Driving with Selvi

Driving with Selvi

Anrührender Dokumentarfilm über Südindiens erste Taxifahrerin.

24.08.2016

Von Dorothee Hermann

Die junge Inderin Selvi hat das Selbstbewusstsein einer Frau, die gut ist in ihrem Job. Bei einer kurzen Pause am Straßenrand ist sie die einzige unter männlichen Kollegen. „Sie haben mich ermutigt, auch ein bisschen gewagt zu fahren“, sagt Selvi mit einem Lächeln. Erst als Taxifahrerin lernte sie, mit den Leuten zu reden. Zuvor war sie immer zu ängstlich dazu, bekennt sie freimütig.

Selvi lebt im südlichen Bundesstaat Karnataka. Der gewalttätige Machismo, für den Indien in den letzten Jahren in die Schlagzeilen geriet, scheint im Alltag der zupackenden jungen Frau weit weg.

Das ist nur deshalb so, weil sie sich wehrte: Mit 18 floh sie aus einer Zwangsehe, die ihre Familie vier Jahre zuvor für sie arrangiert hatte. Ihr Mann hatte sie misshandelt und gequält.

Mehr will Selvi dazu vor der Kamera nicht sagen. „Frag‘ mich etwas anderes“, sagt sie der kanadischen Filmemacherin Elisa Paloschi, die sie zehn Jahre lang begleitet hat. Dass sie auch bei der Konfrontation mit erniedrigenden Erfahrungen souverän bleibt, ist charakteristisch für die so sympathische wie zielstrebige Frau.

Der Film ist auch eine Liebeserklärung an Menschen wie sie, die sich mit viel Schwung eine Existenz aufbauen – wenn sie nur ein bisschen Unterstützung bekommen. Bei Selvi war es die Hilfsorganisation Odanadi, die Wohnheime und Ausbildungsmöglichkeiten für Frauen und Mädchen anbietet, die Opfer von Gewalt wurden.

Als Selvi erneut heiratet, diesmal aus Liebe, und eine Tochter bekommt, möchte ihr Mann Viji nicht, dass sie als Mutter eines Kleinkinds arbeitet. Wie wird sie mit dieser Hürde umgehen? Gezeigt wird der Alltag einer indischen Familie, die sich alles selbst erarbeiten muss, ohne sentimentale Bollywood-Glasur, aber mit sehr anrührenden Momenten.

Mitreißende Doku über eine junge Inderin, die sich Tatkraft und Lebensfreude von niemandem nehmen lässt.