Todesfall

Er schwebte über das Wasser

Der deutsche Sport trauert um „Schwimm-Mozart“ Roland Matthes, der im Alter von 69 Jahren in Wertheim starb.

23.12.2019

Von DPA

Roland Matthes beim Gewinn der Goldmedaille über 200 m Rücken bei den Spielen 1972 in München. Foto: afp

Roland Matthes beim Gewinn der Goldmedaille über 200 m Rücken bei den Spielen 1972 in München. Foto: afp

Wertheim. Seine majestätische Eleganz brachte ihm den Spitznamen „Schwimm-Mozart“ ein, für viele war Roland Matthes der „Rolls Royce des Schwimmens“. Der viermalige Olympiasieger und erfolgreichste deutsche Schwimmer starb am Freitag in Wertheim nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 69 Jahren.

Zum Schwimmen kam der aus einfachen Verhältnissen stammende Matthes, nachdem ihn sein vier Jahre älterer Bruder aus einem Teich retten musste und weil es im Bad „immer eine warme Dusche gab“. Zunächst war ihm in der DDR Talentlosigkeit bescheinigt worden. Bis seine langjährige Trainerin Marlies Grohe ein Machtwort sprach: „Das ungehobelte Stück Holz muss geschnitzt werden.“

Sieben Jahre blieb Matthes über die Rückenstrecken unbesiegt – von April 1967 bis August 1974 schlug er in seiner Spezialdisziplin immer als Erster an und erzielte 21 Weltrekorde. Bei seinen insgesamt drei Olympia-Teilnahmen holte er vier goldene Medaillen, darunter zwei bei den Sommerspielen 1972 in München über 100 und 200 Meter Rücken. Er lag mehr auf als im Wasser. „Matthes ist wundervoll“, sagte der frühere US-amerikanische Schwimmer Ronald Mills. „Ich bewundere an ihm seine langsame Zugfolge, die wie gespielt aussieht und doch so wirksam ist.“

Sieben Mal wurde er in der DDR zum „Sportler des Jahres“ gewählt. Für Aufsehen sorgte 1978 die Heirat mit Kornelia Ender, dem zweiten großen sportlichen DDR-Schwimm-Aushängeschild der damaligen Zeit. Als die Ehe vier Jahre später geschieden wurde, fiel Matthes bei der sportlichen und politischen Führung in Ungnade. Kurz nach dem Mauerfall ging der im thüringischen Pößneck geborene Sportler in den Westen. Der promovierte Orthopäde kam nach Tauberbischofsheim zur Fechttrainer-Legende Emil Beck und kümmerte sich dort um physiologische Trainingssteuerung. 2006 wurde er in die „Hall of Fame“ des deutschen Sports aufgenommen. dpa

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Erstellt:
23.12.2019, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 54sec
zuletzt aktualisiert: 23.12.2019, 06:00 Uhr

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