Kommentar · EZB
Es wird langsam Zeit
Mit einem mutigen Schritt hat niemand gerechnet. Mario Draghi, Präsident der Europäischen Zentralbank, hat ihn auch nicht gemacht.
Der Leitzins bleibt noch bei null Prozent. Lediglich von einer weiteren Verlängerung der Geldflut, welche die langfristigen Zinsen niedrig halten soll, ist nicht mehr die Rede.
Es wird ja auch langsam Zeit, vom geldpolitischen Krisen-Modus auf Normalbetrieb zu schalten. Draghis Verdienste um die Rettung der Eurozone Ende 2012 sichern ihm einen Platz in der Geschichte. Seine achtjährige Amtszeit endet im Herbst 2019. Womöglich folgt ihm Bundesbank-Chef Jens Weidmann nach.
Es wäre nicht nur ein personeller, sondern auch ein programmatischer Wechsel. Der Deutsche steht für ein strengeres Regiment, zu der sich der Italiener nicht mehr entscheidend durchringen kann.
Die Grenzen von Draghis Philosophie werden in diesen Tagen deutlich. Die Politik des billigen Geldes ist ein zentrales Steuerungsinstrument, um verschuldete Staaten vor dem Kollaps und die Finanzmärkte vor Erschütterungen zu bewahren. Noch fruchtbarer aber sind politische Reformen (wie zum Beispiel in Frankreich oder Spanien). Noch bedrohlicher können Ergebnisse von Wahlen sein (wie in Italien). Noch fataler sind wirtschaftspolitische Fehler – wie es die Handelspolitik der USA ist.