Ausstellung

Fatschenkinder im Diözesanmuseum und Krippen in der Zehntscheuer

Zwei Rottenburger Ausstellungen zu weihnachtlichen Themen öffneten am Samstag zum ersten Mal ihre Türen.

06.12.2016

Von Dunja Bernhard

Fatschenkinder waren bis ins 20. Jahrhundert ein populärer Bestandteil des Weihnachtsfests. Hier ein Jesususkind aus der Fatschen-Ausstellung des Diözesanmuseums aus dem 19 Jahrhundert. Bild: Faden

Fatschenkinder waren bis ins 20. Jahrhundert ein populärer Bestandteil des Weihnachtsfests. Hier ein Jesususkind aus der Fatschen-Ausstellung des Diözesanmuseums aus dem 19 Jahrhundert. Bild: Faden

Das Diözesanmuseum zeigt in einer Nische „Schwäbische Christkindfiguren aus fünf Jahrhunderten“. Im 16. Jahrhundert tauchten in Tücher gewickelte „Himmels- oder Christkinder“ in Krippen in den Kirchen auf. Sie waren aus Holz, Wachs, Ton oder Stroh hergestellt und in aufwendig bestickte Stoffe gehüllt. Während des Gottesdienstes wurde „das Jesulein von Arm zu Arm durch die Gemeinde gereicht“. Novizinnen bekamen bei der Aufnahme ins Kloster ein puppenartiges Fatschenkind geschenkt.

Leitet sich von „fascia“ ab

Der Begriff Fatschenkind leitet sich von dem lateinischen Wort „fascia“ für Tuch ab. Bis ins 20. Jahrhundert waren Christkindfiguren in Süddeutschland, Österreich und Italien ein äußert populärer Bestandteil des Weihnachtsfests. Es gab sie nicht nur als liegende, gewickelte Figuren, sondern auch in kostbaren Gewändern und mit allerlei Symbolen versehen.

So weist in der Ausstellung das gestickte Siegel „Iesus Hominum Salvatore“ auf einem Fatschenkind aus dem 18. Jahrhundert auf Jesus als Erlöser der Menschheit hin. Ein Fatschenkind aus dem 19. Jahrhundert liegt in einem Schaukasten in einem grottenartigen Raum, der auf Grabeshöhle und österliche Auferstehung hinweist.

Auch der Paradiesgarten war ein beliebter Rahmen, um das Jesuskind zu präsentieren. Zarte Blüten und Blattwerk, die das häufig schlafende Kind umgeben, versinnbildlichen himmlische Geborgenheit und Schutz. Ein besonders anmutiges Beispiel ist das „Jesuskind als Himmlischer Bräutigam“ aus dem 19.Jahrhundert. Die Puppe im Kleid liegt auf weißen Blüten, die die Unschuld symbolisieren. Ihr Kopf ist von einem Strahlenkranz als göttliches Zeichen umgeben.

„Fatschenkinder wollen das Geschehen der Menschwerdung Gottes vor allem für die Herzen fühlbar machen“, steht im Flyer zur Ausstellung. In der Ausstellung sind auch drei stehende Jesuskind-Figuren zu sehen. Ein Hölzernes mit goldenem Adamsapfel aus der Renaissance ist nackt. Eine Figur aus Glas, Wachs, Stoff, Metall und Haar aus dem 18. Jahrhundert ist dem weltberühmten „Prager Jesulein“ von 1520 nachempfunden. Doch was wäre das Jesuskind ohne Krippe.

Raritäten aus Privatbesitz

Ebenfalls am Samstag eröffnete die traditionelle Rottenburger Krippenausstellung des Sülchgauer Altertumsvereins in der Zehntscheuer. Neben den bekannten historischen Krippen aus Rottenburger Kapellen wie der Kalkweiler Krippe mit rund 200 prächtig gekleideten Figuren und der Dodereskripple im spätbiedermeierlichen Stil sind dort Raritäten aus Privatbesitz zu sehen.

Die Ausstellung lebe von Grundstock und Veränderung, sagte Werner Wiedmaier bei der offiziellen Eröffnung im Anton-Hoffmeister-Saal der Zehntscheuer. So sind dieses Jahr zum ersten Mal barocke Krippenfiguren auf einem schwäbischem Krippenberg, der der Kalkweiler Krippe nachempfunden wurde, zu sehen (rechtes Bild). Die hölzernen Figuren stammen aus dem frühen 19. Jahrhundert. Die Schafe sind aus Ton. Über der biblischen Szene thront eine bunte orientalische Stadt mit Türmen und Kuppeln.

Aus Horb von Elisabeth Dettling kommt ein barockes Glaskästchen mit festlich gekleideten Wachsfiguren. Auf zwei Etagen sind die Geburt von Maria und ihr Tempelgang an der Hand der Eltern dargestellt. Ebenfalls zum ersten Mal in der Zehntscheuer zu sehen, ist eine orientalische Krippenlandschaft mit naturbelassenen Holzfiguren aus Südtirol. Der frühere Besitzer war Mitglied der Urbanbruderschaft. Er baute in die Krippenlandschaft einen Weinberg mit einem Bildstock des Heiligen Urban. In der Szenerie lassen sich zahlreiche Tiere finden: Neben den üblichen Schafen sind dort Ziegen, Hühner, Taube, Katze, Eule und ein Fuchs mit einer Gans im Maul. Eine Krippe aus Pappmasché-Figuren von 1950 hat eine Kulisse mit der Rottenburger Stadtsilhouette. Weggental und Wurmlinger Kapelle fehlen nicht.

Krippen aufstellen verboten

In früheren Jahrhunderten seien Menschen zum Krippenschauen in die Kirchen gegangen, sagte Wiedmaier. Als das Aufstellen von Krippen vorübergehend verboten wurde, hielten die biblischen Figuren Einzug in die Wohnstuben. Je nach den finanziellen Möglichkeiten der Familien waren die häuslichen Krippen aus Holz, Wachs, Papier oder Pappmasché (Marolinfiguren). Aus den Kirchen verschwanden die Krippen erneut, als der Respekt vor ihnen schwand und Figuren gestohlen wurden, sagte Wiedmaier.

Vor 32 Jahren begann die Tradition der Rottenburger Krippenausstellung. Damals machte Prof. Hartmann Reim die Figuren der Kalkweiler Krippe der Öffentlichkeit wieder zugänglich. Seitdem habe der Sülchgauer Altertumsverein weitere Spenden historischer Krippen erhalten, sagte Wiedmaier. Ein ehrenamtliches Team baut jedes Jahr die Krippen im Ausstellungsraum auf.

Die Eröffnung der Ausstellung umrahmten die Flötistin Hannah Steiff und Helmut Eißeler am Klavier musikalisch mit Stücken von Jaen Baptist Loeillet, Carl Stamitz und Francesco Mancini.

„Schwäbischer Krippenberg mit barocken Krippenfiguren“, eine der in der Rottenburger Zehntscheuer ausgestellten Krippen aus Bad Buchau vom Anfang des 19. Jahrhunderts, die der Kalkweiler Krippe nachempfunden wurde. Bild: Rippmann

„Schwäbischer Krippenberg mit barocken Krippenfiguren“, eine der in der Rottenburger Zehntscheuer ausgestellten Krippen aus Bad Buchau vom Anfang des 19. Jahrhunderts, die der Kalkweiler Krippe nachempfunden wurde. Bild: Rippmann

Öffnungszeiten

Die Fatschenkinder im Diözesanmuseum sind dienstags bis samstags von 14 bis 17 Uhr, samstags zusätzlich von 10 bis 13 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen.

Die Krippenausstellung im Obergeschoss der Zehntscheuer ist von Dienstag bis Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Beide Ausstellungen enden am 22. Januar 2017.

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Erstellt:
06.12.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 06.12.2016, 01:00 Uhr

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