Polizistenalltag auf dem Revier und ganz privat – spannender als die meisten Krimis.

Eine fatale Entscheidung

Polizistenalltag auf dem Revier und ganz privat – spannender als die meisten Krimis.

24.11.2015

Von che

Eine fatale Entscheidung

Nur als Kauf-DVD erschienen bei "Good Movies"

Keine Berufsgruppe ist so präsent in Film und Fernsehen wie die Polizei. Eine realistische Vorstellung vom Arbeitsalltag der Freunde und Helfer haben wir deshalb noch lange nicht. Dem jungen französischen Regisseur Xavier Beauvois war es ein Bedürfnis, einmal genauer hinzuschauen. Zur Vorbereitung seines Films verbrachte er Monate bei einer Mordkommission, war bei Ermittlungen, Autopsien und Kneipenbesäufnissen hautnah dabei. Viele Figuren und Dialoge sind ein unmittelbares Resultat dieser akkuraten Recherche.

Von einer drögen Dokumentation ist „Le petit lieutenant? (so der Originaltitel) dennoch weit entfernt. Beauvois ist viel zu sehr Cinéast (im französischen Wortsinn), als dass er sich von der Wirklichkeit über Gebühr das Konzept diktieren ließe. Schon die Ausgangslage ? der Polizeischüler Antoine (Jalil Lespert) tritt voller Idealismus seine erste Stelle in einem Pariser Revier an ? ist Kino pur. Auch die melodramatische Zuspitzung seines Schicksals wird man nicht aus dem normalen Leben gegriffen nennen wollen. Es ist aber gerade diese Verschränkung von klassischer Erzählkunst und authentischen Fakten, die für eine weit über Krimi-Normalmaß hinaus reichende Spannung sorgt.

Letztere kommen bei Antoines erstem Fall zum Zuge: ein Obdachloser ist ermordet worden, zwei Russen sind verdächtig, es kommt zu verhängnisvoller Schlamperei, glanzloses Ermittlungs-Kleinklein führt schließlich ans Ziel. Auch Antoines mit knappem, präzisem Strich gezeichnete Kollegen sind überaus glaubwürdig. Allen voran die Revierchefin (Nathalie Baye), eine vom Leben gehärtete und doch verletzliche Frau, als trockene Alkoholikerin tief in einem privaten Schlamassel, dem kleinen Leutnant in ersatzmütterlicher Liebe zugetan. Ergreifendere Figuren gab es in diesem Kinojahr noch nicht viele.