Müll in Tübingen

Stadt Tübingen will Verpackungssteuer

Die Tübinger Stadtverwaltung will den To-go-Kaffeebechern und Nudelboxen mit einer Verpackungssteuer den Kampf ansagen. Viele Stadträte sind skeptisch.

19.12.2018

Von Gernot Stegert

Wetterbild: Reste der Essensvielfalt in Tübingens Altstadt-Mülleimern. Archivbild: Metz

Wetterbild: Reste der Essensvielfalt in Tübingens Altstadt-Mülleimern. Archivbild: Metz

Der Müll vor allem in den öffentlichen Abfalleimern muss deutlich weniger werden. Weg mit den Wegwerfverpackungen! In diesem Ziel waren sich alle Stadträte am Montagabend im Verwaltungsausschuss des Tübinger Gemeinderats einig. Doch was ist das beste Mittel dafür? Die Tübinger Verwaltung mit Oberbürgermeister Boris Palmer an der Spitze schlägt eine kommunale Verpackungssteuer vor. Sie wäre bundesweit, ja europaweit einzigartig, wie der Umweltbeauftragte Bernd Schott sagte. Viele Stadträte lobten den Antrag der Verwaltung, andere kritisierten ihn. Eine Abstimmung wurde auf SPD-Wunsch verschoben. Am Donnerstag, 20. Dezember, entscheidet nun der Gemeinderat.

Es geht zunächst nur um eine Grundsatzentscheidung, erklärte Palmer zu Beginn. „Wir wollen mit der Steuer steuern“, nicht abkassieren, so Schott. Eine Verpackungssteuer sei „Neuland“ und ein „großer Aufwand“. Vor allem sei es nicht einfach, die erfassten Verpackungen und Produkte voneinander abzugrenzen. Vor der Arbeit im Detail soll der Gemeinderat deshalb sagen, was er will.

Schott erläuterte das Problem am Wurstsalat. Werde er auf der Straße gegessen, sei davon auszugehen, dass das Plastikgefäß weggeschmissen wird – ein Fall für die Steuer. Werde er zuhause verspeist, werde der Becher wohl in den gelben Sack entsorgt. Erstmal würde der Wurstsalat auf der Liste der steuerpflichtigen Produkte stehen. Vielleicht könne er mit einer Ausnahmeregelung wieder rausgenommen werden, so Schott. Ein anderes Beispiel war der Karottensalat: Mit Dressing werde er eher im Freien konsumiert und die Schale lande im öffentlichen Abfalleimer. Ohne Dressing werde er vermutlich daheim verzehrt, so Palmer. Noch besser sei aber, Karotten auf dem Markt zu kaufen und in der Küche zu schneiden.

Für Palmer geht es gar nicht „um diesen Graubereich“. Mit der Erfassung der eindeutigen Einwegverpackungen wie Becher und Nudelboxen sei viel gewonnen. Das sei auch eine Frage der Gerechtigkeit: „Wir wollen das wirtschaftliche Ungleichgewicht korrigieren.“ Die Verursacher müssten für den Müll bezahlen. Bisher komme die Allgemeinheit für die Kosten der Müllbeseitigung auf.

Berndt-Rüdiger Paul (AL/Grüne) äußerte sich euphorisch: „Die Fraktion spricht sich ausdrücklich und mit Freude für die Vorlage aus. Sie hätte von uns sein können.“ Neben der Steuer sei aber auch eine Kampagne gegen Einwegverpackungen sinnvoll. Rudi Hurlebaus (CDU) sagte, „die drastische Zunahme des Mülls ist Wahnsinn“, und zeigte sich offen für die Steuer.

Die SPD-Fraktion war noch uneins. Dorothea Kliche-Behnke hatte Grundsatzbedenken, dass mit der Steuer Verhalten gesteuert werden soll. Verbote seien besser. Und sie hält eine Verpackungssteuer für unsozial, weil diese auf die Produktpreise aufgeschlagen werden würde. Dem schloss sich Gerlinde Strasdeit für die Linke an.

Ernst Gumrich (Tübinger Liste) bezweifelte die Umsetzbarkeit und Wirksamkeit einer Verpackungssteuer und stellte einen eigenen Antrag (siehe Infobox). Anne Kreim (FDP) würde lieber bei der Wurzel des Übels, bei den Verpackungskonzernen, wie sie sagte, ansetzen.

Markus Vogt (Die Partei) stellte den Antrag, die Verpackungssteuer um ein Konzept für Mehrwegverpackungen zu ergänzen. Palmer sicherte dies zu.

Ein Alternativantrag

Die Tübinger Liste beantragt eine Kampagne (mit Gastronomen und Händlern) gegen Verpackungsmüll, den Aufbau eines Pfand- und Mehrwegsystems, zusätzliche öffentliche Mülltonnen, auch zur Mülltrennung, und spürbare Strafen für das Wegwerfen von Zigarettenkippen und Müll.

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19.12.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 19.12.2018, 01:00 Uhr

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