Soziales

Ermöglicher oder überflüssig?

Der Kreistag wird in der kommenden Sitzung entscheiden, ob der Landkreis einen Kreisjugendreferenten bekommt. Knappe Mehrheit im Jugendhilfeausschuss.

06.12.2018

Von mos

„Braucht der Landkreis einen Kreisjugendreferenten oder braucht er ihn nicht?“ an dieser Frage schieden sich in der Vergangenheit die Geister. Drei entsprechende Anträge in den Jahren 2010, 2013 und 2015 wurden jeweils mehrheitlich vom Kreistag abgelehnt. Das Thema war nun wieder auf der Tagesordnung gelandet, nachdem Dr. Ulrich Bürger einen Vortrag zum demografischen Wandel gehalten und dabei auch eine entsprechende Empfehlung abgegeben hatte.

Die Kreisverwaltung hatte daraufhin einen Arbeitskreis ins Leben gerufen, der den Bedarf ebenfalls bestätigte. Dass der Kreis bisher ohne Kreisjugendreferent auskam, lag wohl daran, dass Jugendamtsleiterin Charlotte Orzschig die Koordination der Jugendreferate und Schulsozialarbeit mit übernommen hatte. Dies könne sie jetzt aber aufgrund der zunehmenden Arbeitsbelastung in anderen Bereichen nicht mehr sicherstellen, sagte Orzschig.

Wegen Überschneidungen der Aufgabengebiete könne sie als Jugendamtsleiterin diesem Mehraufwand nur bedingt gerecht werden. Sie selbst habe schon immer die Meinung vertreten, dass eine solche Koordination auf Landkreisebene nötig ist. Den Kommunen fehle mitunter der Überblick über regionale Themen.

Aufgabe eines Kreisjugendreferenten sei unter anderem, die Fachberatung für die Jugendarbeit in den Kommunen durchzuführen, Fördermittel zu erschließen, die Vernetzung mit anderen Trägern oder auch der Jugendreferate untereinander voranzubringen sowie landkreisweite Projekte zu initiieren und durchzuführen. In diesem Zusammenhang müsse man sich auch die Frage stellen, ob die Jugendreferate vor Ort überhaupt noch das geeignete Mittel seien, Jugendliche zu erreichen. Sie forderten zunehmend unbetreute Orte wie Bauwagen, sagte Orzschig.

„Kennen sich eh alle“

Klaas Klaassen (Freie Wähler) und Erwin Zepf (CDU) hegten dennoch Bedenken gegen einen Kreisjugendreferenten. „Mir ist nicht klar, was der Mann eigentlich arbeiten soll“, sagte Zepf.
Die Vernetzung der Jugendreferenten brauche allein schon
deshalb nicht unterstützt werden, „weil die sich eh schon alle
kennen“. Bauwagen funktionierten ebenfalls sehr gut ohne die Einmischung eines Kreisjugendreferenten.

Elisabeth Wütz, selbst tätig in der katholischen Jugendarbeit, wollte das so nicht stehen lassen. Aus ihrer Erfahrung heraus sei die Beratung der Kommunen, aber auch der Jugendlichen wichtig. Es gehe auch darum, Ressourcen der Jugendlichen überhaupt erst einzubeziehen. Sie sehe zudem das Problem, dass kommunale Jugendreferenten ohne Vernetzung und Austausch einfach „vor sich hinwursteln“, anstatt sich gegenseitig aufzubauen und zu unterstützen. Zudem gebe es auf Landesebene immer wieder tolle Projekte, die auch sehr gut gefördert werden, um die man sich aber erst einmal kümmern müsse. „Hier zu sagen ‚uns reicht der unbeaufsichtigte Bauwagen‘, ist einfach nicht in Ordnung.“ Auch wenn ein solcher Bauwagen im Einzelfall seinen Zweck erfülle.

Dr. Ludwig Wäckers (Grüne) sagte, dass eine solche Stelle mit dazu beitragen könne, wieder mehr wichtige politische Themen in den Kreis zu holen. Umso mehr, als das politische Engagement der Jugendlichen heute doch eher „platt“ sei. „Da waren wir früher schon ganz anders drauf.“

Elisabeth Gebele hofft, dass ein Kreisjugendreferent ein „Kümmerer oder Ermöglicher“ im Hinblick auf die Jugend sei. Mit dem Ziel, die Jugendlichen für die Gesellschaft zu gewinnen, weil man sich Alternativen dazu gar nicht leisten könne. „Die brauchen uns vielleicht nicht, aber wir brauchen sie“, sagte Gebele.

Christoph Enderle ergänzte, dass es nicht nur um diejenigen gehe, die man sowieso nicht erreiche, sondern um diejenigen, die man bei der Stange halten wolle. Das Geld sei aus seiner Sicht gut angelegt. Edwin Benner betonte, dass es dabei auch um „kreisweite Standards“ gehe. Klaus Kübler vom Kreisjugendring berichtete, dass er immer wieder die Erfahrung gemacht habe, dass die kreisweite Koordination bei Veranstaltungen ohne Kreisjugendreferent einfach fehle.

Befristet oder 50 Prozent?

Bernhard Haas argumentierte gegen die Stelle. Er sei nicht überzeugt davon, dass all die jetzt im Gremium angesprochenen Themen tatsächlich von einem Kreisjugendreferenten geleistet werden. Ein Stück weit könne er das Thema aber mittragen, weil der Arbeitskreis zu einer entsprechenden Empfehlung gelangt sei.

Eberhard Haug regte an, die Stelle zunächst auf drei Jahre zu befristen und dann neu zu entscheiden, wie es weiter gehen soll. Vieles hänge auch an der Person, die die Stelle übernehme, sagte er.

Ulrich Krauth schlug vor, nur eine 50-Prozent-Stelle, aber dann unbefristet für den Kreisjugendreferenten einzurichten. Diese Vorgehensweise lehnte das Gremium ab, weil es befürchtete dann keine qualifizierten Bewerber zu bekommen.

Mit der knappen Mehrheit von acht Ja-Stimmen zu sieben Nein-Stimmen bei einer Enthaltung sprach sich das Gremium für eine unbefristete Stelle aus. Jetzt muss der Kreistag entscheiden.