Freudenstadt · Pandemie

Entlastung für Praxen und Krankenhaus

Die beiden Kinderärzte Michael Nagel und Stefan Langrehr berichten von ihren Erfahrungen in der Schopflocher Fieberambulanz.

21.11.2020

Von Monika Schwarz

Dr. Stephan Langrehr (links) und Dr. Michael Nagel führen die Berichterstatterin auch ins Untergeschoss, wo die Masken und Schutzanzüge gelagert werden. Bilder: Monika Schwarz

Dr. Stephan Langrehr (links) und Dr. Michael Nagel führen die Berichterstatterin auch ins Untergeschoss, wo die Masken und Schutzanzüge gelagert werden. Bilder: Monika Schwarz

Die Suche nach geeigneten Räumen für eine Fieberambulanz war nicht einfach. Im ehemaligen Firmengebäude des Transportunternehmens Seeger in der Dornstetter Straße 19 in Schopfloch sind die Mediziner fündig geworden. „Die Räume hier sind wirklich gut“, sagt der Horber Kinderarzt Dr. Michael Nagel, der derzeit nicht nur Pandemiebeauftragter des Landkreises ist, sondern auch Triebfeder für die Fieberambulanz war.

Ihm sei bereits, als die Fieberambulanz in der Dornstetter Riedsteighalle schloss, klar gewesen, dass es in der kalten Jahreszeit wieder ansteigende Infektionszahlen geben wird. „Das war ja keine Überraschung“, so Nagel. Deshalb habe er auch frühzeitig nach geeigneten Räumen Ausschau gehalten. Nach den Sommerferien habe die Zeit dann gedrängt. Über eine Mitarbeiterin erfuhr er eher zufällig von dem teils ungenutzten Gebäude in Schopfloch. Er nahm sofort Kontakt zu Bürgermeister Klaas Klaassen und über diesen zu der Familie Seeger als Vermieter auf. Beide Seiten unterstützten das Projekt sehr, berichtet Nagel.

Da ein Teil des Gebäudes bis zum Jahresende an einen Busunternehmer vermietet ist, blieb für die Fieberambulanz nur der andere Gebäudeteil. Dieser wurde mit Trennwänden und Richtungspfeilen versehen und so an die Vorgaben angepasst. Das habe sehr gut funktioniert. Wer die Fieberambulanz aufsucht, wartet im Auto, bis er von den Damen an der Anmeldung mittels Handzeichen oder Aufforderung durchs Fenster hereingebeten wird. Auf ein Wartezimmer haben die Ärzte bewusst verzichtet, um das Ansteckungsrisiko möglichst gering zu halten.

Drei eingerichtete Untersuchungszimmer bieten genügend Platz, um den momentanen Bedarf abzudecken, betonen Nagel und der Freudenstädter Kinderarzt Stefan Langrehr. Sollte der Andrang größer werden, können in der Halle fünf weitere Behandlungszimmer in speziellen Boxen eingerichtet werden. Nagel und Langrehr hoffen allerdings, dass diese nicht nötig werden.

Im Gebäude waren bereits Einbauschränke, die jetzt mit zahlreichen Utensilien aufgefüllt sind. Alles, was darüber hinaus an Gerätschaften, Untersuchungsliegen und Material erforderlich ist, stellt die Kassenärztliche Vereinigung zur Verfügung. Vieles davon war in der Riedsteighalle eingelagert. Im Untergeschoss des Gebäudes in Schopfloch haben Ärzte und Mitarbeiterinnen die Möglichkeit, sich umzuziehen und gebrauchte Schutzkleidung sowie Masken aufzubewahren. Für die Hygiene im Gebäude ist die Firma Armbruster Gebäudereinigung zuständig. Es gibt ein extra erarbeitetes Hygiene-Konzept.

Das medizinische Fachpersonal, das die Ärzte im so genannten „Schwarzbereich“, in dem aufgrund der Nähe zu potenziell infizierten Patienten mit Schutzkleidung gearbeitet werden muss, unterstützt, bringt diese in der Regel aus der eigenen Praxis mit. Im Empfangsbereich arbeiten weitere Fachkräfte aus unterschiedlichen Praxen sowie aus der Kinderklinik im Wechsel.

Die Kinderärzte und die Allgemeinärzte, die sich dem Projekt kurzfristig angeschlossen haben, wechseln sich in Schichten ab. „Normalerweise ist jeder einmal in der Woche dran“, sagt Langrehr. Das Schichtmodell habe sich sehr bewährt und funktioniere gut. Könne einer ausnahmsweise doch nicht, wie geplant, springe ein anderer ein.

Patienten, die in die Fieberambulanz kommen, wandten sich zuvor meist an ihren betreuenden Arzt. Dieser meldet die Patienten in Schopfloch an, wenn sie grippeähnliche Symptome haben. Die Patienten werden in der Fieberambulanz zunächst gründlich untersucht. Bei Verdacht auf eine Sars-CoV 2-Infektion wird ein Abstrich genommen. „Bei uns steht die Untersuchung im Vordergrund, nicht der Abstrich“, betont Nagel. Der sei nur ein Bestandteil der Untersuchung. Nicht jeder Patient wird automatisch getestet. Im Schnitt seien es zwei Drittel derer, die kommen. Die Mehrzahl sei negativ. Beiden Ärzten macht die Arbeit in der Fieberambulanz als Ergänzung zu ihrer Tätigkeit in der Praxis viel Spaß, betonen sie.

Bedenken, dass insbesondere die kleineren Kinder ängstlich reagieren könnten, wenn der Arzt plötzlich im Schutzanzug vor ihnen steht, hätten sich nicht bestätigt. „Die finden das sogar eher witzig“, sagt Langrehr schmunzelnd.

Im Einzelfall stehen auch Schnelltests zur Verfügung. Diese hat Nagel selbst bestellt, weil eine Ausschreibung über die Kassenärztliche Vereinigung sehr aufwändig gewesen wäre.

An den Wochenenden ist neben der Fieberambulanz auch die vom Krankenhaus ausgelagerte Kinder-Notfallpraxis in Schopfloch untergebracht. Dort werden nicht nur Kinder behandelt, sondern es besteht für Erwachsene die Möglichkeit, bei entsprechenden Symptomen einen Coronaabstrich abnehmen zu lassen. Das Labor arbeite darauf hin, die Ergebnisse möglichst noch am Wochenende vorzulegen.

Die Fieberambulanz entlastet Arztpraxen und Krankenhaus. „Es ist für uns zwar ein bisschen mehr Arbeit, es ist aber medizinisch sinnvoll und logistisch wertvoll – für uns alle in dieser Pandemie“, sagt Nagel.

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Erstellt:
21.11.2020, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 13sec
zuletzt aktualisiert: 21.11.2020, 01:00 Uhr

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