OB-Wahl in Überlingen

Eher sachlich unterwegs

Morgen fällt die erste Entscheidung bei der Überlinger OB-Wahl. Jan Zeitler berichtet im Interview aus seinen Wahlkampf-Erfahrungen.

05.11.2016

Von Dagmar Stepper

Jan Zeitler (46) hat mit seiner Frau Annette Stoll-Zeitler – hier bei der Podiumsdiskussion zur OB-Wahl in Überlingen – mehrere Wochen Wahlkampf hinter sich. Am morgigen Sonntag findet der erste Wahlgang statt. Insider rechnen mit einem zweiten am 27. November. Bild: Manzini

Jan Zeitler (46) hat mit seiner Frau Annette Stoll-Zeitler – hier bei der Podiumsdiskussion zur OB-Wahl in Überlingen – mehrere Wochen Wahlkampf hinter sich. Am morgigen Sonntag findet der erste Wahlgang statt. Insider rechnen mit einem zweiten am 27. November. Bild: Manzini

SÜDWEST PRESSE: Und, sind Sie müde nach den ganzen Wahlkampf-Wochen oder überwiegt das Adrenalin?

Jan Zeitler: Ich bin gerade von morgens bis spät abends im Wahlkampf-Modus, da ist man natürlich auch manchmal müde. Aber so geht es allen Kandidaten. Daher bin ich froh, dass ich meinen Jahresurlaub für den Wahlkampf einsetzen kann. Aber ich werde auch vom Adrenalin getragen.

Mit wie viel Stunden Schlaf kommen Sie gerade aus?

(Lacht.) Morgens um 6.15 Uhr klingelt der Wecker. Wenn es dann sechs Stunden Schlaf in der Nacht waren, ist es schon viel. Aber ich bin vom Typ her eher
der Frühaufsteher, daher passt das zu meinem gewohnten Tagesrhythmus.

Wie viele Hände haben Sie in den letzten Wochen geschüttelt, wie viele Rosen verteilt?

Es waren exakt 22 408 (Anm. d. Red.: So viele Einwohner hatte Überlingen Ende 2015). Nein, war natürlich ein Scherz. Es waren auf jeden Fall unheimlich viele. Aber der persönliche Kontakt ist auch wichtig, damit die Menschen einen erleben, wie man ist. Rosen habe ich keine verteilt, ich glaube, das ist nicht mehr zeitgemäß. Dafür gab es zu meinem Flyer Rittersport-Minis, das mochten die Leute. Aber am besten kam mein Weingummi-Glas am Stand an. Da haben die Leute gerne hineingegriffen. Ich habe aber auch gemerkt, dass die Bürger gar nicht an Give-aways interessiert sind, sondern sie wollen sich über Inhalte informieren. Sie wollen, dass man ihnen zuhört und ihre Probleme ernst nimmt.

Was war das Netteste, was Sie in den vergangenen Wochen in Überlingen gehört haben?

Wirklich gefallen haben mir die Kussmünder, die unbekannte Damen auf meine Wahlplakate geküsst haben. Dass man auf solche Art bedacht wird, hat mich gefreut. Ich habe außerdem sehr viele positive Rückmeldungen bekommen. Wie eine E-Mail heute Morgen, in der jemand schrieb: „Wir wollen, dass Sie nach Überlingen kommen. Genau so stellen wir uns einen Oberbürgermeister vor.“ Es ist vor allem Anerkennung für fachliche Kompetenz, die ich bekomme.

Wie sind die Reaktionen auf Ihre bessere Hälfte, auf Ihre Frau Annette Stoll-Zeitler?

Klar, Ehefrauen sind ein wichtiger Bestandteil im Wahlkampf. Da wird schon genau hingeguckt, wer einen bei den Terminen begleitet. Unser Vorteil ist, dass Annette zehn Jahre in Überlingen gelebt hat; sie hat sogar 2009 auf der Liste der Freien Wähler für den Gemeinderat kandidiert. Daher kennt sie viele Überlingerinnen und Überlinger. Dass sie sich als Geschäftsführerin der LGS Öhringen auch mit Landesgartenschauen auskennt, ist auch von Vorteil.

Wahlkampf kann auch ganz schön schmerzhaft sein. Würden Sie das unterschreiben?

Es wäre naiv zu glauben, dass es im Wahlkampf immer kuschelig zugeht. Was allerdings nicht schön ist, wenn bewusst gegen einen Stimmung gemacht wird, um von Themen abzulenken. Man wird gar nicht direkt angegriffen, sondern es werden vor allem über die sozialen Netzwerke wie Facebook verdeckte Behauptungen gestreut. Da ist es schwer, zeitnah zu reagieren.

Worum beneiden Sie die Amtsinhaberin Sabine Becker?

Um nichts. Ich respektiere sie als Amtsinhaberin. Wir sind vom Charakter her sehr unterschiedlich. Sie ist eher emotional, ich eher sachlich unterwegs. Wir verkörpern auch unterschiedliche Bürgermeister-Typen. Bleibt die Frage, was von den Wählern bei einen zukünftigen Oberbürgermeister eher nachgefragt wird.

Was haben sie in den vergangenen Wochen gelernt?

Wenn man offen auf Menschen zugeht und zuhört, wird das sehr geschätzt. Gelernt habe ich auch, im Wahlkampf keine Versprechen zu machen, die man später nicht einhalten kann.

Was haben Sie am heutigen Samstag noch als letzten Wahlkampf-Coup geplant?

Heute ist Kneipennacht in Überlingen. Da bin ich abends mit meinem Team in der Altstadt unterwegs, um meinen Wahlkampf abzuschließen. Bei so einer Kneipennacht kann man auf entspannte Weise mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch kommen.

Und wie sieht Ihr Wahlsonntag morgen aus?

Am Sonntag gibt es ja keinen Wahlkampf mehr. Den Tag verbringe ich daher im Kreis der Familie. Hoffentlich können wir morgen ein Stück am Bodensee entlang laufen und eine Weile in der Sonne sitzen. Abends bin ich dann im Kursaal, um die Wahlergebnisse zu verfolgen. Da werden bestimmt zahlreiche Überlingerinnen und Überlinger dabei sein.

Was sagt Ihr Bauch für Sonntagabend voraus und was Ihr Verstand?

Der Bauch sagt: Ich möchte die Oberbürgermeister-Wahl im ersten Wahlgang gewinnen. Der Kopf sagt: Es wäre vermessen zu glauben, dass ich bei vier Kandidaten im ersten Wahlgang gleich die erforderlichen 50,1 Prozent oder mehr bekommen könnte. Zwischen Kopf und Bauch besteht also eine Lücke. Aber darauf hoffen darf man ja immer.