Lokalpolitik

Ende der Mammutsitzungen gefordert

Um das Amt als Gemeinderat attraktiver zu machen, schlagen Sebastian Lazar und Raphael Sickler vor, die Sitzungsdauer des Eutinger Gremiums auf 22 Uhr zu begrenzen.

07.06.2018

Von Maik Wilke

Um 22 Uhr ist Schluss – oder zumindest soll danach kein neuer Tagesordnungspunkt mehr beraten werden. Das fordern die beiden Gremiumsmitglieder Raphael Sickler und Sebastian Lazar für den Eutinger Gemeinderat. Bild: Wilke

Um 22 Uhr ist Schluss – oder zumindest soll danach kein neuer Tagesordnungspunkt mehr beraten werden. Das fordern die beiden Gremiumsmitglieder Raphael Sickler und Sebastian Lazar für den Eutinger Gemeinderat. Bild: Wilke

Zähe Diskussionen und detaillierte inhaltliche Vorträge prägen häufig die Dienstagabende im Eutinger Sitzungssaal. Wenn der Gemeinderat einmal monatlich zusammenkommt, sitzen die Ratsmitglieder von 19 bis teils 23.30 Uhr im Rathaus. Doch mehr als vier Stunden aufmerksames Zuhören und munteres Debattieren kosten Kraft – und sind für viele eine Abschreckung, sich für das Amt als Gemeinderat aufstellen zu lassen. Sebastian Lazar und Raphael Sickler, beide Mitglieder des Eutinger Gremiums, haben deshalb bei der Verwaltung einen Antrag eingereicht, die Sitzungsdauer zu verkürzen.

„Wir hören häufig im Gespräch mit Bürgern oder ehemaligen Gemeinderäten, dass vor allem die Sitzungslänge der Grund dafür ist, dass viele nicht oder nicht mehr kandidieren wollen“, sagt Sebastian Lazar im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE. Gerade im Hinblick auf die anstehenden Kommunalwahlen im Mai nächsten Jahres soll der Antrag, nach 22 Uhr mit der Beratung eines neuen Tagesordnungspunkts grundsätzlich nicht mehr zu beginnen, ein Zeichen sein. „Wir haben in Eutingen sowieso meist dünne Wahllisten. Das kann man nun entweder so hinnehmen oder man versucht, das Amt als Gemeinderat attraktiver zu gestalten“, sagt Lazar.

Antrag auf der Tagesordnung

Bisher ist das offizielle Ende der Gemeinderatssitzungen auf 23 Uhr festgelegt. Um die Sitzungsdauer um eine Stunde zu verkürzen, muss die Geschäftsordnung für den Gemeinderat geändert werden – und dafür bedarf es einer Mehrheit im Rat selbst. Auch Lazar ist sich darüber bewusst, dass nicht jedes Ratsmitglied dem Antrag folgen wird: „Es gibt einige, die ebenfalls sehen, dass wir effizienter arbeiten könnten und diesen konkreten Vorschlag unterstützen werden. Allerdings sagen andere, dass man sich für die Entscheidungen, beziehungsweise für die Diskussionen vor den Entscheidungen ausreichend Zeit nehmen muss.“

Für Lazar ist Letzteres jedoch nur bedingt ein Argument, da die wichtigen Themen bereits einen Tag zuvor in den Ortsgremien ausführlich besprochen werden. Der 26-Jährige ist Anfang des Jahres selbst aus dem Eutinger Bezirksbeirat ausgeschieden, weil er zwei Sitzungsabende pro Woche beruflich immer schwieriger vereinbaren konnte. „Zeitlich ist das dann nicht immer machbar.“

Zumal das Amt ja nicht nur die eine monatliche Sitzung mit sich bringt, wie Sickler und Lazar in ihrem Antrag festhalten: „Die Arbeit des Gemeinderats bringt durch seine Entscheidungskompetenz eine große Verantwortung mit sich. Neben den monatlichen Sitzungen sind Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, Firmen, Vereinen, Institutionen und die Aufarbeitung von Unterlagen notwendige Voraussetzung, um das Amt gut auszuüben. Aber immer weniger Bürgerinnen und Bürger sind bereit, ehrenamtliche Führungsaufgaben zu übernehmen.“ Für Kommunalwahlen fänden sich deshalb stets weniger Kandidaten, dünne Wahllisten führten zu geringer Wahlbeteiligung. „Das gefährdet die Legitimation demokratischer Prozesse“, so die beiden Gemeinderäte.

Durch die Reduzierung der Sitzungsdauer von 23 auf 22 Uhr, sowohl für öffentliche als auch nicht-öffentliche Beratungen, komme zudem Selbstdisziplinierung zum Ausdruck. Zumal die Gremiumsmitglieder nicht sofort nach Verlassen des Rathauses in den entspannten Feierabend-Modus umschalten könnten. „Wir führen da ja teils lange, anstrengende Diskussionen, die man innerlich mit sich nach Hause nimmt“, sagt Sebastian Lazar. „Bis man wirklich abschalten kann, ist wieder eine Stunde vorbei.“

Besonders Frauen und junge Menschen seien nicht bereit, im Ehrenamt stundenlange Präsenztermine wahrzunehmen, schreiben die beiden Räte in ihrem Antrag. „Aber es sind auch Frauen und junge Menschen, die in Vereinen und dem Gemeinderat gebraucht werden. Sie gestalten Veränderungsprozesse in Job und Alltag mit und sind in demokratischen Gremium bisher stark unterrepräsentiert.“

Bei der nächsten Sitzung des Eutinger Gremiums am Dienstag, 12. Juni, steht die Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderats auf der Tagesordnung (siehe Infokasten).

Nächste Sitzung am Dienstag, 12. Juni

Der Eutinger Gemeinderat tagt am Dienstag, 12. Juni, um 19 Uhr. Auf der Tagesordnung stehen die Vorberatungen zur Digitalisierung des Flächenutzungsplans, die Kindergartenbedarfsplanung, eine Änderung des Bebauungsplans „Lindenstraße“ im Ortsteil Göttelfingen, die Verordnung zur Festlegung der FFH-Gebiete durch das Regierungspräsidium sowie die Fortschreibung des Regionalplans mit Schwerpunkt Siedlungs- und Verkehrsentwicklung der Gemeinde Eutingen. Des Weiteren geht es um die Besetzung verschiedener Ausschüsse, um die Aufnahme von Thorsten Weiß in den Bezirksbeirat, um die Aufstellung der Vorschlagslisten für Schöffen und Jugendschöffen sowie die Änderung der Geschäftsordnung des Gemeinderats. Das Gremium fast Beschlüsse zur Wahl des stellvertretenden Ortsvorstehers in Rohrdorf, zur Auftragsvergabe für die Umbauplanung der Halle in Weitingen, zur Einziehung von zwei Teilflächen am Alten Bahnhof sowie zu zwei Bauangelegenheiten.

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07.06.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 07.06.2018, 01:00 Uhr

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