Mit Engelszungen

Ein Herausforderer aus dem Nichts

Der Tag gestern hat mit einer großen Überraschung für den Reutlinger CDU-Bundestagsabgeordneten Michael Donth begonnen: Aus Reutlingen erreichte ihn der Anruf von Hans-Fabian Bail, der ihm mitteilte, dass er sich bei der Nominierungsversammlung der Union am 18. November ebenfalls ums Bundestagsmandat bewerben will. „Bail hat mir gesagt, dass er mit der Bundespolitik nicht zufrieden ist“, erklärt Donth.

11.10.2016

Von Thomas de Marco

Michael Donth

Michael Donth

Das macht Bail in der Mitteilung, in der der 35-Jährige seine Bewerbung ankündigt, mehrfach deutlich. Als „lehrreich“ und „besorgniserregend“ zugleich beschreibt er zahlreiche Gespräche mit Parteimitgliedern, die ihre Unzufriedenheit mit der Entwicklung der Partei nicht länger verbergen wollten. „Es macht mich nachdenklich und traurig zu sehen, wie sich die Partei verändert und durch den eingeschlagenen Kurs an Rückhalt in der Bevölkerung verliert“, sagt Bail, der Mitgliederreferent der Kreis-CDU ist. Oftmals scheine es die politischen Entscheidungsträger überhaupt nicht zu interessieren, wie die Basis zu gewissen Fragen wie etwa der Flüchtlingskrise oder der Euro-Rettung stehe. Auch er selbst habe sich schon des öfteren verwundert die Augen gerieben, da sich die Partei mehr und mehr von ihren traditionellen Werten und somit auch von vielen Stammwählern zu entfernen scheine.

Nicht nur für Donth ist dieser Herausforderer wie aus dem Nichts gekommen. Auch Manuel Hailfinger, der Kreisvorsitzende der CDU, ist heftig überrascht worden. Schließlich hatte er dem TAGBLATT gegenüber noch vor einer Woche gesagt, ein Gegenkandidat für Donth sei nicht in Sicht. Und nun das! Absehbar sei das wirklich nicht gewesen, erklärt Hailfinger. Trotzdem wertet er die neue Konkurrenz nicht als großes Drama. Es gebe zwar viele Unzufriedene in der CDU – „aber das ist nicht die große Masse“, betont der Kreisvorsitzende und verlässt sich dabei auf Erfahrungswerte, die er erst am Samstag wieder bei der Feier „70 Jahre CDU in Engstingen“ gemacht hat. „Sehr viele sehen auch, dass keine neuen Schulden gemacht und keine Steuern erhöht werden und dass in Straßen investiert wird“, sagt Hailfinger. Wie er nun die Aussichten der beiden Kontrahenten einschätzt, dazu will sich der Kreisvorsitzende allerdings nicht äußern – schließlich ist er am 18. November Wahlleiter.

Bail selbst geht davon aus, dass er als Mann aus der zweiten Reihe gegenüber dem Amtsinhaber sicherlich weniger Chancen habe. „Allerdings haben mir einige in der CDU bestätigt, dass ich mir durchaus realistische Hoffnungen machen kann“, sagt der Geschäftsführer einer Immobilienfirma, der vor zwei Jahren bei seiner Bewerbung um den Kreisvorsitz der Jungen Union nur knapp gegen Valerie Neumann unterlegen ist.

Wichtig sei für ihn aber vor allem, dass die Kreis-CDU nun eine Wahlmöglichkeit habe und er Alternativen zur Bundespolitik aufzeigen könne, betont Bail. Allerdings ist die Basis für eine Rebellion in der hiesigen Union zuletzt kleiner geworden: Gut 100 Mitglieder sind in den vergangenen zwölf Monaten aus der Partei ausgetreten – vor allem, weil ihnen der Kurs der CDU eben nicht mehr passt.

H.-F. Bail

H.-F. Bail

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Erstellt:
11.10.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 19sec
zuletzt aktualisiert: 11.10.2016, 01:00 Uhr

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