Mundartkabarett

Emotionaler Abschied von den „Weibern“

Die Temperaturen stiegen am Samstag in Empfingen dank der Oktobersonne. Mit dem Auftritt der „Schwoba Komede“ führte dies dazu, dass mancher Gast ganz schön ins Schwitzen kam.

09.10.2018

Von Gerhard Rebmann

Emotionaler Abschied von den „Weibern“

Heiß – im wahrsten Sinne des Wortes –, war es am Samstagabend in der Tälesee-Halle. Zur Freude der veranstaltenden Kulturgemeinschaft Narrenzunft und ihrer Trachtengruppe hatten auch viele prominente Gäste, Präsidenten und Ehrenpräsidenten und, als
ältester Gast, die 92-Jährige
Luise aus Ergenzingen, den Weg nach Empfingen gefunden, um der Trachtengruppe die Ehre zu erweisen.

Die Schwoba Komede besteht aus schwäbischen Mundartkünstlern, die sich bei einem Weihnachtsbenefiz-Projekt für Straßenkinder im Ländle gefunden haben und seit 2014 gemeinsam die schwäbische Mundart auf die Bühnen des Landes bringen. In Empfingen wurde also schwäbisch „gschwätzt, xonga, gschpielt ond glacht.“

Moderator Wulf Wager ist eigentlich Verlagsbuchhändler und Werbefachwirt, jedoch leidenschaftlicher Musikant und brennender Erznarr, kompetenter Spezialist für Bräuche und Fastnacht und fachkundiger Trachtenforscher. Außerdem leitet er die Spundlochmusig, die den Abend musikalisch eröffnete. Dann hatte Wulf Wager seinen ersten Auftritt. Als „emanzipationsirritierter Schwabe“ trafen seine Witze und Erzählungen meist unter die Gürtellinie. Auch die Frauen mussten sehr leidensfähig sein.

Mit dem Stil nicht einverstanden

An den Reaktionen einiger Zuschauer war zu erkennen, dass sie mit dem Stil dieses Vortrages nicht unbedingt einverstanden waren, und in Wager viel lieber den kompetenten Moderator von Brauchtums- und Fasnetsveranstaltungen sehen. Seine Wortakrobatik war allerdings vom Feinsten, und auch der Wechselgesang mit dem Publikum kam gut an.

Freuen konnten sich alle auf die Stars des Abends: die „Bronnweiler Weiber“, und hier insbesondere Märy Lutz. Sie zeigten, wie schwäbischer Humor funktionieren kann. Die Bronnweiler Weiber, das sind Friedel Kehrer und Märy Lutz, zwei Frauen mit Kultstatus. Sie sind bekannt aus dem SWR-Fernsehen, reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist und sie traten an, um mit Intelligenz und einer umwerfenden Mimik einige gesellschaftliche Themen komödiantisch näherzubringen.

Wie Märy die Bälle, die ihr ihre Partnerin Friedel zuwarf, aufnahm, trocken einen draufsetzte und zurückspielte, um danach wieder zu sich selbst zurückzukehren, war allerfeinster Humor. „Mir kommet vom a kleine Flegga. Wenn mir weg send, isch der leer“, verkündeten sie mit ernster Miene, um gleich danach ihren Heimatort in den höchsten Tönen zu loben und die „Stuagerter Städtler“ aufs Korn zu nehmen. „Liaber a Schneck em Salat, als an Stuagerter em Hof“, so ihre Ansage. Die schlagfertige Märy saß meist stoisch auf ihrem Stuhl, wippte lediglich mit dem rechten Fuß, verzog keine Miene, schoss jedoch ihre teils deftigen Sprüche treffsicher und überraschend ab.

Ihre Gesprächspartnerin gab sich wesentlich dynamischer: sie redete sich öfters in Rage und gestikulierte eifrig beim Politisieren, band das Publikum mit ein und zeigte sich auch im Fußball aktuell und auf der Höhe: der einzige Bayern-Fan, der sich in der Halle outete, bekam anlässlich der abendlichen Niederlage seiner Mannschaft ordentlich sein Fett weg. Märy war eher den prägnanten Lebensweisheiten zugetan: „Fährt man rückwärts auf den Baum, verkleinert sich der Kofferraum“ wusste sie, und hielt mit ihrem Wissen nicht hinterm Berg. Dem scharfen Humor des Duos, das seit 38 Jahren gemeinsam auf der Bühne steht, konnte und wollte keiner entkommen. Das Publikum spendete zurecht großen Beifall für einen mitreißenden Auftritt der beiden.

Zipperle besticht durch Mimik

Der vierte Künstler des Abends, Markus Zipperle, ist von Beruf Einzelhandelskaufmann und schnupperte erstmals 1993 bei der „Städleskomede“ in Neuffen Theaterluft. Diesem „Pläsier“ ist er bis heute treu geblieben. Inzwischen führt er Regie in der „Theaterscheuer“ in Ebersbach und ist auch mit Soloprogrammen unterwegs. Mit ihm setzte sich das Witzefeuerwerk fort, wobei er seine Stimme dynamisch einsetzte und auch durch Mimik und Gestik bestach. Auch ein gewisses gesangliches Talent offenbarte der „en Wäschabeira“ Wohnende. Das Publikum dankte es mit herzlichem Gelächter und großem Applaus.

Die Spundlochmusig, die zwischen den Solokünstlern immer wieder für musikalische Übergänge sorgte, sind sechs begeisterte, württembergische Musikanten, die sich der traditionellen Volksmusik Süddeutschlands verschrieben haben. Wirtshausmusik, Tanzbodenmusik, feine und virtuose Musik – einfach Musik, die Herz, Ohren und Beine erreicht – Musik, wie sie erklang, als der Urgroßvater die Urgroßmutter „zom Daaza“ ausführte. Aber auch Musik, basierend auf den süddeutschen Volksmusiktraditionen, jedoch neu geschrieben.

Das Spundloch ist der wichtigste Teil beim Fass, egal, ob Wein- oder Bierfass. Denn daraus fließt das köstliche Nass, das zwingend notwendig ist, um die richtige Feuchtigkeit zur Erzeugung von feinen Tönen aus Blasinstrumenten, den „Aasatz“, zu erreichen. Nach einer kurzen Pause hatten alle ihren zweiten Auftritt und starteten erneut ein Feuerwerk aus Witz und Humor. Und wieder waren es die „Weiber“, die die größten Lacher, aber auch das größte Bedauern auslösten. Friedel Kehrer gab das Ende des Kultduos am Ende des Jahres bekannt. Danach nahm sie ihre Gitarre und sang mit ihrer ausgezeichneten Sopranstimme, beim Refrain begleitet von ihrer genialen Partnerin, als Kontrast ein fast schon melancholisches Lied über die Zeit. Markus Zipperle zeigte sein komödiantisches Talent auch, als er, seinem Vorbild Jerry Lewis gleich, den „Typewriter“ gab.

Von der Spundlochmusig begleitet sangen Friedel Kehrer, Markus Zipperle und Wulf Wager gemeinsam ein Abschiedslied und fügten die Zugabe, ein Loblied auf das Schwabenländle, gleich an: „Mir hättet au gsonga, wenn iar it glatschet hättet“ gab Friedel Kehrer bekannt und hatte damit natürlich erneut die Lacher auf ihrer Seite. Sie wagte sogar noch ein Tänzchen mit Wulf Wager .

Emotionaler Abschied von den „Weibern“