Legende

Ein Schmuckstück verrottet

Nach einer eindrucksvollen Karriere als Filmstar und Publikumsliebling verkommt eine der wenigen flugfähigen Ju-52 in Afrika als „Hangar Queen“.

20.01.2021

Von DPA

Mit laufenden Motoren wartet die Ju-52 auf dem Gelände des internationalen Flughafens in Johannesburg auf die Freigabe zum Auslaufen. Foto: John Austin-Williams/dpa

Mit laufenden Motoren wartet die Ju-52 auf dem Gelände des internationalen Flughafens in Johannesburg auf die Freigabe zum Auslaufen. Foto: John Austin-Williams/dpa

Johannesburg. Das Ende ist bitter: Unbeachtet verstaubt der dreimotorige Tiefdecker seit einigen Jahren schon in der Ecke eines Hangars am internationalen Flughafen Johannesburg. Das Wellblech an Rumpf und Flügeln war einst das Markenzeichen der Junkers-Flugzeuge aus Dessau – wie sie auch die Lufthansa lange im Einsatz hatte. Heute gehören flugfähige Exemplare der Ju 52 und ihrer Lizenzbauten zu den seltensten Flugzeugen der Welt – es gibt nur noch eine Handvoll.

Südafrikas Wellblechflieger erfreute jahrelang Schaulustige und Passagiere bei Nostalgieflügen und Airshows. Doch dann kam das Aus. „Hangar Queen“, nennen Piloten solche Flugzeuge, die in ihrem Quartier verrotten. Und nun droht auch dort noch der Rauschschmiss.

Denn der Hangar, in dem die historische Maschine steht, gehört der strauchelnden Traditions-Airline South African Airways (SAA), und deren Überleben in der Post-Covid-Ära gilt als fraglich. „Die Ju-52 wird wahrscheinlich noch ein letztes Mal fliegen, von Johannesburgs OR-Tambo-Flughafen zum Rand-Airport; da müsste ich sie dann im Freien abstellen“, seufzt Pilot Flippie Vermeulen bedauernd. Vor fünf Jahren flog er den Tiefdecker zum letzten Mal, sagt der frühere Leiter der mittlerweile aufgelösten historischen Abteilung von SAA.

Vermeulen flog den historischen Wellblechflieger mehr oder weniger regelmäßig und nahm auch so einige deutsche Kapitäne im fliegenden Oldtimer mit. „Doch dann gab es zunehmend Probleme mit den Reifen“, sagt Vermeulen, der im Laufe der Jahre von der einmotorigen Cessna bis zum vierstrahligen Jumbo so ziemlich alles flog, was Flügel hat. So endete die Karriere des Nostalgiefliegers: „Wir mussten die Fliegerei einstellen, weil es keine passenden Reifen gab.“ Zwar wurde noch ein Satz Originalreifen in Deutschland aufgetrieben, doch auch die nutzten sich schnell ab.

Unsere Luftfahrtbehörde hat einfach nur Angst, alte Flugzeuge wie die Junkers für Nostalgieflüge zuzulassen“, glaubt der Direktor des SAA-Museums, John Austin-Williams. Zumal ein schwerer Unfall eines solchen Traditionsfliegers in der Schweiz diese Angst noch befeuert hat. Allerdings, so muss auch der Direktor mit Hinweis auf einen mittlerweile 80 Jahre alten Museums-Mechaniker zugeben, sterbe allmählich auch die Expertise aus, die viele der freiwilligen Helfer in den Wartungshallen des Museums haben.

Kein finanzieller Spielraum

Trotz Corona-Beschränkungen und damit ausbleibender Besucher-Einnahmen versucht Austin-Williams die Flugzeug-Sammlung finanziell über Wasser zu halten – da ist kein finanzieller Spielraum mehr für einen Hangar-Neubau.

Zuletzt war die Junkers im Jahr 2015 bei einer Flugshow am Rande von Johannesburg auf dem historischen Rand Airport, der mit seinem Art Déco-Abfertigungsgebäude einst das SAA-Hauptquartier war.

Das Management der South African Airways hatte den Wellblechflieger einst mit Blick auf ihr anstehendes 50-jähriges Bestehen gekauft. Immerhin war die dreimotorige Junkers Ju-52 mal das Rückgrat der Kap-Airline: Die Fluggesellschaft hatte 1934, im Jahr ihrer Gründung, die ersten von 15 bestellten Maschinen aus Dessau in Empfang genommen. Der als Jubiläumsmaschine gekaufte Tiefdecker dagegen wurde 1954 als Junkers-Lizenzbau in Spanien unter der Typenbezeichnung Casa 352 gebaut und flog bis 1972 für die dortige Luftwaffe, bevor er an einen englischen Sammler ging.

In Lemwerder wurde er im damaligen VFW-Werk zerlegt und in Containern in Südafrikas Hafen Durban verschifft, bevor es auf dem Landweg nach Johannesburg ging. Am 14. Januar 1984 gab ein Schweizer Flugkapitän dann den ersten südafrikanischen Piloten beim Erstflug nach der liebevollen Restaurierung die technische Einweisung auf dem Oldtimer. dpa

Flugkapitän Flippie Vermeulen auf dem Rand-Airport. Foto: Ralf Krüger/dpa

Flugkapitän Flippie Vermeulen auf dem Rand-Airport. Foto: Ralf Krüger/dpa

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Erstellt:
20.01.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 42sec
zuletzt aktualisiert: 20.01.2021, 06:00 Uhr

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