Gus Van Sants Filmversion des Highschool-Massakers von Littleton bekam in Cannes die Goldene Palme.

Elephant

Gus Van Sants Filmversion des Highschool-Massakers von Littleton bekam in Cannes die Goldene Palme.

24.11.2015

Von che

Elephant

Die beiden Fälle zählen zu den Aufsehen erregendsten der amerikanischen Kriminalgeschichte. In den Jahren 1989 und 1990 ermordete die Prostituierte Aileen Wuornos sechs ihrer Freier und wurde dafür zum Tode veurteilt und hingerichtet. 1999 erschossen zwei Jugendliche in der Kleinstadt Littleton zwölf Mitschüler, einen Lehrer und danach sich selbst. Die Filme, die sich diese Massenmorde vorknöpfen, könnten allerdings unterschiedlicher kaum sein.

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Gus Van Sant („Good Will Hunting?) liefert in seinem für den amerikanischen Fernsehsender HBO gedrehten, in Cannes mit der Goldenen Palme dekorierten Film vordergründig eine kühle (teilweise fiktive) Chronologie der Ereignisse jenes prekären Tags an der Columbia-Highschool. Aber was heißt schon Ereignisse? Der Versuch des Hobby-Fotografen Eli, ein Punk-Pärchen im Park zum Posieren zu überreden, zählt schon zu den spektakuläreren. Ferner begegnen wir John, der wegen Zuspätkommens zum Rektor zitiert wird, der pummeligen Michelle, die im Sportunterricht keine Shorts tragen will, und drei nervensägenden Mädchen, die im Klo unisono ihr Mittagessen auskotzen. Und schließlich lernen wir auch Alex kennen, der sich am Klavier mit Beethoven abmüht, während sich sein Kumpel Eric auf dem Sofa mit wüsten Computerspielen verlustiert. Wüsste man nicht, wie das alles endet, man wäre bei dieser Revue tristen Oberschüler-Alltags schon längst weggedöst. So aber geht sie mächtig unter die Haut.

Warum ist gar nicht so leicht zu erklären, denn Van Sant macht einen weiten Bogen um alles, was emotionale Identifikation herbeiführen könnte Die scheinbar wahllos aus dem Schulensemble gegriffenen Charaktere ? ob von Tätern, Opfern oder Überlebenden ? werden weder psychologisch ausgelotet noch soziologisch fundiert. Die Kamera verhält sich fast unverschämt undramatisch, wenn sie oft minutenlang hinter den Protagonisten herschleicht, deren Hinterköpfe man am Ende besser kennt als die Gesichter. Allerdings verstärken sich diese Schlaglichter zu einer Atmosphäre ritualisierter Sinnlosigkeit, einem Überdruck bleierner Vorstadt-Langeweile, der sich irgendwann ein Ventil sucht ? egal welches.

Das ist aber auch schon alles, was der Regisseur zum Verständnis dieses Amoklaufs auffährt. Sein heimliches Angriffsziel scheinen jene Bescheidwisser zu sein, die nach jedem einschlägigen Blutbad in Windeseile ihre standardisierten „Erklärungen? in den Medien herunterleiern.

Van Sant hält es wohl mehr mit Marilyn Manson. In „Bowling for Columbine?, dem anderen großen Littleton-Film, antwortete der auf die Frage, wie er mit schießwütigen Teenies umgehen würde: „Ihnen einfach mal zuhören?. „Elephant? ist ein zuweilen noch unsicher tastender, aber schon mal äußerst formalbrillanter Anfang.

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 16sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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Tobias 14.01.200512:00 Uhr

dümmliche Klischees

Johannes 26.11.200412:00 Uhr

Genialer Film, der sich mit den Themen Gewalt, Schule, Erwachsenwerden auseinandersetzt.

sunny 03.11.200412:00 Uhr

Ich finde der Film ist zu langweilig! Man läuft den Leuten nur hinterher und am schluss werden alle ermordet! Man könnte ihn auch etwas interessanter gestalten!

Mausle 09.10.200412:00 Uhr

Dieser Film ist richtig gut nur für viele nicht verständlich

Ozon 03.09.200412:00 Uhr

Einer der Filme des Jahres auf alle Fälle (neben "Die Träumer")... klasse, die Stimmung, die rübergebracht wird!

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