Das Mittwochs-Interview

„Einen Boom wird es nicht mehr geben“

WTB-Präsident Ulrich Lange spricht über die Tennis-Situation in Deutschland und verspricht, dass das Bildechinger Turnier immer finanziell unterstützt wird.

22.02.2017

Von Sascha Eggebrecht

WTB-Präsident Ulrich Lange freut sich dieser Tage über das gestiegen mediale Interesse am Tennissport. Archivbild: Eggebrecht

WTB-Präsident Ulrich Lange freut sich dieser Tage über das gestiegen mediale Interesse am Tennissport. Archivbild: Eggebrecht

SÜDWEST PRESSE: Herr Lange, fanden Sie die Auftritte der Deutschen im Davis-Cup und im Fed-Cup auch desaströs?

Ulrich Lange: Zum Fed-Cup kann ich nicht viel sagen und unsere Davis-Cup-Mannschaft hatte einen einwandfreien Auftritt trotz des Ausscheidens gegen Belgien.

Wie ist es zu aber zu erklären, dass Alexander Zverev im Davis-Cup sein Einzel verliert und eine Woche später gewinnt er das ATP-Turnier in Montpellier. Auch der Auftritt von Kohlschreiber war eher enttäuschend. Wird für Deutschland nicht alles
gegeben?

Doch, die Jungs geben alles für ihr Land. Man hat im Spiel gegen Belgien aber gesehen, dass Alexander Zverev noch nicht so weit ist, mit einer solchen Drucksituation umzugehen. Es ist eben ein Unterschied, ob ich für ein Team spiele oder für mich selber.

Auch die Damen enttäuschten auf Hawaii gegen die USA. Sowohl die Herren als auch die Damen müssen nun um den Verbleib in der Weltgruppe zittern. Die Zeiten eines Sieges in diesen Wettbewerben liegt schon weit zurück. Wäre es aber für das Tennis in Deutschland nicht auch mal wichtig, einen Mannschaftserfolg zu haben?

Klar wäre ein Erfolg in diesen Wettbewerben wichtig. Aber in der Damen-Weltgruppe spielen nur acht Teams mit. Alle Länder haben hervorragende Spieler und Spielerinnen. Auch das Abstiegsrelegationsspiel der Damen gegen die Ukraine wird kein Selbstläufer. Die gegnerische Mannschaft ist sehr stark. Zum Glück wird Angelique Kerber mit dabei sein.

Auch finanziell wäre ein Weiterkommen der Teams für DTB lukrativ gewesen, vor allem, weil der Bund ja auch ziemlich klamm ist. Was halten Sie eigentlich davon, dass die LK-
Turniere teurer werden und 5 Euro
an den DTB gehen?

Es war die bequemste Lösung. Der DTB musste handeln, um den Spitzensport bei den Herren weiter voranzubringen. Auch eine Mitgliedsbeitragserhöhung um einen Euro stand im Raum. Aber diese Erhöhung wäre unfair gewesen, weil ja nicht alle Mitglieder Turniere spielen.

Können Sie den Aufstand an der
Basis mit einer Petition verstehen?

Nein. Nur die Turnierveranstalter mucken auf, von den Spielern
abe ich noch nichts Negatives
gehört. Die Turnierveranstalter vermuten nun, dass ihr Profit sinken wird.

Kommen wir zurück zum Profitennis. Nach dem frühen Ausscheiden im Davis-Cup kommt nun der Name Boris Becker wieder ins Spiel. Welche Rolle könnte der Ex-Weltklassespieler im Davis-Cup übernehmen?

Dazu kann ich nichts sagen. Er könnte aber für den mentalen
Bereich eine große Unterstützung sein.

Könnten Sie sich Becker auch als Teamchef vorstellen?

Nein. Er hat gar nicht die Zeit dafür, diese Aufgabe zu stemmen. Ich könnte mir aber sehr gut vorstellen, dass er eine beratende Funktion im Team wie Niki Pilic zuletzt übernehmen könnte. Zudem könnte er in der Box sitzen und die Spieler anfeuern.

Bei den Damen hatte Angelique Kerber ihren Fed-Cup-Auftritt auf Hawaii abgesagt, weil der Termin nicht in ihren Spielplan passte.
Haben Sie dafür Verständnis?

Schwieriges Thema. Es sind alles Menschen. Angelique hat so viel fürs deutsche Tennis geleistet, daher muss man ihre Entscheidung akzeptieren. Es ist aber eine Angelegenheit zwischen ihr und
der Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.

Nach den Grand-Slam-Siegen der Kielerin und der Sprung auf die Nummer 1 der Weltrangliste hatten alle auf einen Tennis-Boom gehofft. Gibt es einen Boom im Land und im WTB?

Im Moment nicht. Es ist aber wichtig, dass nach ihren großen Erfolgen das mediale Interesse am Tennissport in Deutschland wieder gestiegen ist. Es ist zu hoffen, dass die Kinder ihr nacheifern wollen.

Demnach wird es nie wieder einen richtigen Boom in Deutschland
geben oder?

Nein. Es gibt einfach zu wenige Kinder in Deutschland. Unser Ziel sollte es sein, die bisherige Mitgliederzahlen zu halten. Und vielleicht wird es uns gelingen, Menschen mit Migrationshintergrund zum Tennissport zu bringen. Bis jetzt spielen nur ein Prozent von denen Tennis.

Kommen wir kurz noch auf das Turnier in Bildechingen zu sprechen. In diesem Jahr steht die 25. Auflage des AHG-Cups auf dem Plan. Wird der WTB das Turnier wieder so wie im vergangenen Jahr bezuschussen?

Wir bezuschussen alle Turniere in der gleichen Form. Bildechingen wird genauso wie alle anderen Turniere auf diesem Level einen bestimmten Zuschuss erhalten.

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Erstellt:
22.02.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 05sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2017, 01:00 Uhr

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