entschädigt für viele unentgeltliche Arbeitsstunden. Einen erheblichen Anteil der Bewirtung auf dem Festgelände schultern die Empfinger Ehrenamtlichen. Sie möchten den tausenden Gästen, die noch nie in Empfingen waren, etwas Besonderes bieten: In sechs großen Zelten zapfen, grillen, backen und kochen die Empfinger Vereine. Bei den Kleintierzüchtern und dem Radfahrverein „Adler“ gibt es schwäbische Burger – Laugenbrötchen mit Maultaschen und Käse, die SG Empfingen hat eine ganze mobile Pizzabäckerei aufgebaut.

Ein Volltreffer sind die sage und schreibe 25 verschiedenen Cocktails, die beim Schützenverein „Freischütz“ serviert werden. Die Vielfalt erfordert hohe Konzentration: „Unsere Frauen stöhnen etwas“, räumt Andreas Seifert, der Vorsitzende, ein. Susanne Kökert, Rektorin der Empfinger Grundschule, hat den Abend vollauf genossen und betont, dass für alle Altersgruppen etwas geboten war den ganzen Tag über. So gab es ein Trampolin und ein Klettergerüst für die Kinder, viel Geselligkeit und lauschige Stimmung wie auf einer entspannten Gartenparty für die Älteren, die an zahlreichen Biertischgarnituren zwischen den Essensstationen und Getränkewagen Platz nehmen. Susanne Kökert: „Alles ist sehr friedlich abgelaufen. Insgesamt war das Festival ein erhebendes Gefühl, es hat alles gepasst!“

Die Band „BossHoss“ powerte zum Ende des Festes ein. Die Cowboys aus Berlin begeisterten ihre Fans mit kraftvollen und facettenreichen Liedern bis in die Nacht.  Bild: Andreas Wagner

Die Band „BossHoss“ powerte zum Ende des Festes ein. Die Cowboys aus Berlin begeisterten ihre Fans mit kraftvollen und facettenreichen Liedern bis in die Nacht. Bild: Andreas Wagner

Heißer Ritt für Truffner: Ferdinand Truffner machte „backstage“ die BossHoss-Cowboys Alec Völkel und Sascha Vollmer auf seine tagsüber bereits in der gemischten Empfinger Blasmusikformation unter Beweis gestellten Trompeten-Künste aufmerksam. Der Lohn: Beim vorletzten Lied fragten die Country-Rocker das Publikum, ob Truffner auf der Bühne die Backen aufblasen soll. Dieses antwortete mit: Jubel. So genoss Truffner seinen Moment Ruhm vor der aufgepeitschten Menge. „Ganz locker“ und nahbar seien die Musiker – Qualitäten, die Truffner auch für sich beansprucht.

Antiheld: Als Luca Opifanti, Sänger der Stuttgarter Band „Antiheld“, die Bühne beim „Antenne 1“- Festival in Empfingen am Samstag gegen 17.30 Uhr betritt, weiß er noch nicht, welche Lieder ihm sein Schlagzeuger Arne Brien zusammengestellt hat. „Ich finde das immer gut, dass es so läuft, dadurch bleibe ich immer sehr relaxt“, sagte Luca Opifanti, der es dann auf der Bühne mal wieder verstanden hat, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen. Die Liederauswahl konnte sich dann auch hören lassen: es war eine Mischung aus dem ersten und dem aktuellen Album „Goldener Schuss“. Je mehr sich das Konzert dem Ende zuneigte, desto besser wurde die Stimmung, die dann beim Hit „Kellerclub“ ihren Höhepunkt erreichte. Somit heizte
die Band das Publikum richtig gut an für den nächsten Act: Max Giesinger.

„Empfinger MV Allstars“: Unter Newcomern und nationalen Stars feierte eine neue lokale Formation Premiere auf der großen Festival-Bühne. Dabei wurde drei Empfinger Vereinen die große Ehre zuteil, das Festival musikalisch zu eröffnen. Als „Empfinger MV Allstars“ setzten sich der Musikverein (MV) Empfingen, der MV Wiesenstetten und die Trachtenkapelle Empfingen unter der Leitung von Michael Zanker hervorragend in Szene vor dem Publikum. Sowohl die Gäste als auch die Akteure auf der Bühne genossen den Auftakt in vollen Zügen. „Das war schon geil, auf der großen Bühne zu stehen“, stellte Wiesenstettens Mann am Schlagwerk, Thomas Lohmiller, mit Stolz nach dem Auftritt fest.

Gefühlvoller Eb: Auch der Sänger und Songwriter Michael Eb fühlte sich sichtlich wohl vor dem Empfinger Publikum. Der Newcomer überzeugte mit gefühlvollen Texten, einem vollen Sound und verkörperte zudem puren Spaß an der Musik.

Tanz- und Sangeslust: Besonders stimmungsvoll interpretierte die „Antenne1-Band“ Baden-Württembergs besten Musikmix, was die Musiker mit verschiedenen Cover-Versionen unter Beweis stellten. So sorgten Titel wie „Walking On Sunshine“ (Katrina & The Waves) oder „Dancing Queen“ (Abba) für ausgelassene Stimmung beim Publikum, was zudem die Tanz- und Sangeslust der Besucher weckte.

Persönliche Begrüßung: Casting-Star Max Giesinger gelang es, die Musikfans in seiner Darbietung nicht nur musikalisch zu berühren. Beim Bad in der Menge suchte der Musiker den direkten Kontakt zu den Besuchern und begrüßte diese persönlich. Besser als in der ersten Reihe oder backstage, hatte es eine junge Dame, der Giesinger einen exklusiven Sitzplatz auf der Bühne verschaffte. Mit einem Cocktail in der Hand konnte „Vera“ das Geschehen aus direkter Nähe verfolgen, Musikwünsche inklusive. „Wie wäre es mit Rammstein?“, überraschte der Bühnengast den Profi-Musiker. „Soll ich mich blamieren?“, entgegnete Giesinger zunächst leicht amüsiert, bevor er einen „Roadie“ zur musikalischen Unterstützung für die passenden E-Gitarrenriffs auf die Bühne holte. Klar, dass Giesinger gesanglich beim Titel „Sonne“ nicht dem Original glich. Sein Einsatz und die Mühe wurden jedoch vom Publikum wohlwollend und lautstark gewürdigt. Selbst die Techniker spielten mit und lieferten immerhin ein „Pyro- und Feuer-Light-Version“ zur entsprechenden Rammstein-Musik.

Wilde Cowboys: Sehnlichst von den Musikfans erwartet wurde selbstverständlich der Headliner des Festivals, „The BossHoss“. Schließlich gelten die wilden Cowboys aus Berlin als absolute „Rampensäue“, die stets mit vollem Körpereinsatz auf der Bühne zur Sache gehen. So auch in Empfingen, als sie mit „Black Is Beautiful“ gleich zu Beginn der Show ein musikalisches Feuerwerk abbrannten. Mit einem schwindelerregenden Ritt durch bekannte Hits der Truppe wie „Hey Ya“, „Dos Bros“ und „Shake & Shout“ garantierten die Musiker ihren Fans: „It’s getting hot in here.“

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Erstellt:
23.09.2019, 08:47 Uhr
Lesedauer: ca. 5min 00sec
zuletzt aktualisiert: 23.09.2019, 08:47 Uhr

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