Tanztheater

Eine ganze Schule als Bühne

Das Essener Ensemble Fakers Club nutzte die ehemalige Börstinger Schule am vergangenen Wochenende als vielfältige Kulisse für eine Performance.

30.05.2018

Von Dunja Bernhard

Mit internationaler Besetzung startete der Börstinger Kunstort Eleven in die Saison 2018. Das Essener Ensemble Fakers Club nutzte am Wochenende in zwei Aufführungen die vielfältigen Möglichkeiten in und um die ehemalige Schule für eine Performance mit Erzählcharakter.

Zehn Tage hatten sich die fünf ehemaligen Studenten der Folkwang Universität vor Ort vorbereitet und Räume, Flure, Lichtschächte und Dächer der Schule auf ihre Bespielbarkeit getestet. Die Amerikanerin Stephanie Miracle gab die Charaktere vor und choreografierte die einzelnen Szenen.

Zuschauer folgten den Akteuren

Anders als bei einem herkömmlichen Theater, bei dem die Kulisse wechselt, veränderte das Publikum seinen Standort und folgte den Akteuren. So ergaben sich immer wieder neue und beeindruckende Bilder. Aus Bäumen stürzte ein verwirrt wirkender Waldmensch (Jordan Gigout) hervor, rannte durchs Publikum und verschwand nach einer akrobatischen Einlage in entgegengesetzter Richtung. Ein Paar (Johann Geidies und Liliana Ferri) lief diskutierend einen Hügel hinauf und trug seinen Streit tanzend auf dem Sportfeld aus.

Sportsmann Alejandro Russo führte das Publikum Tennis spielend zur nächsten Szene. Aus dem Atelier drang Gitarrenmusik. Die Maler Kyle Scheurmann und Luca Migliorino, die derzeit als „Artists in Residence“ im Kunstort leben, spielten ebenso mit, wie einzelne Personen aus dem Publikum.

Eigentlich führt der Fakers Club seine Tanztheater in Großstädten auf und integriert Passanten und Cafébesucher spontan in die Handlung. Der Name Fakers Club leitet sich von dem englischen Wort „to fake“ für vortäuschen oder improvisieren ab. In Börstingen war die bewegliche Kulisse überschaubarer. Die Zuschauer blieben die meiste Zeit Zuschauer. Was sie sahen, war vor allem choreografisch-tänzerisch beeindruckend. Nach der Handlung befragt, zuckten die meisten ratlos mit den Schultern.

Die Haftung war ausgeschlossen

Sich in zwei Lichtschächten unterhaltend – das Publikum blickte durch die Gitter hinab – boten Geidies und Russo Interpretationen an: „Kunst und Sport gehören zusammen.“ Tennis spielen könnte für einen Künstler ein zweites finanzielles Standbein sein. Sie warfen aber auch die Frage auf: „Ist das, was wir machen, auch dann eine Performance, wenn keiner zuguckt?“

Der Landesverband Freie Tanz- und Theaterschaffende und die Gemeinde Starzach haben den Aufenthalt des Fakers Clubs finanziell gefördert. Die Haftung für die Dachszenen schloss die Gemeinde aus. Die fünf Darsteller wagten sich dennoch hoch hinauf und überzeugten.

Jordan Gigout, Johann Geidies, Liliana Ferri und Alejandro Russo (von links) tanzten auf dem Dach. Die schwangere Regisseurin Stephanie Miracle blieb auf festem Boden und fehlt deshalb auf dem Foto.Bild: Bernhard

Jordan Gigout, Johann Geidies, Liliana Ferri und Alejandro Russo (von links) tanzten auf dem Dach. Die schwangere Regisseurin Stephanie Miracle blieb auf festem Boden und fehlt deshalb auf dem Foto.Bild: Bernhard

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