Kathrin Kammerer hätte gerne eine Schorle weiß-süß

Ein genügsamer Trink-Banause

18.08.2018

Von Kathrin Kammerer

Wenn ich einen Stammtisch gründen würde, dann würde es an diesem Stammtisch nur Weinschorle geben. Ich trinke nämlich liebend gerne Weinschorle. Und jetzt halten Sie sich ganz fest: Am allerliebsten Weinschorle weiß-süß. Das ist der Moment, in dem meistens 90 Prozent meiner Gesprächs- und Trinkpartner empört aufschnaufen und mich mit einer Mischung aus Überlegenheit und Mitleid anschauen. „Waaaas??? Süß?! Wie kann man einen guten Wein nur so verhunzen!“

Aber ich trinke nicht nur Weinschorle. Wenns mal ein etwas edlerer Anlass ist, dann darf’s auch gerne ein Wein pur sein. Ein – Achtung, zweiter Aufschnaufer – möglichst fruchtiger und lieblicher Wein.

Ich gebe offen zu: Ich habe weder einen toskanischen Lieblingswinzer noch schmecke ich besondere Aromen, Säuren oder Reife-Grade heraus. So verbissen ich auch versuche, das Weinglas edel zu schwenken und so weit ich meine Nase auch reinstecke. Alles was ich herausfinde ist: Der Wein schmeckt oder er schmeckt halt nicht. Basta.

Wenn Möchtegern-Sommeliers klugscheißern und über stimmige Harmonien, teure Holzfässer und Stachelbeernoten diskutieren, dann erzähle ich manchmal, dass ich früher sogar liebend gerne Schorle rot-süß getrunken habe. Das empfinden sie erfahrungsgemäß als noch empörender als weiß-süß.

Während meiner Studien-Zeit habe ich in einem Irish-Pub gekellnert. Wir hatten 48 Sorten Whiskey und ich muss sagen, so arg ich mich auch angestrengt habe, dem ganzen etwas abzugewinnen: Whiskey ist scheußlich. Bei Whiskey gelingt es mir noch weniger, irgendeinen Unterschied herauszuschmecken als bei Wein.

Um mir nun die Krone als Trink-Banause aufzusetzen, gebe ich auch noch zu: Bier kann ich ebenfalls nicht viel abgewinnen. Höchstens Radler, das geht noch. Aber das ist ja auch fast schon wieder wie Schorle weiß-süß…

Schade eigentlich, denn Biertrinker sind herrlich unkompliziert. Es gibt ein paar Grundregeln, die man als Kellnerin oder Wirtin beachten sollte. Sind diese erfüllt, ist der Biertrinker glücklich. Er schwafelt weder vom Reifegrad seines Gerstensafts, noch schwenkt er seinen Krug auf der Suche nach einem besonderen Aroma. Wenn die Zitrone im Kristall ist (wichtig!) und das Radler-sauer auch wirklich ein saueres ist (noch viel wichtiger!!) und der Krug um Gottes Willen nicht lauwarm ist (bloß nicht!!!) – dann ist der Biertrinker zufrieden.

Anders als der edle Apérol-Trinker, der pingelig genau auf das Misch-Verhältnis seiner Drinks achtet. Oder die Wodka-Bull-Jungs, die nur ein Motto haben: Hauptsache es ballert heute, aber so richtig. Oder die Rhabarber-Schorle-Mädels, die naserümpfend auf alle Alkohol-Trinker um sicher herum schauen.

Nein, der Bier-Typ, der ist genügsam. Genau wie der Schorle-weiß-süß-Typ. Beide jucken Aromen, Fässer und Reife-Grade herzlich wenig. Und sie wollen im Grunde genommen nur eins: In Ruhe trinken. Prost!

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Erstellt:
18.08.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 22sec
zuletzt aktualisiert: 18.08.2018, 01:00 Uhr

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