Det Plattenbau-Idyll haste doch schon ma irjendwo jesehen, ne?

Du bist nicht allein

Det Plattenbau-Idyll haste doch schon ma irjendwo jesehen, ne?

24.11.2015

Von ust

Du bist nicht allein

Neben den Sex Pistols waren The Clash ("London Calling") die Lokomotive und das Aushängeschild des Punk. Bis zu ihrer Implosion im Jahr 1982 brachten sie fünf zunehmend filigrane Platten heraus, die man auch heute noch unbeschadet auflegen kann. Und mehr noch als Pistol Johnny Rotten überlebte ihr Sänger Joe Strummer als Ikone der Bewegung ? obwohl (oder vielleicht weil) er in seinem restlichen Leben nichts mehr von Belang auf den Weg gebracht hat.

Julian Temple, selbst ein Abkömmling des Punk und 1980 Regisseur des Sex-Pistols-Abgesangs „The Great Rock?n?Roll Swindle?, hat nun die erste große Filmbiografie des 2002 gestorbenen Musikers vorgelegt. Von einem drögen Dokumentarfilm ist sie denkbar weit entfernt: Unbekümmert entwickelt der Brite aus Interview-Schnipseln, Konzertaufnahmen, Fotografien, Cartoons und Ausschnitten aus alten Filmen ein audiovisuelles Sperrfeuer, dessen roher Kraft man sich nur schwer entziehen kann.

Die extravagante Form kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es Temple nicht gelingt, eine Geschichte zu erzählen, Leben und Werk seines erklärten Freundes auf den Punkt zu bringen. Ungewichtet prasseln 120 Minuten lang biografische Einzelheiten von der Kindheit bis zum Tod nieder, wobei sich die Statements der Weggefährten oft wiederholen und die Ehrenbekundungen von Berühmtheiten wie Johnny Depp schlicht überflüssig sind.

Eine Strummer-Philosophie schält sich aus dem Detailwust am Ende aber doch noch heraus: die Grenzüberschreitung. Stilistisch zählt die Musik von The Clash zum Vielfältigsten, was der Rock?n?Roll je hervorgebracht hat. Und in der Person ihres Frontmanns vereinigen sich sogar die einander als spinnefeind geltenden Subkulturen von Hippies und Punks.