Dokumentation über Al Gores Ökofeldzug gegen die Klimaerwärmung, die etwas unter Selbstdarstellung leidet.

Eine unbequeme Wahrheit

Dokumentation über Al Gores Ökofeldzug gegen die Klimaerwärmung, die etwas unter Selbstdarstellung leidet.

24.11.2015

Von Wolfgang Hübner, AP

Eine unbequeme Wahrheit

Bereits in wenigen Jahren kann die Klimakatastrophe verheerende Folgen für die Menschheit haben. Mit dieser "unbequemen Wahrheit" tritt Al Gore, einst Vizepräsident der USA, in Davis Guggenheims Dokumentarfilm vor das deutsche Kinopublikum.

Al Gore, acht Jahre lang hinter dem charismatischen Bill Clinton ein achtbarer US-Vizepräsident, wäre beinahe im Jahr 2000 selbst als Chef ins Weiße Haus gewählt worden. Doch bekanntlich ist er damals an seinem Gegner George W. Bush gescheitert.

An dieser schmerzlichen Niederlage ist der sympathische Politiker aber nicht zerbrochen. Vielmehr hat sich Gore seitdem auf eine wichtige Mission begeben. Er will nämlich vor der drohenden Klimakatastrophe warnen, die bereits in wenigen Jahren verheerende Folgen haben kann und deren Auswirkungen bereits jetzt nicht mehr zu leugnen sind.

Davon handelt der Dokumentarfilm "Eine unbequeme Wahrheit", der heute in die Kinos kommt. Im Mittelpunkt steht der verhinderte Präsident selbst, denn er zeigt eine perfekte Multimedia-Präsentation, die auf ebenso unterhaltsame wie eindrucksvolle Weise über die dramatischen Folgen der Erderwärmung aufklärt. In den USA waren die vielen Vorträge Gores, der damit quer durchs Land zog, ein großer Publikumserfolg.

In dem 96-minütigen Film wird klar, warum das so war: Der Umweltaktivist besitzt alle Eigenschaften, die Menschen begeistern können: Eine unmissverständliche Botschaft, Glaubwürdigkeit, eine gute Stimme und natürlich das Talent zur Selbstdarstellung, das er in seiner früheren Karriere gut ausbilden konnte. Immer wieder streut er private Bemerkungen und familiäre Erinnerungen ein. Gores Stärke ist zugleich jedoch die Schwäche eines Films, der über eine große Menschheitsgefahr aufklären und die Besucher aufrütteln soll: Zu oft verschwindet die Botschaft hinter dem Botschafter.

Am Ende des Films mag mancher bedauern, dass nicht Gore, sondern Bush damals Präsident des mächtigsten Staates der Welt geworden ist. Das aber kann nicht die Intention der Filmemacher gewesen sein, auch nicht die des umweltbewussten Politikers. Denn der beschäftigt sich nachweislich schon seit seiner Studentenzeit mit dem Klimawandel, also seit gut 40 Jahren. Was Gore bei seinem nun dokumentierten Vortrag sagt, wird für Experten und interessierte Laien nicht neu sein. Doch wie er es sagt, das ist schon beeindruckend.

Der Preis des Wachstums

Wahrscheinlich kommt sein Appell, die globale Erwärmung als die größte moralische Herausforderung für die Bewohner unseres Planeten zu begreifen und daraus die richtigen Schlüsse zu ziehen, in Sälen und Konferenzräumen viel besser zur Geltung als im Kino. Dort ist der Mensch, und erst recht ein so stattlicher, kluger Mann wie Gore, auf der Leinwand nun einmal überlebensgroß. Wenn es aber um das Thema Überleben geht, ist gerade das eher ein Hindernis bei der Aufnahme der Botschaft.

Amerikaner mögen das vielleicht anders sehen, jenseits des Atlantiks ist die Personalisierung gesellschaftlicher Probleme noch weiter fortgeschritten als im skeptischeren Europa. Gleichwohl: "Eine unbequeme Wahrheit" ist es für alle, womit Gore die Zuschauer konfrontiert. Und es ist eine bittere Lektion für jene, die sich in der Ökonomie bedingungslos dem Götzen Wachstum unterworfen haben, denn der Film zeigt, dass sie dafür einen hohen Preis entrichten werden müssen - einen zu hohen Preis.

Zum Artikel

Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 35sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Sie möchten diesen Inhalt nutzen? Bitte beachten Sie unsere Hinweise zur Lizenzierung.
Jan 14.10.200612:00 Uhr

Das Thema ist wichtig, keine Frage. Und wer sich damit noch nicht beschäftigt hat, wird hier ein paar neue Dinge lernen. Trotzdem ist der Film nicht mehr als der Diavortrag, auf dem er basiert, mit ein paar eingestreuten privaten Erinnerungen von Al Gore. Wenn der Film hilft, die Politik der USA zu ändern, ist es gut. Ansonsten ist es ein eher durchschnittlicher Film.