Drogenprozess

Drei Ecstasy-Tabletten in einem Schulmäppchen

Ein mutmaßlicher Kleindealer nahm mit 13 zum ersten Mal Cannabis – beruflich konnte er bisher nicht richtig Fuß fassen.

23.12.2016

Von Dorothee Hermann

Symbolbild: Hugo Berties - fotolia.com

Symbolbild: Hugo Berties - fotolia.com

Im Prozess gegen einen 26-Jährigen aus Rottenburg geht es um Drogen im Grammbereich: 307 Gramm Marihuana, 224 Ecstasy-Tabletten, 6 Gramm Ecstasy-Wirkstoff und 6 Gramm Kokaingemisch. Für Staatsanwalt Nicolaus Wegele sind das Betäubungsmittel in nicht geringer Menge, mit denen der Angeklagte unerlaubterweise Handel getrieben haben soll (wir berichteten).

Zumindest ein Teil der Drogen sollte gewinnbringend verkauft werden, so die Anklage. Zudem habe der Angeklagte seine mitbeschuldigte, heute 18-jährige Freundin zur Beihilfe veranlasst, obwohl er wusste, dass sie noch minderjährig war. Die Auszubildende muss sich ebenfalls vor der Großen Jugendkammer am Landgericht Tübingen verantworten.

Am 13. Juni 2016 war das Paar in der Rottenburger Innenstadt einem Polizisten in Zivil aufgefallen, der beim Vorübergehen einen starken Marihuana-Geruch bemerkte. Eine Kontrolle in der Spiegelgasse ergab drei Tütchen Marihuana mit einem Gesamtgewicht von 9,8 Gramm in der Handtasche der Frau.

Am gestrigen Freitag berichteten drei Rottenburger Polizeibeamte, was ihnen bei der anschließenden Durchsuchung der Zimmer der beiden Angeklagten in der jeweiligen elterlichen Wohnung auffiel: „Er war kooperativ. Er hat die meisten Sachen freiwillig herausgegeben“, sagte ein 26-jähriger Beamter über den Angeklagten. „Er hat eine Tüte mit Cannabisblüten hinter dem Sofa hervorgeholt.“ In einem Schulmäppchen fand der Beamte drei Ecstasy-Tabletten. „Er öffnete freiwillig einen Safe, in dem weitere Betäubungsmittel lagerten“, ergänzte ein 52-jähriger Kollege.

Die mitangeklagte Freundin, bei der Durchsuchung erst 17-jährig, habe keine Angaben machen wollen, sagte die Polizeihauptmeisterin, die in deren Wohnung war. „Sie wollte auch von nichts wissen.“ Die Beamtin stieß auf abgepackte Betäubungsmittel in einer Tupperdose, eine Feinwaage und einen sogenannten Crasher zum Feinmahlen von Betäubungsmitteln. Neun „Konsum-Einheiten“ Marihuana lagen in einer Schreibtischschublade. In einem TV-Schrank fand die Polizistin Spiegel mit weißen Anhaftungen.

Beim Prozessauftakt hatte der Angeklagte gesagt, „das ganze Zeug“ stamme von ihm. Er habe damals bei seiner Freundin gewohnt und immer versucht, sie herauszuhalten. Der Mann sitzt in Untersuchungshaft. Die 18-Jährige durfte ihn bisher nicht besuchen.

Sie war in der neunten Klasse wegen einer Schlägerei aus der Schule geflogen, holte ihren Abschluss aber an einer Berufsschule mit guten Noten nach. Seit September macht sie eine Ausbildung. Zur Schlägerei kam es mit ihrer damaligen besten Freundin. Der Grund sei privat, sagte die Angeklagte auf eine Nachfrage des Vorsitzenden Richters Martin Streicher. Die damals 15-Jährige hatte sich nach der Auseinandersetzung, bei der sie sich einen Nasenbeinbruch und einen Splitterbruch an der Hand zuzog, um einen Täter-Opfer-Ausgleich bemüht. Die Freundin räumte ein, selbst zugetreten zu haben.

Auch der Angeklagte hat einen Schulverweis hinter sich, holte seinen Schulabschluss aber gleichfalls nach. Seine Eltern trennten sich, als er elf oder zwölf Jahre alt war. Er blieb bei der Mutter, hatte aber weiterhin eine gute Beziehung zu seinem Vater. Das änderte sich, als er 2011 ebenfalls wegen elf kleiner Drogendelikte zu einer Jugendstrafe verurteilt wurde. Daraufhin habe der Vater den Kontakt abgebrochen.

Der Mann hat etwa 5000 Euro Schulden, davon 1500 Euro aus einem alten Handy-Vertrag. Beruflich konnte er noch nicht richtig Fuß fassen. Er hatte unter anderem einen 400-Euro-Job bei einem Malermeister, der bald darauf altershalber aufhörte, oder er arbeitete für eine Zeitarbeitsfirma. Als 13-Jähriger probierte er zum ersten Mal Cannabis, zunächst aus Neugier, später „um Probleme zu vergessen“. Später nahm er auch Speed, Ecstasy und gelegentlich Kokain. Der Prozess wird am Montag, 9. Januar, fortgesetzt.

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Erstellt:
23.12.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 23.12.2016, 01:00 Uhr

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